Stimmungsmache gegen Bürgergeld-Bezieher mit falschen Zahlen

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Die politische Sommerpause hat begonnen. Immer dann, wenn es wenig Neues aus der Politik zu berichten gibt, weil auch die Politiker in den Urlaub gefahren sind, kommen andere, um die Lücke zu nutzen. Einer von ihnen ist der stellvertretende bayerische Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger. Eines seiner Lieblingsthemen ist das Bürgergeld, das er immer wieder mit falschen Daten, Zahlen und angeblichen Fakten unterfüttert.

Auf Twitter bezahlte ein Unternehmer aus Hamburg für diesen politischen Text.

Unternehmer befeuert mit bezahlter Anzeige Debatte

Befeuert von einem Tweet, den ein “Senior SEO Manager aus Hamburg” bezahlt bei Twitter als “Sponsert Ads” postete, sagte Aiwanger:

“Das Bürgergeld (muss) dringend reformieren! Für wirklich Bedürftige gerne sogar erhöhen, aber für junge, gesunde Arbeitsfähige, die zumutbare Arbeit ablehnen, kein Bürgergeld. Von rund 4 Mio Bürgergeldempfängern sind rund 2 Mio Erwerbsfähige. Die brauchen wir am Arbeitsplatz!”

Der Vorsitzendes des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider, konnte diese Tatsachenbehauptung nicht stehen lassen. So stellte Schneider auf gleicher Plattform klar:

“Sie, Herr Hubert Aiwange haben wirklich null Ahnung. Von den rund 5.7 Mio Hartz-IV-Beziehenden sind rund 3,9 Mio im erwerbsfähigen Alter und davon rund 1,85 Mio arbeitslos. Und die sind zum großen Teil alles andere als jung und gesund. Sie schreiben nur Schrott.”

Wie viele Menschen beziehen 2023 Bürgergeld-Leistungen?

Um in die Debatte wirkliche Zahlen einzubringen, schauen wir einmal in die Statistik: Aktuell (Zahlen von März 2023) beziehen laut “Statista” rund 3,9 Millionen (3.895.260) Menschen Leistungen nach dem SGB II. Im Jahr 2015 waren es noch mehr als 4,5 Millionen Menschen, die in Deutschland Hartz-IV-Leistungen bezogen. Seit 2017 ist die Zahl der Leistungsempfänger kontinuierlich gesunken.

In welche Gruppen teilen sich die Bürgergeldempfänger auf?

Die folgende Statistik zeigt die Verteilung der Bezieher von Bürgergeld (früher Hartz IV). Dabei werden verschiedene Gruppen unterschieden.

Laut Auswertungen waren im November 2022:
– Rund 42 Prozent der SGB II-Leistungsberechtigten sind arbeitslose erwerbsfähige Leistungsberechtigte.
– 13 Prozent der Leistungsberechtigten befinden sich in einer “arbeitsmarktpolitischen Maßnahme”, zum Beispiel einem Ein-Euro-Job.
– 12 Prozent müssen mit dem heutigen Bürgergeld aufstocken, weil der Lohn aus Erwerbstätigkeit nicht ausreicht, um das Existenzminimum zu erreichen.
– 10 Prozent gehen zur Schule, studieren oder befinden sich in einer ungeförderten Ausbildung.
– 7 Prozent sind z.B. wegen Krankheit vorübergehend nicht erwerbsfähig.
– 7 Prozent stehen dem Arbeitsmarkt derzeit nicht zur Verfügung, weil sie Kinder betreuen und erziehen müssen. Besonders betroffen sind hier Alleinerziehende
– 4 Prozent unterliegen einer Sonderregelung (58er-Regelung).
– Weitere 5 Prozent haben sonstige Gründe oder der Hintergrund ist unbekannt.

Hartz IV bzw. Bürgergeld konnten alle Anspruchsberechtigten im Alter von 15 bis 67 Jahren erhalten. Sozialgeld konnten Anspruchsberechtigte erhalten, die nicht erwerbsfähig waren, aber mit mindestens einer Person in einer so genannten Bedarfsgemeinschaft mit einem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten lebten.