Rente wird im Dezember gekürzt – Das sollen Rentner jetzt tun

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Zum 1. Dezember 2025 endet eine Übergangsregelung, die den seit Juli 2024 gezahlten Rentenzuschlag von bis zu 7,5 Prozent als „nicht anzurechnendes Einkommen“ schützt.

Ab diesem Stichtag fließt der Zuschlag in die reguläre Monatsrente ein – und gilt damit als Einkommen.

Für viele Witwen‑ und Witwerrenten wird die Anrechnung erstmals schlagend. Die Deutsche Rentenversicherung (DRV) weist in ihren FAQ ausdrücklich darauf hin, dass der Zuschlag „von Juli 2024 bis November 2025 kein anzurechnendes Einkommen darstellt“, ab Dezember jedoch berücksichtigt wird und eine Kürzung „mindern kann“.

Warum wurde der Zuschlag überhaupt eingeführt?

Mit dem Erwerbsminderungs‑Bestandsverbesserungs‑Auszahlungsgesetz wollte der Gesetzgeber jene rund drei Millionen Bestands‑Erwerbsminderungsrentner besserstellen, die von früheren Reformen ausgeschlossen worden waren. Der Bundestag verabschiedete das Gesetz am 25. April 2024 einstimmig; ab Juli 2024 erhielten Betroffene den befristeten Extra‑Betrag.

Was ändert sich nun ganz konkret?

Bis Ende November 2025 überweist die DRV den Zuschlag separat; technische Gründe machten eine gesonderte Buchung nötig. Ab 1. Dezember wird alles in einem Zahlbetrag ausgewiesen.

Damit endet der gesetzliche Anrechnungsstopp des § 307j SGB VI. In der Praxis steigt das meldepflichtige Einkommen auf dem Papier, ohne dass real mehr Geld im Portemonnaie ankommt – ein klassischer Brutto‑Netto‑Effekt.e

Wie wirkt sich die Einkommen­sanrechnung auf Hinterbliebenenrenten aus?
Bei Hinterbliebenenrenten gilt eine Freigrenze: Eigene Nettoeinkünfte bleiben bis 26,4 Rentenwerten (ab Juli 2025: 40,79 € × 26,4 = 1.076,86 €) anrechnungsfrei. Liegt das Nettoeinkommen darüber, werden 40 Prozent des Mehrbetrags von der Witwen‑ oder Witwerrente abgezogen.

Wird der Zuschlag künftig hinzugerechnet, übersteigen viele Beziehende die Freigrenze – ihre Hinterbliebenenrente sinkt. Wer bislang knapp unterhalb lag, kann also spürbare Verluste erleiden, obwohl sich die Summe aus Altersrente und Zuschlag real nicht erhöht.

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Wie viele Menschen sind betroffen und in welchem Ausmaß?

Die DRV geht von rund drei Millionen Zuschlagsberechtigten aus. Nicht alle beziehen gleichzeitig eine Hinterbliebenenrente, doch laut dem Rentenexperten und Rechtsanwalt Peter Knöppel besitzen „etwa drei Millionen Rentnerinnen und Rentner“ eine solche Doppel‑Konstellation; für sie droht ab Dezember eine Kürzung.

Weil jede Kürzung einzelfallabhängig ist – Einkommen, Kinderzuschläge und regionale Steuer­sätze variieren – lässt sich die durchschnittliche Minderung statistisch kaum beziffern. Fachleute rechnen jedoch mit Reduktionen im dreistelligen Monatsbereich, sobald mehrere Einkommensarten zusammentreffen.

Welche steuerlichen Folgen kommen hinzu?

Durch die Zusammenlegung erhöht sich der steuerpflichtige Bruttorentenbetrag. Viele Seniorinnen und Senioren rutschen dadurch in eine höhere Progressionsstufe oder überschreiten erstmals den Grundfreibetrag.

Damit steigt nicht nur die Einkommensteuer, sondern oft auch der Solidaritätszuschlag – ein doppelter Effekt, der die Nettorente weiter schmälert. Steuerberater warnen, dass allein der Zuschlag den steuerpflichtigen Anteil der Jahresbruttorente um bis zu 7,5 Prozent zementiert. Schon jetzt sind knapp zwei Drittel aller Neurentner steuerpflichtig.

Was sagen Sozialverbände und Experten?

Der Sozialverband VdK begrüßte den Zuschlag als überfällige Korrektur, kritisiert aber die „behelfsmäßige“ Umsetzung und fordert eine dauerhafte Ausnahmeregelung bei der Einkommen­sanrechnung, um Kürzungen zu vermeiden.

Knöppel spricht von einer „versteckten Rentenkürzung“, die nur durch politische Nachbesserung verhindert werden könne.

Können Betroffene jetzt schon handeln?

Renten‑ und Steuerexperten raten, die eigenen Bescheide genau zu prüfen, sobald die DRV ab Dezember 2025 neue Berechnungen verschickt. Wer die Einkommensgrenze knapp überschreitet, kann prüfen, ob freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Kranken‑ oder Pflegeversicherung das Nettoeinkommen mindern und damit die Kürzung reduzieren.

Zudem lohnt ein Beratungstermin bei der DRV oder einem unabhängigen Renten‑ bzw. Steuerberater, um mögliche Rechtsmittelfristen nicht zu versäumen. Familien mit Kindern sollten beachten, dass jeder waisenrenten­berechtigte Nachwuchs den Freibetrag anhebt; das kann die Anrechnung ganz oder teilweise neutralisieren.

Zuschlag „systemisch korrekt“?

Das Bundesarbeits‑ und Sozialministerium verweist darauf, dass sich der Zuschlag „systemisch korrekt“ in die bestehende Einkommens­prüfung einfüge. Gleichwohl haben mehrere Bundestags­abgeordnete der Ampel‑Koalition in ersten Stellungnahmen angekündigt, die Wirkung „sorgfältig zu evaluieren“.

Ob daraus eine erneute Gesetzesänderung folgt, ist offen. Der kommende Renten‑Versicherungs­bericht (Herbst 2025) wird zeigen, wie stark die tatsächlichen Belastungen ausfallen.

Was bleibt von dem Versprechen der sozialen Absicherung?

Die Reform zeigt einmal mehr, wie technischer Detailänderungen große soziale Sprengkraft entfalten.

Der Zuschlag sollte eine Lücke schließen, wird nun aber selbst zur Kippe für die Hinterbliebenenrente vieler älterer Menschen. Gerade in Zeiten inflations­bedingter Mehrbelastungen droht er zum Brandbeschleuniger für Altersarmut zu werden. Ein vorausschauendes, transparentes Rentenrecht müsste verhindern, dass Hilfen an anderer Stelle zu Kürzungen führen.

Bis dahin liegt es an den Betroffenen und ihren Vertretern, laut zu bleiben – und an der Politik, ihr Versprechen einer sicheren Rente auch im Detail einzulösen.