Mama, Papa erwerbslos- Was bedeutet das für Kinder

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Mama oder Papa erwerbslos. Was bedeutet das für Kinder?

19.06.2017

Die Erwerbslosigkeit der Eltern hat Folgen für die Kinder. Besonders hart wird es, wenn beide Eltern den Job verlieren, der allein ernährende oder allein erziehende Elternteil arbeitslos wird. Die Probleme häufen sich zudem, je länger die Erwerbslosigkeit der Eltern dauert.

Je mehr Ausgaben eine Familie hat, zum Beispiel, weil sie Kredite abbezahlen muss, umso stärker geht es an die Substanz. Erwerbslosigkeit verschlechtert fast immer die materiellen Verhältnisse. Damit verschlechtert sich schnell der Zustand von Kleidung und Ernährung des Kindes, Ausflüge und Urlaub fallen weg. Hobbys, Sportarten oder Gitarrenunterricht, selbst Kino oder Zoobesuch werden zu Luxus, die sich eine von Hartz IV lebende Familie nicht mehr leisten kann. Muss die Wohnung in eine günstigere Wohnung umziehen, verliert das Kind sein soziales Umfeld.

Die Eltern verlieren den für das Kind vertrauten Rhythmus aus Arbeit und Freizeit, Woche und Wochenende, was gerade für Kinder wichtig ist. Viele Männer fühlen Erwerbslosigkeit als Identitätsbruch, entwickeln psychische Probleme und einen Bedeutungsverlust. Das führt zu Spannungen in der Beziehung zu dem Kind.

Menschen, die ein negatives Selbstbild entwickeln, keinen Lebenssinn empfinden und ihr Leben nicht mehr planen können, brauchen oft ein Ventil für diese Belastung – und oft genug sind es die Kinder, die die angekratzte Psyche ihrer Eltern am eigenen Leib erfahren.

Depression und Alkoholmissbrauch sind oft Reaktionen auf die psychische und materielle Krise, und die Kinder leiden bisweilen an Aggressivität und Gewalt durch einen Elternteil. Isolieren sich die Eltern, dann isolieren sie ihre Kinder sozial mit. Hartz IV Empfänger haben kein Geld für außerordentliche Medikamente, und ihre Gesundheit nimmt Schaden, ebenso die der Kinder.

Für viele Kinder bedeutet ein ständig anwesender und zuvor arbeitender Vater auch ein Mehr an Kontrolle, das ihnen überhaupt nicht lieb ist. Sitzt die Familie zudem in einer engen Wohnung aufeinander, schrumpfen die Freiräume zusehends. Diese psychische Belastung für alle Beteiligten kann zu einem Anwachsen von Konflikten führen.

Wichtig ist hier, wie gut die Familie vor der Arbeitslosigkeit kooperierte, denn so wie bereits bestehende Konflikte und Entfremdungen jetzt aufbrechen, kann ein liebevolles Miteinander die Folgen der Erwerbslosigkeit für alle Beteiligten mindern.

Viele Eltern kümmern sich weniger um die Schulbildung und Berufslaufbahn ihrer Kinder als vor der Erwerbslosigkeit. Zum einen sehen sie um sich herum nur noch Mauern, was Berufschancen angeht, zum anderen müssen sie sich selbst darum kümmern, wieder in Arbeit zu kommen.

Manche erwerbslose Eltern brechen sogar den Kontakt zu Kindergarten und Schule ab und weigern sich, mit den Bildungsträgern zu kooperieren, wenn das Kind wegen des psychosozialen Drucks verhaltensauffällig wird oder die schulischen Leistungen nachlassen.

Hartz IV Kinder kennen kaum Taschengeld, können in der Pubertät nicht um die besten Nike-Schuhe konkurrieren und ziehen sich deshalb oft zurück.

Auch in einem liebevollen Elternhaus führt die elterliche Erwerbslosigkeit bei Kindern häufig zu einem Verlust an dem Gefühl, geborgen zu sein. Einige Kinder strengen sich zwar besonders an, weil sie die Situation ihrer Eltern vor Auge zu haben und denken, dass sie nur ein guter Schulabschluss vor früher Arbeitslosigkeit bewahrt.

Viel mehr aber haben wenig Motivation, und ihre schulischen Leistungen lassen nach. Wofür sollen sie sich bemühen, wenn am Ende doch die Erwerbslosigkeit steht?

Die psychosozialen Belastungen der Familien durch die Erwerbslosigkeit können zu psychosomatischen Erkrankungen der Kinder führen, zu Substanzmissbrauch, Stottern, Konzentrationsproblemen, Bettnässen oder auch Schlafstörungen. (Dr. Utz Anhalt)

Bild: Rafael Ben-Ari-fotolia

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