Hartz IV: Lernförderung bei Legasthenie und Dyskalkulie

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Betroffene von Legasthenie und Dyskalkulie, also einer Lese-, Rechtschreib und Matheschwäche von frühem Entwicklungsstand an, die in Hartz IV leben und zur Schule gehen, haben Anspruch auf eine Lernförderung zum Zwecke, den Schulabschluss zu erreichen. Entsprechende Leistungen müssen gesondert beantragt werden.

Jobcenter verwehrte Mehrbedarf für Lernförderung bei Legasthenie und Dyskalkulie

Für einen von Hartz IV betroffenen Jugendlichen, bei dem eine angeborene Legasthenie diagnostiziert wurde, erhielt seit der Grundschule entsprechende Nachhilfe und Lernförderung. Er beantragte die Kostenübernahme und verwies auf eine Bescheinigung seiner Lehrerin, die eine Förderung zwei- bis dreimal pro Woche empfahl.

Das Jobcenter verwehrte die Übernahme des Kosten, da eine Lernförderung nach dem Gesetz nur für vorübergehende Lernschwächen vorgesehen sei. Das Sozialgericht Halle wies einen Antrag auf vorübergehenden Rechtsschutz ab. Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens übernahm das Jobcenter dann einen Teil der Kosten und befreite die Legasthenietrainerin von der Schweigepflicht gegenüber einem Psychologen des Jobcenters, der in der Folge ebenfalls die Lese- und Rechtschreibschwäche diagnostizierte. Auch ein späterer Antrag des Betroffenen bei der Krankenkasse wurde abgelehnt, da pädagogische Maßnahmen nicht von dieser gedeckt würden.

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Ansprüche müssen gesondert beantragt und bewilligt werden

Nachdem auch für die Schwester des Betroffenen entsprechende Leistungen nach mehreren Widerspruchs- und Klageverfahren abgelehnt wurden, gingen die Betroffenen vor das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt. Dieses stellte hinsichtlich der Kostenübernahme für Fahrtkosten und Legasthenietraining fest, dass bereits die Bescheide des Jobcenters rechtswidrig waren, da ein Anspruch auf die außerschule Lernförderung nach § 28 Abs. 5 SGB II bestehe, welche juristisch isoliert zu betrachten sei, da diese neben dem regelbedarf als gesondert zu betrachten und auch gesondert zu beantragen sind, und nicht im Rahmen des Leistungsbescheids.

Lernförderung als Leistung für Bildung und Teilhabe haben Leistungsberechtigte, wenn sie Schülerin oder Schüler im Sinne von § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB II sind, die Voraussetzungen des § 28 Abs. 5 SGB II vorliegen und sie weder Anspruch auf Leistungen nach dem Vierten Kapitel des SGB XII haben (§ 19 Abs. 2 Satz 1 SGB II) noch entsprechende Leistungen zur Deckung von Bedarfen für Bildung und Teilhabe nach § 6b des BKGG erhalten.

Der Antrag liege vor, die Auschlusskriterien seien nicht erfüllt. Es liege außerdem eine Lernförderung und keine zeitlich begrenzte Nachhilfe vor, so die Richter. Für die Beurteilung der Legasthenie und Dyskalkulie sei außerdem die Einschätzung der Lehrer oder Therapeutin irrelevant. Das Jobcenter muss daher die entstandenen Kosten erstatten (Az.: L 4 AS 71/16).

Bild: astrosystem / AdobeStock

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