Erwerbsminderung: Keine EM-Rente trotz Pflegegrad und Grad der Behinderung

Lesedauer 2 Minuten

Hirnorganische Veränderungen, ein Grad der Behinderung von 30 und ein Pflegegrad rechtfertigen keine Erwerbsminderungsrente. Das gilt zumindest dann, wenn sie sich nicht auf der zeitliche Leistungsvermögen für leichte Tätigkeiten auswirken.

So entschied das Landessozialgericht Baden-Württemberg und hob damit ein vorhergehendes Urteil auf, das einem Betroffenen eine volle Erwerbsminderung anerkannt hatte. (L 10 R 1319/23)

Der Betroffene hatte eine Ausbildung zum Schreiner abgeschlossen und hatte später als Landwirtschaftshelfer, Fensterbauer und zuletzt als Hausmeister gearbeitet.

Dann bezog er Krankengeld und danach Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II (heute Bürgergeld). Er hat einen anerkannten Grad der Behinderung von 30 und einen Pflegegrad von II.

Hirnorganische Störungen, psychische und körperliche Leiden

Grund dafür sind hirnorganische Störungen, Depressionen, orthopädische Leiden sowie eine ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung. Er beantragte bei der Deutschen Rentenversicherung eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Die Rentenkasse lehnte den Antrag ab und erkannte weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung. Sein Widerspruch blieb erfolglos, und deshalb klagte er vor dem Sozialgericht Ulm.

Sozialgericht erkennt Erwerbsminderung an

Die Klage war erfolgreich. Die Richter hielten ein Gutachten für überzeugend. Dieses erwähnte die Folgen der hirnorganischen Veränderungen, chronische Schmerzen sowie orthopädisch bedingte Einschränkungen, Ängste und Depressionen.

Die Richter verpflichteten die Rentenversicherung, eine befristete volle Erwerbsminderungsrente auszuzahlen. Sie begründeten dies auch damit, dass der Täter einen ängstlich-vermeidenden und depressiven Eindruck mache.

Die Rentenkasse akzeptierte das Urteil nicht und legte Berufung vor dem Landessozialgericht Baden Württemberg ein. Diese war erfolgreich, denn die dortigen Richter sahen keine Voraussetzungen für den Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente.

Störungen haben keine Auswirkung auf die tägliche Arbeitszeit

Die Richter beim Landessozialgericht bezogen sich auf vorliegende Befunde einer Reha-Klinik, die der Betroffene während seiner Krankschreibung aufgesucht hatte. Diese zeigten zwar tatsächlich Gesundheitsstörungen, erklärten die Richter.

Diese Störungen schränkten zwar die Form der Arbeiten ein, die der Betroffene ausüben könnte. Sie ähtten jedoch keine Auswirkungen auf die grundsätzliche Arbeitszeit. So könne er zwar keine schweren Lasten heben und keine häufigen Zwangshaltungen einnehmen. Er könne sich nicht häufig bücken, nicht auf Gerüsten arbeiten und klettern und keine Vibrationen bei der Arbeit vertragen.

Leichte Arbeit ist möglich

Das alles seien aber qualitative Einschränkungen, und leichte Arbeiten seien für ihn auch länger als sechs Stunden pro Tag möglich, und damit fehle die Voraussetzung für eine Erwerbsminderung. Auch seine hirnorganischen Veränderungen würden keine darüber hinaus gehenden Einschränkungen verursachen.

Depressionen sind leichtgradig

Die depressive Störung sei den ärztlichen befunden zufolge leichtgradig, und die behaupteten Schmerzzustände ließen sich nicht medizinisch objektivieren. Eine nur leichtgradige Erkrankung würde keine Erwerbsminderung bedeuten.

Bei den Schmerzen hätte der Betoffene selbst seine Glaubwürdigkeit in Frage gestellt, da er verschriebene Schmerzmittel nur unregelmäßig und unterdosiert eingenommen ähtte.

Behinderung und Behandlung spielen keine Rolle

Dies sei unabhängig davon, ob wegen Krankheit oder Behinderung weiter Bedarf für medizinische Behandlungen bestehe. Auch ein Grad der Behinderung sowie ein anerkannter Pflegegrad rechtfertigten keine Erwerbsminderung.

Eindruck der Richter spielt keine Rolle

Auch der „Eindruck“, den der Betroffene auf die Richter beim Sozialgericht gemacht hätte, sei unerheblich. Über eine Erwerbsminderung würden objektiv-klinische ärztliche Befunde entscheiden.

Keine objektiven Befunde für eine Erwerbsminderung

Die Richter urteilten, dass die objektiven medizinischen Befunde klar zeigten, dass der Betroffene leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in Vollzeit ausüben könnte. Deshalb sei eine Erwerbsminderung nicht gegeben.