Grundsätzlich können Bürgergeld – Leistungsberechtigte keinen Anspruch gegen das Jobcenter auf die Übernahme der Installationskosten für eine separate Messeinrichtung zum Nachweis höherer Kosten der dezentralen Warmwasserzubereitung geltend machen.
Das gibt das Sozialgericht Dessau – Rosslau, Urteil vom 14.03.2025 – S 4 AS 65/22 – bekannt.
Ein Anspruch auf Übernahme der Kosten für die Installation einer separaten Messeinrichtung (hier: Stromzwischenzähler) aus § 22 Abs. 1 SGB II besteht nicht
Denn Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Ziel der Vorschrift ist es, als Geldleistung (Teil des Bürgergelds) die existentiell notwendigen Bedarfe der Unterkunft und Heizung sicherzustellen.
Die Anerkennung von Aufwendungen für die Unterkunft dem Grunde nach, mithin deren Geeignetheit als Unterkunftskostenbedarf, ist in der Literatur und in der Rechtsprechung von deren Erforderlichkeit zur Wohnraumnutzung bzw. zu Wohnzwecken abhängig gemacht worden (vgl. BSG, Urteil vom 19. Mai 2021 – B 14 AS 39/20 R [PKW-Stellplatz]; Urteil vom 16. Dezember 2008 – B 4 AS 1/08 R [Lagerraum]; Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 119/10 R [Arbeitszimmer]; Urteil vom 23. November 2006 – B 11b AS 3/05 R [Atelier]).
Für die Bewohnbarkeit der Unterkunft der Bürgergeld – Familie ist der Stromzwischenzähler nicht erforderlich.
Denn die separate Messeinrichtung zur Messung des Stromverbrauchs zur Erwärmung von Wasser dient lediglich der genauen Bestimmung des erhöhten Mehrbedarfs bei dezentraler Warmwassererzeugung nach § 21 Abs. 7 SGB II (Bundestagsdrucksache [BT-Drs.] 19/24034, 36).
Ein Anspruch aus § 21 Abs. 7 SGB II ist auch nicht gegeben
§ 21 Abs. 7 SGB II bietet selbst keine Anspruchsgrundlage für die Übernahme der Installationskosten einer separaten Messeinrichtung (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27. Dezember 2022 – L 11 AS 415/22 B ER – ).
§ 21 Abs. 7 SGB II setzt vielmehr das Vorhandensein einer solchen Messeinrichtung voraus. Denn bereits vor der gesetzlichen Klarstellung hat das Bundessozialgericht für die Anerkennung eines über die sogenannte Warmwasserpauschale hinausgehenden Anspruchs den Nachweis des Energieverbrauchs für die Warmwassererzeugung durch separate Verbrauchszäher verlangt (vgl. BSG, Urteil vom 7. Dezember 2017 – B 14 AS 6/17 R – ).
Hätte der Gesetzgeber einen Anspruch für die Installation separater Messeinrichtung bei dezentraler Warmwassererzeugung schaffen wollen, hätte er dies ausdrücklich geregelt (so auch LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27. Dezember 2022 – L 11 AS 415/22 B ER – ). Die Anspruchsgrundlage des § 22 Abs. 7 SGB II ist eindeutig und abschließend. Eine ergänzende Auslegung kommt nicht in Betracht.
Ein Anspruch besteht auch nich nach § 21 Abs. 6 SGB II, denn die Voraussetzungen einer sogenannten Härtefallklausel liegen nicht vor
Ein Mehrbedarf ist unabweisbar, wenn er insbesondere nicht durch die Zuwendungen Dritter sowie unter Berücksichtigung von Einsparmöglichkeiten der Leistungsberechtigten gedeckt ist und seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.
An der Unabweisbarkeit fehlt es deshalb unter anderem dann, wenn dem Leistungsberechtigten zumutbare Handlungsalternativen nicht zur Verfügung stehen (vgl. BSG, Urteil vom 17. Dezember 2024 – B 7 AS 73/23 R [COVID-19-Selbsttests]; BSG, Urteil vom 26. Januar 2022 – B 4 AS 3/21 R [zwischenmenschliche Beziehungspflege]; LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 15. Dezember 2023 – L 2 AS 337/23 NZB [Buchhaltungsservice]).
Der Bürgergeld – Familie ist es zumutbar, ihre Ansprüche beim Vermieter durch zusetzen
Ein Härtefall im Sinne des § 21 Abs. 6 SGB II für einen einmaligen Bedarf setzt die Unabweisbarkeit des Bedarfs und den Nachweis der Unzumutbarkeit der Rückzahlungsverpflichtung eines Darlehens voraus (vgl. BSG, Urteil vom 17.12.2024 – B 7 AS 73/23 R -)
Die Familie hat aber nicht vorgetragen, dass ihnen die sich an das Darlehen anschließende Tilgungsverpflichtung unzumutbar sei. Dem Gericht drängt sich eine solche Annahme auch nicht auf. Sie haben – soweit ersichtlich – auch keinen Antrag auf Gewährung eines Darlehens nach § 24 Abs. 1 SGB II gestellt.
Ein Anspruch besteht auch nicht im Wege einer Analogie
Die Analogie soll ermöglichen, die Ermächtigungsgrundlage auf einen ähnlichen Tatbestand anzuwenden, um so eine Gesetzeslücke auszufüllen. Die analoge Anwendung einer Norm setzt unter anderem eine planwidrige Regelungslücke voraus.
Dies ist hinsichtlich der geltend gemachten Kostenübernahme für die Installation einer separaten Messeinrichtung weder hinsichtlich der Unterkunftskosten nach § 22 SGB II noch hinsichtlich eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 oder 7 SGB II der Fall.
Anmerkung vom Sozialrechtsexperten von Tacheles e. V.
Die Messeinrichtung ist vom Sinn und Zweck der Vorschrift des § 22 SGB II nicht erfasst.
An einer planwidrigen Regelungslücke fehlt es hinsichtlich der Regelung des § 21 Abs. 7 SGB II. Der Gesetzgeber hat mit der Regelung die Voraussetzungen für den Mehrbedarf bei dezentraler Warmwasserzubereitung festgelegt.
Die separate Messeinrichtung selbst ist kein Bedarf und der Gesetzgeber hat einen solchen mit der Neuregelung des § 21 Abs.7 SGB II bewusst nicht geschaffen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 27. Dezember 2022 – L 11 AS 415/22 B ER -), da der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, dass der Mehrbedarf bei dezentraler Warmwasserbereitung in der Regel durch die Pauschale gedeckt ist (BT-Drs. 19/24034, 36).