Zweimal im Monat in einem Restaurant jeweils fünf Stunden lang Teller waschen begründet für EU-Bürger noch keinen Hartz-IV-Anspruch. Es handelt sich dabei um eine untergeordnete und unwesentliche Tätigkeit, die das Jobcenter bei der generellen Prüfung eines Leistungsanspruchs nicht berücksichtigen muss, urteilte am Dienstag, 29. März 2022, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 4 AS 2/21 R).
Hartz IV Anspruch bei EU-Bürgern erst frühestens nach sechs Monaten Erwerbstätigkeit
Nach dem Sozialgesetzbuch II können nach Deutschland zur Arbeitsuche eingereiste EU-Bürger kein Hartz IV erhalten.
Erst wenn sie zwischen sechs und zwölf Monaten als Arbeitnehmer beschäftigt waren, haben sie bei anschließender Arbeitslosigkeit sechs Monate Anspruch auf Hilfeleistungen. Nach einer Erwerbstätigkeit von mindestens einem Jahr ist bei Arbeitslosigkeit der Leistungsanspruch unbefristet.
Im konkreten Fall ging es um einen 1992 in Deutschland geborenen Griechen, der im Kindesalter nach Griechenland gezogen war. 2016 kehrte er wieder ins Bundesgebiet zurück.
Er ging mit mehreren Unterbrechungen unterschiedlichen abhängigen Arbeiten nach, bis er im Januar 2019 eine geringfügige Beschäftigung als Tellerwäscher in einem Restaurant fand. Dort arbeitete er zweimal pro Monat insgesamt zehn Stunden und erhielt dafür einen Lohn von 100 Euro.
Minijob sei mit einem Schülerjob vergleichbar
Seinen Antrag auf Arbeitslosengeld II zur Deckung seines menschenwürdigen Existenzminimums lehnte das Jobcenter Hagen ab. Der Minijob sei mit einem Schülerjob vergleichbar.
Der Mann sei zwar mit Unterbrechungen auch zuvor abhängig beschäftigt gewesen. Die für den Hartz-IV-Anspruch erforderliche einjährige Erwerbstätigkeit werde aber nicht erreicht.
Die Zeiten des Tellerwäscherjobs könnten nicht mitberücksichtigt werden, da es sich um eine völlig untergeordnete Beschäftigung handele. Zwar könne auch ein Minijob als zu berücksichtigendes Arbeitsverhältnis gewertet werden, aber nur bei ausreichender Vergütung, Dauer und zeitlicher Beanspruchung.
Das Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen in Essen stimmte dem in seinem Urteil vom 19. November 2020 zu (Az.: L 19 AS 1204/20; JurAgentur-Meldung vom 26. Februar 2021).
BSG: kleiner Minijob nicht mit Arbeitnehmertätigkeit vergleichbar
Das BSG wies das Verfahren zwar aus formalen Gründen an die Vorinstanz zurück, gab dem Jobcenter aber inhaltlich recht.
Bei einem nur zweimal pro Monat ausgeübten Minijob von insgesamt zehn Stunden und einer Vergütung von 100 Euro liege sozialrechtlich keine Arbeitnehmereigenschaft vor, die das Jobcenter zur Zahlung von Arbeitslosengeld II verpflichten könne.
Kein Hartz IV für EU-Bürger für zweimal monatlich Tellerwaschen
Der Kläger sei vor Aufnahme seiner geringfügigen Beschäftigung auch länger als sechs Monate arbeitslos gewesen, so dass sein Aufenthaltsrecht als Arbeitnehmer und seine sich daraus ergebenden möglichen Hartz-IV-Ansprüche nicht weiter bestanden hätten.
Schließlich sei es auch verfassungsgemäß, dass der Gesetzgeber EU-Bürgern ohne ausreichendes Aufenthaltsrecht nicht voraussetzungslos Sozialleistungen zur Sicherung ihres Existenzminimums gewährt.
Mit Urteil vom 27. Januar 2021 sah das BSG einen Minijob im Umfang von acht Wochenstunden mit einem Monatsverdienst von 250 Euro dagegen als ausreichend an, um vom Jobcenter als zu berücksichtigende Tätigkeit angesehen werden zu können (Az.: B 14 AS 25/20 R). fle/mwo/fle
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