Rechtswidrige Hartz IV Mietobergrenzen in Zwickau

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Die Hartz IV Mietobergrenzen für den Landkreis Zwickau sind nach einem Urteil des Sozialgerichts Zwickau rechtswidrig. „Das Jobcenter Zwickau darf sich nicht auf die vom Landkreis Zwickau festgesetzten Mietobergrenzen für Hartz-IV-Empfänger stützen“, so das Gericht.

05.12.2012

Das Gericht gab einer Klage einer Hartz IV Bezieherin aus Zwickau Recht. Diese lebt mit ihrem Sohn in einem Haushalt. Die Kläger begehrten die vollständige Übernahme ihrer monatlichen Unterkunftskosten vom 1 Mai 2009 bis 31 März 2010 in Höhe von insgesamt 455,00 EUR (Kaltmiete 315,00 EUR plus 70,00 EUR Vorauszahlung für Nebenkosten und Heizung). Das Jobcenter Zwickau hatte zuletzt monatlich insgesamt 388,00 EUR übernommen.

Im Klageverfahren berief sich das Jobcenter auf die am 1 Juli 2012 in Kraft getretene Verwaltungsvorschrift des Landkreises Zwickau zur einheitlichen Leistungsgewährung für Leistungen der Kosten der Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) und Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Die in der genannten Verwaltungsvorschrift festgelegten Mietgrenzen basieren auf Mietpreiserhebungen, die die Westsächsische Hochschule Zwickau im Auftrag des Landkreises Zwickau durchgeführt hatte. Die maßgebenden Kriterien für diese Erhebungen sind im Methodenbericht zur Mietwerterhebung im Landkreis Zwickau zur Ermittlung der angemessenen Kosten der Unterkunft aus dem September 2011 zusammengefasst. Die in der Verwaltungsvorschrift ausgewiesene Obergrenze der Grundmiete ohne Nebenkosten für Zweipersonen-Haushalte in der Stadt Zwickau beträgt 273,00 EUR. In der zum 30 Juli 2012 geltenden Richtlinie des Landkreises Zwickau lag die Obergrenze für die Grundmiete eines Zweipersonen-Haushalts in der Stadt Zwickau noch bei 250,00 EUR.

Da das Jobcenter im Streitzeitraum insgesamt monatlich 388,00 EUR übernommen hatte, hatten die Kläger – vom Standpunkt des Jobcenters aus gesehen – sogar mehr erhalten, als ihnen zustand (273,00 EUR Grundmiete plus 70,00 EUR Nebenkosten-Vorauszahlung: 343,00 EUR). Über die Werte der Richtlinie hinaus könnten die Kläger jedenfalls nichts verlangen, argumentierte das Jobcenter.

Das Gericht verwarf nunmehr die Mietobergrenzen der aktuellen Verwaltungsvorschrift. Die Werte könnten daher nicht zu Lasten der Leistungsempfänger herangezogen werden. Der Methodenbericht erfüllt nach Ansicht des Gerichts nicht die strengen Anforderungen, die das Bundessozialgericht an ein "schlüssiges Konzept "für die Festlegung von Mietobergrenzen angelegt" hat. Danach müssen, vereinfacht ausgedrückt, die Mietobergrenzen auf einer systematischen und schlüssigen Kriterien folgenden Datenerhebung beruhen.

Vor allem in folgender Hinsicht hat die erkennende Kammer das Konzept nicht als hinreichend schlüssig bewertet:

1. Es ist nur die jeweilige Grundmiete ohne die kalten Betriebskosten in die Erhebung einbezogen worden. Die Einbeziehung der kalten Betriebskosten im jeweiligen Vergleichsgebiet ist zur Abbildung des abstrakt angemessenen Mietpreises zwingend notwendig.

2. Privatvermieter sind bei der Datenerhebung in zu geringem Maße berücksichtigt worden.

3. Die Aufteilung des Kreisgebiets in drei Vergleichsregionen entspricht nicht den Kriterien des Bundessozialgerichts an die Bestimmung von Vergleichsräumen. Nicht nachvollziehbar ist etwa, weshalb die Wohnverhältnisse in Niederfrohna (Region 3) anders beurteilt werden als in Ortsteilen von Limbach-Oberfrohna (Region 2).

4. Die Anwendung der erhobenen Werte auf Zeiten vor dem Inkrafttreten der Verwaltungsvorschrift ist nicht zulässig.
Das Gericht verpflichtete das Jobcenter zur Zahlung der Unterkunftskosten (Grundmiete plus kalte Nebenkosten) anhand der Tabellenwerte aus § 12 Wohngeldgesetz. Die Orientierung an diesen Werten zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 % ist in den Fällen zulässig, in denen es an einem schlüssigen Konzept als Grundlage für die kommunalen Mietobergrenzen fehlt und dieser Mangel auch nicht durch Nachermittlungen heilbar ist. Das Jobcenter Zwickau hat gegen das Urteil inzwischen Berufung zum Sächsischen Landessozialgericht eingelegt. (Az: S 27 AS 4150/10)