Bürgergeld und Medikamente: Welche Kosten werden erstattet?

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Erkältung, Schnupfen oder Magen-Darm-Probleme: Um gesund zu werden, hilft oft der Gang zur Apotheke. Doch die Regelleistungen im Bürgergeld oder der Grundsicherung reichen nicht aus, um die Kosten für Medikamente vollständig zu übernehmen. Gibt es daher Zuschüsse vom Jobcenter? Wir geben Antworten.

Erster Ansprechpartner: Die Krankenkasse

Zunächst sind für gesetzlich Versicherte die Krankenkassen zuständig. Die Kasse muss die Kosten für verschreibungspflichtige Medikamente übernehmen. Die Zuzahlung muss jedoch selbst getragen werden. Die Zuzahlung liegt in der Regel zwischen 5 und 10 Euro.

Kinder und Jugendliche grundsätzlich befreit

Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind von der Zuzahlung zu Medikamenten befreit. Kinder unter 12 Jahren erhalten in der Regel auch nicht verschreibungspflichtige Medikamente von der Krankenkasse erstattet. Bei Jugendlichen unter 18 Jahren ist dies z.B. bei Entwicklungsstörungen der Fall.

Zu den Zuzahlungen zählen:

  • Eigenanteil bei stationärer Krankenhausbehandlung (10€/Tag für max. 28 Tage pro Kalenderjahr),
  • Heilmitteln und häuslicher Krankenpflege (10€ pro Verordnung + 10% der Kosten),
  • Eigenanteil bei Medikamenten und Hilfsmittel (10% des Abgabepreises, min. 5€, max. 10€ je Medikament),
  • Eigenanteil bei Haushaltshilfe (10% der Tageskosten, min. 5€, max. 10€),
  • Fahrtkosten (10% der Kosten, min. 5€, max. 10€).

Was gehört nicht zu den Zuzahlungen?

Nicht zu den Zuzahlungen gehört der sog. wirtschaftliche Aufschlag, der z.B. von Orthopädieschuhmachern für Einlagen verlangt wird. Dabei handelt es sich um Kosten, die der Orthopädieschuhmacher eigenverantwortlich erhebt, weil das von der Krankenkasse für seine Arbeit gezahlte Geld nicht ausreicht, um die Kosten zu decken.

Mehrbedarf bei Neurodermitis durch das Jobcenter

Wer z.B. an Neurodermitis leidet, kann notwendige Pflegemittel und nicht verschreibungspflichtige Medikamente als laufenden Zuschuss beim Jobcenter beantragen. Hier kann die Härtefallregelung greifen.

Es müssen allerdings die Voraussetzungen für einen atypischen Mehrbedarf bestehen, der laufend ist. Mehr dazu hier.

Zuzahlungen nur bis zur Belastungsgrenze

Alle gesetzlich Versicherten müssen die Zuzahlung nur bis zu einer bestimmten Belastungsgrenze leisten. Dabei gilt folgende Formel:

Innerhalb eines Kalenderjahres dürfen nicht mehr als 2 Prozent des persönlichen Einkommens für Zuzahlungen zu Arzneimitteln aufgewendet werden. Wer nachweisen kann, dass er chronisch krank ist, für den gilt nach (§ 62 SGB) eine Belastungsgrenze von maximal einem Prozent.

Sobald man mit den Zuzahlungen die Belastungsgrenze erreicht hat, kann man bei der Krankenkasse einen Antrag auf Zuzahlungsbefreiung stellen. Wurden im Kalenderjahr bereits Zuzahlungen geleistet, können diese von der Krankenkasse erstattet werden. Auch hierfür muss ein Antrag bei der Krankenkasse gestellt werden.

In die Berechnung der Zuzahlungen fließen nicht nur die Ausgaben für Arzneimittel ein, sondern beispielsweise auch der Eigenanteil für Krankenhausaufenthalte, häusliche Krankenpflege oder auch Heilmittel.

Achtung bei Krankenhausrechnungen

Wer nach einem Krankenhausaufenthalt von der Klinik eine Zuzahlungsforderung erhält, die deutlich über der Belastungsgrenze liegt, sollte diese nicht bezahlen, sondern sich an die Krankenkasse wenden. Diese wird dann nur noch den Restbetrag bis zur Belastungsgrenze einfordern.

Wie errechnet sich die Belastungsgrenze beim Bürgergeld

Bei Empfängern von Bürgergeld oder Grundsicherung wird nicht das Einkommen als Bemessungssatz herangezogen, sondern die Regelbedarfsstufe 1 als Bruttoeinkommen für die gesamte Bedarfsgemeinschaft.

Das sind derzeit 502 Euro, also 6.024 Euro im Jahr (2-Prozent-Regelung). Die Belastungsgrenze liegt demnach bei 120,48 Euro (2023). Für chronisch Kranke liegt die Belastungsgrenze im Jahr 2023 bei 60,24 Euro (1-Prozent-Regelung).

Wer zusätzlich einen Minijob oder ein Ehrenamt ausübt, muss dies nicht als Einkommen angeben. Für die Berechnung gilt die Regelbedarfsstufe 1. Die Belastungsgrenze gilt für die gesamte Familie (Ehepaar + Kinder), nicht nur pro Person, und wird vom jährlichen Familienbruttoeinkommen berechnet.

Antrag bei der Krankenkasse auf Befreiung stellen

Sobald die Belastungsgrenze im Kalenderjahr erreicht wird, sollte bei der Krankenkasse ein Antrag auf Zuzahlungsbefreiung nach § 61 SGB V gestellt werden. Der Antrag muss eigenständig gestellt werden! Die Krankenkasse informiert die Versicherten grundsätzlich nicht über die Möglichkeit einer Befreiung.

Immer Nachweise aufheben

Zum Nachweis der Belastungsgrenze sind alle Rechnungen bzw. Quittungen aufzubewahren. Diese dienen der Kasse als Nachweis. Wer immer zur gleichen Apotheke geht, kann sich dort auch im Nachhinein Belege ausdrucken lassen.

Auch rückwirkende Befreiung ist möglich

Was die wenigstens wissen: Eine rückwirkende Befreiung ist mit Nachweis für die letzten vier Jahre möglich. Wer die Belege nicht aufgehoben hat, kann bei der Apotheke nachfragen. Diese kann auch die Belege gesammelt ausdrucken.

Einige Krankenkassen ermöglichen auch, die Summe vorab einzuzahlen, um dann sofort die Befreiungskarte zu erhalten.

Antrag auf Mehrbedarf beim Jobcenter stellen

Betroffene, die aufgrund ihrer Erkrankung auf kostenaufwändige Ernährung angewiesen sind, können ebenfalls einen Antrag auf Mehrbedarf beim zuständigen Leistungsträger stellen.

Wer einen Anspruch hat und welcher Antrag gestellt werden muss, ist auch hier nachzulesen. Bild: ladysuzi/fotolia.com)

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