Bürgergeld: 1 053 Euro im Monat für Single-Haushalte

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Die durchschnittliche Höhe des Bürgergelds für alleinstehende Leistungsberechtigte liegt nach der jüngsten Jobcenter-Statistik bei 1 053 Euro im Monat. Doch dieser Mittelwert kaschiert erhebliche regionale Unterschiede: In Köln fließen im Schnitt 1 136 Euro, in Magdeburg lediglich 1 020 Euro – eine Spanne von mehr als 100 Euro.

Verantwortlich dafür ist, dass nur der Regelsatz überall identisch ist; alle übrigen Komponenten werden vor Ort festgelegt und orientieren sich an den tatsächlichen Lebenshaltungskosten.

Wer vom Bürgergeld lebt

Von den knapp 2,91 Millionen Bedarfsgemeinschaften, die Ende April 2025 Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II bezogen, waren fast 1,66 Millionen Single-Haushalte. Damit bestreiten gut 57 Prozent aller Empfängerinnen und Empfänger ihren Alltag allein. Die zweitgrößte Gruppe bilden Alleinerziehende mit gut einer halben Million Fällen.

Diese Struktur ist für die Jobcenter von praktischer Bedeutung, weil die Bedarfsberechnung für Singles besonders klar geregelt ist und sich unterschiedliche Stadt- und Mietniveaus so transparent abbilden lassen.

Unter der Armutsgefährdungsschwelle

Gemessen an der europaweit üblichen Armutsgefährdungsschwelle – sie liegt bei 60 Prozent des mittleren verfügbaren Haushaltseinkommens – verfehlt das Bürgergeld für Singles den Wert deutlich. Laut Destatis mussten alleinlebende Personen 2024 monatlich 1 381 Euro netto zur Verfügung haben, um nicht als armutsgefährdet zu gelten.

Der durchschnittliche Bürgergeldbezug von 1 053 Euro unterschreitet diese Marke um mehr als 300 Euro und verdeutlicht, dass die Sozialleistung zwar das Existenzminimum sichern soll, aber keine echte Teilhabe garantiert.

Die starre Größe im System: der Regelsatz

Knapp die Hälfte des durchschnittlichen Leistungsvolumens entfällt auf den bundeseinheitlichen Regelsatz von derzeit 563 Euro für Alleinstehende. Schon vor dem Start des Bürgergelds am 1. Januar 2023 wurde dessen Höhe intensiv diskutiert.

Der Paritätische Gesamtverband bezifferte in mehreren Expertisen den notwendigen Bedarf auf mindestens 813 Euro und begründete den Aufschlag unter anderem mit gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreisen. Die Bundesregierung blieb jedoch bei der konservativen Fortschreibung und ließ den Regelsatz 2025 – trotz hoher Inflation in den Vorjahren – unverändert.

Wer arbeitet und Einkommen erzielt, profitiert nur bedingt: Vom Verdienst bleiben pauschal 100 Euro anrechnungsfrei, alles darüber reduziert das Bürgergeld anteilig. Damit will der Gesetzgeber sicherstellen, dass sich Arbeit immer lohnt, gleichzeitig aber die Grundsicherung nur den tatsächlichen Bedarf deckt.

Wohnkosten als Unsicherheitsfaktor

Der mit Abstand größte Variationsfaktor sind die „Kosten der Unterkunft und Heizung“ (KdU). In München erkennen die Behörden für eine 50-Quadratmeter-Wohnung Bruttokaltmieten bis 890 Euro als angemessen an, während Leipzig für 45 Quadratmeter lediglich 346 Euro zugrunde legt.

Allerdings entspricht die Obergrenze nicht automatisch dem ausgezahlten Betrag: In der bayerischen Landeshauptstadt erhielt ein Single im Schnitt 545 Euro KdU – rund 40 Prozent weniger als die zulässige Höchstmiete. Hier zeigt sich, dass viele Leistungsbeziehende in teils kleineren, aber vor allem günstigeren Wohnungen leben müssen.

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Weil die Mietobergrenzen an den lokalen Wohnungsmarkt geknüpft sind, erklärt sich auch das Stadt-Ranking der Jobcenter-Zahlungen. Metropolen wie Hamburg (1 163 Euro), Frankfurt am Main (1 141 Euro) oder Stuttgart (1 149 Euro) liegen an der Spitze, ländlich geprägte Regionen und ostdeutsche Städte wie Görlitz (968 Euro) oder Leipzig (984 Euro) am unteren Ende.

Stadt Mietobergrenze* für einen 1-Person-Haushalt (Bruttokaltmiete/Monat)
Berlin 449 €
Hamburg 573 €
München 890 €
Köln 677 €
Frankfurt a. M. 786 €
Düsseldorf 546 €
Stuttgart 556 €
Leipzig 346 €
Dortmund 570 €
Essen 472 €
Bremen 539 €
Hannover 470 €

*Die Werte gelten für Wohnungen bis 50 m² (in Leipzig bis 45 m²) und beziehen sich auf die vom jeweiligen Jobcenter als „angemessen“ anerkannte Bruttokaltmiete; Heiz- und Warmwasserkosten kommen ggf. noch hinzu. Regionale Anpassungen und künftige Fortschreibungen sind möglich.

Die Tabelle zeigt, wie stark die zulässigen Mieten zwischen den Kommunen variieren – von nur 346 Euro in Leipzig bis hin zu fast 900 Euro in München. Grund dafür sind die sehr unterschiedlichen Wohnungsmärkte und die daraus abgeleiteten Richtwerte, die jedes Jobcenter eigenständig festlegt.

Energie und Mehrbedarfe

Zusätzlich zu Miete und Nebenkosten übernimmt das Jobcenter die Heizkosten in tatsächlicher, soweit angemessener Höhe. Die Angemessenheit definieren Kommunen in eigenen Richtlinien: München sieht bei Fernwärme 3,28 Euro pro Quadratmeter als Richtwert, womit für eine 50-Quadratmeter-Wohnung bis zu 164 Euro möglich wären. Weil Verbrauchs- und Versorgungsstruktur stark variieren, schwanken auch diese Beträge erheblich.

Darüber hinaus können Mehrbedarfe geltend gemacht werden – etwa für eine kostenaufwändige Ernährung, für Schwangerschaft oder für den Betrieb eines stromfressenden Durchlauferhitzers. Diese Zuschläge betragen zwischen ein und höchstens 60 Prozent des Regelsatzes und werden individuell geprüft.

Vom Hartz-IV-Erbe zur Bürgergeld-Reform

Mit dem Bürgergeld endete zum Jahreswechsel 2022/23 das Hartz-IV-System. Die Reform versprach höhere Freibeträge, eine halbjährige Karenzzeit für Wohn- und Vermögensprüfung sowie einen stärkeren Fokus auf Qualifizierung statt Sanktionen. Diese Neuregelungen sollen aber nunmehr aufgeweicht oder gar abgeschafft werden.

Gleichzeitig halten Sozialverbände die Leistung nach wie vor für zu niedrig. Die Debatte bewegt sich damit zwischen zwei Polen: Auf der einen Seite steht die Sorge vor fehlenden Arbeitsanreizen, auf der anderen die Forderung nach einem existenz- und teilhabesichernden Regelsatz.

Aussichten

Für den Herbst 2025 hat das Bundesarbeitsministerium eine erneute Evaluation angekündigt. Dabei sollen insbesondere die Wirkung der Karenzzeit, die Effekte der höheren Freibeträge und die Dynamisierung des Regelsatzes überprüft werden.

Während die Regierungsparteien auf einen robusten Arbeitsmarkt verweisen, mahnen Verbände wie der Paritätische spätestens zur nächsten Fortschreibung Anfang 2026 eine substanzielle Erhöhung an.

Ob und in welchem Umfang die Leistungssätze steigen, wird nicht zuletzt von der Inflationsentwicklung abhängen – und davon, ob es der Politik gelingt, bezahlbaren Wohnraum gerade in den Ballungszentren zu schaffen.

Bis dahin bleibt das Bürgergeld für alleinstehende Hilfebedürftige eine Unterstützung, die unter der offiziellen Armutsgrenze liegt und stark davon abhängt, in welcher Stadt man wohnt.