Ein chronisches Schmerzsyndrom rechtfertigt keine Rente wegen Erwerbsminderung, wenn der Betroffene noch sechs Stunden pro Tag arbeiten kann. Das Risiko, einen Arbeitsplatz zu finden, ist zudem kein Kriterium, ob eine Erwerbsminderung vorliegt, sondern eines der Arbeitsverwaltung. Mit dieser Begründung wies das Sozialgericht Würzburg die Klage eines Arbeitnehmers ab, der eine Erwerbsminderungsrente forderte. (S 1 R 291/19)
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Zimmerer, Sachbearbeiter, dann Haft
Der Mann hatte ursprünglich Zimmerer gelernt, dann einen Verkehrsfachwirt abgeschlossen und sozialversicherungspflichtig als Sachbearbeiter gearbeitet. Zur Zeit der Klage war er in einer Justizvollzugsansalt inhaftiert.
Gutachten erkennt keine Erwerbsminderung
Er beantragte eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bei der Deutschen Rentenversicherung. Die Untersuchung durch einen Internisten ergab allerdings, dass er sechs Stunden am Tag arbeiten könnte und somit nicht erwerbsgemindert sei. Dementsprechend schickte die Rentenversicherung einen Bescheid, dass kein Anspruch auf eine Erwerbsminderungsrente bestehe. Der Mann legte Widerspruch ein, und die Rentenversicherung wies diesen als unbegründet zurück.
Klage vor dem Sozialgericht
Der Betroffene klagte vor dem Sozialgericht Würzburg, um seinen Anspruch durchzusetzen. Er behauptete, er könne unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr mindestens drei Stunden einer Erwerbsbeschäftigung nachgehen. Wenn das der Fall gewesen wäre, dann hätte er einen Anspruch auf eine volle Erwerbsminderungsrente gehabt.
Chronisches Schmerzsyndrom nicht erfasst?
Ihm zufolge seien nicht alle Befunde und Krankheitsbilder bei der Beurteilung erfasst worden. Vor allem leide er an einem chronischen Schmerzsyndrom. Diese Klage führte zu einem neuen Gutachten, und das Gericht forderte außerdem einen Befundbericht des behandelnden Arztes an.
Neues Gutachten stellt keine Erwerbsminderung fest
Ein Facharzt für Innere Medizin und Sozialmedizin erstellte ein weiteres Gutachten. Dahin kam er zu dem Ergebnis, dass keine quantitative Leistungsminderung vorliege. Der Betroffene könne zu den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden täglich erwerbstätig sein.
Die Klage scheitert
Die Richter schlossen sich der Einschätzung der Gutachter an und erklärten in ihrer Urteilsbegründung, warum in diesem Fall keine Erwerbsminderung vorliege. Erst einmal verwiesen sie darauf, dass der Betroffene tatsächlich qualitative Einschränkungen bei der Wahl seines Arbeitsplatzes hätte.
Viele Arbeiten kommen nicht in Frage
So seien für ihn nur körperlich leichte Tätigkeiten geeignet. Übermäßige nervliche Belastung müsse ebenso vermieden werden wie Beschäftigung mit Unfallgefahr sowie der Umgang mit bestimmten Reizstoffen. Er dürfe nicht schwer heben und tragen, auch ständiges Bücken und Knien müssten ausgeschlossen werden. Besondere Anforderungen an das Hörvermögen dürfe die Tätigkeit nicht haben.
Arbeitszeit ist für sechs Stunden und mehr möglich
Dabei stellten die Richter jedoch klar, dass diese qualitativen Einschränkungen keine Erwerbsminderungsrente begründeten. Denn für diese sei entscheidend, weniger als sechs Stunden pro Tag arbeiten zu können (teilweise Erwerbsminderung). Der Kläger könne aber allen Gutachten zufolge, mindestens sechs Stunden pro Tag arbeiten. Damit sei er nicht erwerbsgemindert.
Probleme, die er wegen seiner qualitativen Einschränkungen hatte, einen entsprechenden Arbeitsplatz zu finden, änderten nichts mit der medizinischen Einschätzung einer Erwerbsminderung.
Schmerzen verringern nicht die generell mögliche Arbeitszeit
Auch die von ihm eingebrachte chronische Schmerzstörung beeinflusste zwar, dass er bestimmte Tätigkeiten nicht oder nur bedingt ausführen konnte. Dies hatte aber keinen Einfluss auf seine generelle Arbeitszeit pro Tag.