Das Sozialgericht Berlin ließ eine Berufung eines Klägers nicht zu. Dieser hatte erfolglos gegen das zuständige Jobcenter geklagt, ihm das Bürgergeld während eines dreimonatigen Aufenthalt in Sao Tomé zu zahlen. (AZ: L18 AS 778/23)
Betroffener meldete Ortsabwesenheit aufgrund einer künstlerischen Tätigkeit im Ausland
Der Betroffene verlangte vom zuständigen Jobcenter, einer Ortsabwesenheit zwischen 24. Januar 2022 bis 20. April 2022 zuzustimmen. Er erhielt ab 2013 Leistungen nach dem SGB II. Von Dezember 2021 bis Mai 2022 waren ihm laut Bescheid Leistungen ohne Anrechnung von Einkommen vorläufig bewilligt worden.
Am 5. Januar 2022 teilte er dem Jobcenter schriftlich mit, er werde sich vom 24. Januar 2022 bis zum 20. April 2022 in Sao Tomé aufhalten – auf Einladung einer Kultureinrichtung.
Das Jobcenter sah dieses Schreiben als Antrag auf Zustimmung zur Ortsabwesenheit an und lehnte diese mit Bescheid ab. Mit einem endgültigen Bescheid verweigerte das Jobcenter im August 2022 auch das Gewähren von Leistungen für die entsprechende Zeit.
Keine Verpflichtung, einer Ortsabwesenheit zuzustimmen
Der Betroffene klagte vor dem Sozialgericht Berlin darauf, die Ortsabwesenheit zu genehmigen und die Leistungen zu zahlen. Das Gericht lehnte die Klage im Juli 2023 als unbegründet ab.
Der Kläger hätte keinen wichtigen Grund gehabt, um sich drei Monate in Sao Tomé aufzuhalten. Der Betroffene ging in Berufung mit der Begründung, er hätte zumindest einen Anspruch auf einen Zustimmung zu drei Monaten Ortsabwesenheit gehabt.
Das Gericht lehnte diese Berufung einstimmig ab. Das Jobcenter sei nicht verpflichtet, für die Zeit vom 24. Januar 2022 bis zum 20. April 2022 eine Zustimmung zur Ortsabwesenheit zu erteilen.
Ohne Zustimmung gibt es keine Bürgergeld-Leistungen
Laut dem SGB II erhalten Betroffene keine Leistungen, wenn sie sich ohne Zustimmung des persönlichen Ansprechpartners außerhalb des definierten zeit- und ortsnahen Bereichs aufhalten, so das Gericht.
Von dieser grundsätzlichen Verpflichtung können die Betroffenen indessen freigestellt werden: Begehre ein Leistungsberechtiger, von der Verpflichtung zur Ortsanwesenheit freigestellt zu werden, so diene dies dazu, einem Leistungsausschluss vorzubeugen. Eine Ortsabwesenheit bis zu drei Wochen stehe dabei der Verfügbarkeit beim SGB II nicht entgegen.
Bei längerer Ortsabwesenheit sind Leistungen ausgeschlossen
Bei einem zusammenhängenden Aufenthalt von mehr als sechs Wochen außerhalb des zeit- und ortsnahen Bereiches sei die Verfügbarkeit jedoch nicht gewährleistet. Dies gelte unabhängig vom Grund der Abwesenheit.
Das Gericht urteilte: Egal ob selbstständige oder künstlerische Tätigkeit oder Urlaub. Bei dem dreimonatigen Aufenthalt in Sao Tomé hätte es keine Zustimmung für Ortsabwesenheit geben können, beziehungsweise hätte es diesen Aufenthalt nur ohne Leistungen nach dem SGB II gegeben. Darüber hinaus hätte der Kläger ohnehin weder hinreichend begründet noch glaubhaft gemacht, ob seine künstlerische Tätigkeit während der Ortsabwesenheit wesentlich zur Sicherung seines Lebensunterhalts beitragen konnte, so das Gericht.
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Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.