Hartz IV: Anspruch auf Unterkunftskosten kann auf Eltern übergehen

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Wenn ein Kind wegen einer geförderten Ausbildung aus dem Hartz-IV-Bezug fällt, können seine früheren Ansprüche auf Unterkunftskosten im Einzelfall auf die Eltern übergehen. Voraussetzung sind danach eine Härte und ein besonderer Bedarf, weil die Kosten der Wohnung anders nicht gedeckt werden können, urteilte am Mittwoch, 27. Januar 2021, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 14 AS 35/19 R).

Schon in der Verhandlung betonten die Kasseler Richter, dass Hilfebedürftige nicht zwischen die Systeme fallen dürfen.

Im Streitfall geht es um eine alleinerziehende Mutter und ihre Tochter in Rheinland-Pfalz. Die Tochter hatte aus gesundheitlichen Gründen einen besonderen Förderbedarf. Gemeinsam lebten Mutter und Tochter von Hartz IV, bis die Tochter im Alter von 26 Jahren eine von der Bundesagentur für Arbeit geförderte Ausbildung begann. Sie war in einem Internat untergebracht und wurde werktags dort auch verpflegt. An den Wochenenden und in den Ferien kam sie zu ihrer Mutter.

Das Jobcenter bezahlte die Unterkunftskosten nun nur noch zur Hälfte. Nach dem „Kopfteilprinzip” müssten sich Mutter und Tochter die Kosten der Wohnung teilen, so die Behörde. Wegen ihrer von der Arbeitsagentur geförderten Ausbildung bestehe für die Tochter allerdings kein Hartz-IV-Anspruch mehr.

Jeden Monat fehlten der Mutter nun knapp 250 Euro. Mit ihrer Klage forderte sie, das Jobcenter müsse ausnahmsweise vom „Kopfteilprinzip” absehen und die gesamten Kosten ihrer Wohnung tragen.

Wie nun das BSG entschied, ist eine solche Ausnahme durchaus möglich.

Mutter und Tochter sollen nicht zwischen die Systeme fallen

Grundsätzlich sei die Anwendung des Kopfteilprinzips allerdings richtig. Bei mehreren Bewohnern einer Wohnung habe es die Aufgabe, in einer einfach handhabbaren Weise den einzelnen Personen ihren jeweiligen Kostenanteil zuzuweisen. Dies sei insbesondere auch dann wichtig, wenn eine Person ausreichend eigene Mittel hat, um diesen Kostenanteil selbst zu bezahlen.

Eine Abweichung vom Kopfteilprinzip sei aber dennoch möglich. Dies setze „bedarfsbezogene Gründe” voraus, erklärten die Kasseler Richter unter Hinweis auf ein eigenes Urteil zu einer Familie mit einem mit Hartz-IV-Sanktionen belegten Sohn (Urteil und JurAgentur-Meldung vom 2. Dezember 2014, Az.: B 14 AS 50/13 R).

Dabei ging das BSG im Streitfall offenbar davon aus, dass eine Härte und „bedarfsbezogene Gründe” vorliegen können, weil die Tochter trotz ihres Alters in ihrer Entwicklung weiter auf ihre Mutter angewiesen ist.

Anspruch uf Drlehen noch offen

Offen blieb in den Vorinstanzen allerdings, ob die Tochter wegen einer gesetzlichen Ausnahmeklausel trotz ihrer geförderten Ausbildung Anspruch auf ein Darlehen zur Deckung ihrer Unterkunftskosten hatte. Dies würde einem höheren Leistungsanspruch der Mutter entgegenstehen, so das BSG. Ob die Voraussetzung für ein solches Darlehen erfüllt waren, soll neben weiteren Fragen nun das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz klären. mwo/fle

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