Rente kann bei Schulden direkt bei der Rentenversicherung gepfändet werden

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Ab dem 1. Juli 2025 gelten neue Pfändungsfreigrenzen. Für viele Seniorinnen und Senioren mit Schulden stellt sich damit die zugespitzte Frage: Wird meine Rente wie Arbeitseinkommen behandelt – und was bleibt mir zum Leben?

Die kurze Antwort lautet: Ja, die gesetzliche Altersrente wird rechtlich wie Arbeitseinkommen behandelt und ist grundsätzlich pfändbar, sobald sie den unpfändbaren Grundbetrag übersteigt.

Die lange Antwort ist etwas differenzierter, denn die Freigrenzen sichern ein Existenzminimum und eröffnen zugleich – je nach Höhe der Rente und persönlichen Umständen – Raum für Pfändungen.

Die Rente kann entweder auf dem Konto bei Schulden gepfändet werden oder sogar direkt bei der Rentenversicherung.

Warum die Rente pfändbar ist

Die Pfändbarkeit der Rente ergibt sich aus der Zivilprozessordnung. Rentenleistungen zählen zum laufenden Arbeitseinkommen im Sinne des § 850c ZPO. Diese Vorschrift bestimmt, welcher Teil des Einkommens unpfändbar bleibt, damit Schuldnerinnen und Schuldner ihren notwendigen Lebensunterhalt bestreiten können.

Überschreitet die Rente den maßgeblichen Freibetrag, darf der darüberliegende Anteil im Rahmen der gesetzlich vorgegebenen Staffelung abgeschöpft werden.

Das gilt nicht nur für die Regelaltersrente, sondern auch für andere laufende Rentenleistungen, etwa Erwerbsminderungs- oder Hinterbliebenenrenten; stets kommt es auf die Einkommensart und -höhe sowie die persönlichen Verhältnisse an.

Der neue Grundfreibetrag: Was ab Juli 2025 geschützt ist

Zum 1. Juli 2025 steigt der unpfändbare Grundbetrag. Pro Monat bleiben 1.559,99 Euro unangetastet. Dieser Betrag bildet das gesetzliche Minimum, das jedem Schuldner zusteht.

Anspruch auf höhere Schutzbeträge besteht, wenn Unterhaltspflichten gegenüber Kindern oder Partnern bestehen oder wenn besondere Härten glaubhaft gemacht werden können.

Die gesetzliche Logik ist klar: Erst wird das Existenzminimum geschützt, dann wird – gestaffelt – pfändbar, was darüber hinausgeht.

Praxiswirkung: Was tatsächlich beim Rentenkonto ankommt

In der Praxis wirkt die Freigrenze wie ein Filter. Zunächst werden von der Bruttorente die gesetzlichen Abzüge abgezogen, also insbesondere Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie etwaige Steuern. Auf dieser Nettobasis wird die Pfändbarkeit geprüft.

Liegt die Nettorente beispielsweise bei 1.500 Euro, bleibt sie vollständig geschützt; liegt sie bei 1.800 Euro, ist der Mehrbetrag oberhalb von 1.559,99 Euro grundsätzlich pfändbar, allerdings nicht automatisch in voller Höhe.

Die ZPO verweist auf eine gestufte Pfändungstabelle, die den Zugriff abschnittsweise begrenzt. Das Ergebnis ist häufig niedriger, als eine einfache Differenzrechnung vermuten lässt.

Wer Unterhalt leistet, verschiebt die Grenze zusätzlich nach oben; auch dadurch schrumpft der pfändbare Anteil oder entfällt ganz.

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Pfändung: Direkt bei der Rentenversicherung oder über das Konto

Gläubiger können zwei Wege gehen. Entweder sie pfänden direkt bei der Deutschen Rentenversicherung beziehungsweise beim jeweiligen Versorgungsträger; dann wird die pfändbare Teilrente bereits vor der Auszahlung einbehalten und nur der geschützte Rest überwiesen.

Oder sie pfänden das Bankkonto; dann greift der Schutz des sogenannten Pfändungsschutzkontos. Beide Wege sind rechtlich anerkannt, führen aber zu unterschiedlichen Schutzmechanismen.

Wer eine Kontopfändung befürchten muss, sollte den Kontoschutz aktiv organisieren; wer eine Direktpfändung beim Rententräger erwartet, muss vor allem die individuellen Freibeträge und Besonderheiten – etwa Unterhaltspflichten – gegenüber dem Vollstreckungsgericht geltend machen.

Das Pfändungsschutzkonto: Automatischer Basisschutz auf dem Girokonto

Ein Pfändungsschutzkonto, kurz P-Konto, ist ein gewöhnliches Girokonto mit gesetzlich verankertem Pfändungsschutz nach § 850k ZPO.

Es sichert den monatlichen Grundfreibetrag automatisch, auch wenn eine Kontopfändung vorliegt.

Die Umstellung eines bestehenden Kontos ist möglich und sollte frühzeitig veranlasst werden, denn der Schutz gilt grundsätzlich erst ab Umstellung. Erhöhungen über den Basisschutz hinaus sind realisierbar, etwa bei Unterhaltspflichten, gesetzlichen Mehrbedarfen oder bestimmten Sozialleistungen; hierfür ist eine entsprechende Bescheinigung einer anerkannten Stelle vorzulegen.

Wichtig ist, dass jede Person nur ein einziges P-Konto führen darf. Wer mehrere Konten nutzt, sollte klären, auf welches Konto die Rente fließt und wo der Schutz am dringendsten benötigt wird.

Erhöhungen des pfändungsfreien Einkommens: Unterhalt, Krankheit, besondere Belastungen

Die Freigrenzen sind kein starres Korsett. Unterhaltspflichten gegenüber Kindern, Partnern oder Ex-Partnern führen zu Zuschlägen und erhöhen den unpfändbaren Betrag.

Hinzu kommen Härtefallregelungen: Wer außergewöhnlich hohe Aufwendungen hat – etwa krankheitsbedingte Kosten, die nicht von der Krankenkasse übernommen werden – kann beim Vollstreckungsgericht eine Anhebung des Schutzbetrags beantragen.

Rechtsgrundlage ist § 850f ZPO, der es erlaubt, das Existenzminimum in atypischen Fällen besser abzusichern. Wichtig sind belastbare Nachweise und eine schlüssige Begründung, warum der gesetzliche Standardfreibetrag nicht reicht.

Besonderheiten bei verschiedenen Rentenarten und Vorsorgeformen

Nicht alle Alterseinkünfte sind gleich. Gesetzliche Alters- oder Erwerbsminderungsrenten gelten als laufendes Einkommen und fallen in die Systematik der Pfändungstabellen. Betriebliche Renten und private Leibrenten werden grundsätzlich ebenso behandelt, sofern sie laufend gezahlt werden.

Einmalige Kapitalauszahlungen können dagegen – je nach Gestaltung und Zeitpunkt – als Vermögensbestandteil betrachtet werden und sind dann regelmäßig leichter zugreifbar.

Geförderte Produkte wie Riester- oder Basisrenten genießen in der Ansparphase einen erweiterten Schutz, im Auszahlungsstadium gelten die allgemeinen Regeln für laufendes Einkommen.

Witwen- und Waisenrenten sind Einkommen der jeweiligen Empfängerin oder des Empfängers; auch hier entscheidet die Höhe unter Berücksichtigung der individuellen Freibeträge.

Nachzahlungen, Sonderzahlungen und atypische Geldeingänge

Gerade bei Renten kommt es immer wieder zu Nachzahlungen, etwa nach einer späten Bewilligung oder einer Korrektur. Solche Einmalbeträge können auf dem Konto zu Problemen führen, wenn sie den Monatsfreibetrag überschreiten.

In diesen Fällen ist schnelles Handeln gefragt: Das Vollstreckungsgericht kann auf Antrag Gelder freigeben, wenn es sich um zweckbestimmte oder für den Lebensunterhalt benötigte Mittel handelt.

Auch die Bank kann bei typisierten Leistungen – zum Beispiel Kindergeld – auf Grundlage einer Bescheinigung höhere Freigaben automatisiert berücksichtigen.

Wer weiß, dass eine größere Zahlung ansteht, sollte den Antrag auf Erhöhung des Kontoschutzes nicht erst nach Eingang stellen.

So gehen betroffene Rentner jetzt vor: Von der Bestandsaufnahme bis zum Antrag

Am Anfang steht die Bestandsaufnahme. Rentenbescheid und aktuelle Kontoauszüge zeigen, welche Nettozahlungen tatsächlich eingehen. Auf dieser Basis lässt sich prüfen, ob die Nettorente den Grundfreibetrag übersteigt und ob Unterhaltspflichten oder besondere Belastungen vorliegen, die den Schutz erhöhen.

Im nächsten Schritt sollte – falls noch nicht geschehen – das Girokonto in ein P-Konto umgewandelt werden, damit der Basisschutz unabhängig vom Gläubigerzugriff greift.

Parallel empfiehlt es sich, Bescheinigungen für erhöhte Freibeträge zu beschaffen, etwa bei einer anerkannten Schuldnerberatung, einem Wohlfahrtsverband oder dem Arbeitgeber beziehungsweise Rententräger, wenn Unterhaltsleistungen unmittelbar abgeführt werden.

Liegt bereits eine Pfändung vor, lohnt ein Blick in die Rechtsbehelfe: Fehler bei der Berechnung können mit den vorgesehenen Erinnerungen und Anträgen korrigiert werden; außergewöhnliche Härten lassen sich mit § 850f ZPO adressieren.

Wer unsicher ist, sollte qualifizierte Beratung in Anspruch nehmen, denn kleine formale Versäumnisse können schnell zu vermeidbaren Sperren oder Engpässen führen.

Fazit: Schock mit System – und mit Schutz

Die Botschaft „Rente ist pfändbar“ klingt bedrohlich, ist rechtlich aber kein Novum, sondern Ausdruck der Gleichbehandlung von Erwerbs- und Alterseinkommen.

Neu sind die konkreten Eckwerte ab Juli 2025, die das notwendige Minimum auf 1.559,99 Euro anheben.

Wer Schulden hat, kann seine finanzielle Basis im Alter sichern, wenn er die gesetzliche Logik beherzigt: Nettozahlungen prüfen, P-Konto einrichten, höhere Freibeträge geltend machen und bei besonderen Belastungen gerichtlichen Schutz beantragen.

Zwischen sozialem Sicherungsversprechen und Gläubigerinteressen bleibt dann ein verlässlicher Korridor – mit ausreichend Luft zum Atmen, aber ohne Freibrief, sich berechtigten Forderungen dauerhaft zu entziehen.

Hinweis: Dieser Beitrag bietet eine allgemeine Orientierung und ersetzt keine individuelle Rechtsberatung. In konkreten Fällen helfen Schuldnerberatungen, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte sowie die Auskunftsstellen der Rentenversicherung weiter.