BSG: Gleich aufgeteilte Kinderbetreuung bringt Hartz IV-Vorteile

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BSG: hรคlftiger Alleinerziehenden-Mehrbedarf bei Wechselmodell

Teilt sich ein Hartz-IV-Bezieher mit seiner Ex-Partnerin die Betreuung der gemeinsamen Kinder zu gleichen Teilen auf, kann dies zu hรถheren Hartz-IV-Leistungen fรผhren. Denn dem Hartz-IV-Bezieher steht fรผr die Kinderbetreuung nach dem sogenannten Wechselmodell nicht nur der hรคlftige Mehrbedarf fรผr Alleinerziehende, sondern auch die Berรผcksichtigung der Kinder bei den Unterkunftskosten zu, urteilte am Donnerstag, 11. Juli 2019, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 14 AS 23/18 R). Als Konsequenz des Urteils kรถnnten Hartz-IV-Bezieher bei einer zu gleichen Teilen wechselnden Kinderbetreuung auch Anspruch auf eine grรถรŸere angemessenere Wohnung haben.

Im konkreten Fall hatten ein getrennt lebender Hartz-IV-Bezieher und seine zwei Sรถhne hรถhere Hartz-IV-Leistungen beansprucht. Der Vater hatte sich mit der ebenfalls im Hartz-IV-Bezug lebenden Mutter darauf geeinigt, die Betreuung der Kinder nach dem Wechselmodell durchzufรผhren. Eine Woche sollten die Sรถhne bei der Mutter und die darauffolgende Woche bei dem Vater sein.

Vom Jobcenter Landkreis Gรถrlitz verlangte der Vater nun den hรคlftigen Mehrbedarf fรผr Alleinerziehende. Nach den geltenden Regelungen steht dieser Mehrbedarf grundsรคtzlich dem Elternteil zu, bei dem sich das Kind โ€žรผberwiegend” aufhรคlt. Die Hรถhe des Mehrbedarfs fรผr Alleinerziehende richtet sich nach Anzahl und Alter der zu betreuenden Kinder. Er darf aber 60 Prozent des Regelbedarfs nicht รผberschreiten. Fรผr 2019 liegt dieser damit bei hรถchstens 254,40 Euro. Fรผr ein unter sieben Jahre altes Kind kรถnnen Alleinerziehende 152,64 Euro monatlich beanspruchen.

Das Jobcenter lehnte den hรคlftigen Mehrbedarf ab. Ein Mehrbedarf fรผr Alleinerziehende sei gar nicht mehr begrรผndet, so die Behรถrde mit Verweis auf eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Bundestagsfraktion โ€žDie Linke”. Ein hรถherer Aufwand fรผr Alleinerziehung gebe es danach nicht mehr. AuรŸerdem gebe es noch nicht einmal einen Nachweis des Vaters, bei dem ein Mehrbedarf angefallen sein soll.

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Im Streit war auch die รœbernahme der Unterkunftskosten. Nach den geltenden Bestimmungen รผbernimmt das Jobcenter nur jene Unterkunftskosten, bei denen die Kinder โ€žรผberwiegend” wohnen und ihren Lebensmittelpunkt haben. Da bei dem Wechselmodell die Kinder zu gleichen Teilen betreut werden, kann aber nicht genau bestimmt werden, wo sie โ€žรผberwiegend” wohnen.

Das BSG hatte am 12. Juni 2013 bereits entschieden, dass Kinder mit dem Besuch bei ihrem getrennt lebenden Vater oder Mutter dort eine โ€žtemporรคre Bedarfsgemeinschaft” bilden (Az.: B 14 AS 50/12 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Fรผr die Zeit des mindestens zwรถlfstรผndigen Aufenthalts muss das Jobcenter dann entsprechend des Regelbedarfs anteilige Hartz-IV-Leistungen gewรคhren. Ein Anspruch auf anteilige รœbernahme der zusรคtzlichen Unterkunftskosten bestand damit aber nicht.

In dem aktuellen Urteil klรคrte nun das BSG, wie im Fall des immer hรคufiger angewandten Wechselmodells zu verfahren ist. Danach kรถnnen getrennt lebende Hartz-IV-Bezieher den hรคlftigen Mehrbedarf fรผr Alleinerziehende beanspruchen. Voraussetzung ist, dass beide Eltern mindestens im Wochenrhythmus die Verantwortung fรผr die Kinder aufteilen.

Es handele sich zudem um eine pauschale Leistung. Der Gesetzgeber habe nicht gewollt, dass hierfรผr ein konkreter Nachweis รผber einen angefallenen Mehrbedarf vorgelegt werden muss.

Auch mรผsse das Jobcenter bei der Erstattung der Unterkunftskosten die Kinder mitberรผcksichtigen, so das Gericht. Normalerweise mรผsse die Behรถrde zwar nur fรผr jene Unterkunft aufkommen, in der die Kinder sich โ€žรผberwiegend” aufhalten und ihren Lebensmittelpunkt haben, so das BSG. Beim Wechselmodell kรถnne dies aber nicht bestimmt werden. Die Kinder hรคtten daher zwei Lebensmittelpunkte, beim Vater und bei der Mutter. Die Unterkunftskosten mรผssten โ€žnach Kรถpfen” und damit unter Einrechnung der Kinder bezahlt werden.

Als Konsequenz des Urteils kรถnnten Hartz-IV-Bezieher unter Anrechnung der Kinder zudem auch Anspruch auf eine grรถรŸere angemessene Wohnung haben, wenn sie nach dem Wechselmodell die Kinder betreuen. Entschieden hatte das BSG darรผber aber nicht. fle