Pflege kostet – Geld, Zeit und Nerven. Der Staat entlastet an mehreren Stellen des Steuerrechts, allerdings mit unterschiedlichen Mechaniken, Voraussetzungen und Grenzen.
Es gibt drei Wege: den Pflege-Pauschbetrag für private Pflegepersonen, den Abzug tatsächlicher Pflegekosten als außergewöhnliche Belastungen und die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Pflege- und Betreuungsleistungen. Im Folgenden erläutere ich, wann welcher Weg passt, wo die Fallstricke liegen und wie sich die Regelungen seit 2025 geändert haben.
Inhaltsverzeichnis
Drei Punkte – drei Logiken
Der Pflege-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 6 EStG) ist ein fixer Jahresbetrag für Menschen, die Angehörige unentgeltlich persönlich pflegen – entweder in der eigenen Wohnung oder in der Wohnung der pflegebedürftigen Person innerhalb der EU/EWR.
Die Höhe richtet sich nach dem Pflegegrad der gepflegten Person: 600 € bei Pflegegrad 2, 1.100 € bei Pflegegrad 3 sowie 1.800 € bei Pflegegrad 4 oder 5; 1.800 € gibt es auch bei „Hilflosigkeit“ (Merkzeichen H).
Wird eine Person von mehreren Angehörigen gepflegt, wird der Pauschbetrag strikt nach Köpfen aufgeteilt. Für den Pauschbetrag darf die Pflegeperson keine Einnahmen für die Pflege erhalten; die Identifikationsnummer der gepflegten Person muss in der Steuererklärung angegeben werden.
Wer reale Pflegekosten trägt (für sich selbst oder für Angehörige), kann diese als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 EStG absetzen – jedoch nur soweit die Ausgaben die „zumutbare Belastung“ übersteigen und nach Abzug aller Erstattungen (z. B. Pflege- und Krankenkasse, Beihilfe).
Bei Heimunterbringung aus Pflege- oder Krankheitsgründen sind nicht nur Pflege-, sondern regelmäßig auch Unterkunft und Verpflegung begünstigt. Anders bei reiner Altersunterbringung: Das sind normale Lebenshaltungskosten, die nicht unter § 33 fallen.
Daneben gibt es die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen (§ 35a EStG) – eine direkte Steuerermäßigung von 20 % der Aufwendungen (bis 4.000 € pro Jahr) für ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen im Haushalt.
Seit 1. Januar 2025 gilt: Auch für Pflege- und Betreuungsleistungen ist die Ermäßigung nur möglich, wenn eine Rechnung vorliegt und unbar auf das Konto des Leistungserbringers gezahlt wurde. Diese gesetzliche Verschärfung reagiert auf ein BFH-Urteil aus 2022 und gilt ausdrücklich für alle Ermäßigungen nach § 35a Abs. 2 und 3.
Pflege-Pauschbetrag: Für wen er sich eignet – und was er ausschließt
Der Pauschbetrag ist einfach, planbar und ohne Einzelnachweise der Kosten zu haben – er setzt aber persönliche, unentgeltliche Pflege in einer Wohnung voraus. Er wird anstelle eines Abzugs nach § 33 geltend gemacht.
Damit ist die Doppelnutzung ausgeschlossen: Wer den Pauschbetrag nimmt, kann dieselben Pflegeaufwendungen nicht zusätzlich als außergewöhnliche Belastungen ansetzen. Bei mehreren Pflegepersonen wird der Betrag aufgeteilt; maßgeblich ist die Zahl der Pflegepersonen, nicht deren Zeitanteil.
Praktisch wichtig: Pflegegeld, das Eltern für ein behindertes Kind erhalten, zählt beim Pflege-Pauschbetrag nicht als Einnahme der pflegenden Person; es steht der Gewährung des Pauschbetrags daher nicht entgegen.
Außergewöhnliche Belastungen: Eigene Pflege, Angehörigen-Pflege, Heimkosten
Wer eigene Pflegekosten trägt, kann diese grundsätzlich nach § 33 EStG geltend machen – von der ambulanten Pflegekraft über Tages-/Kurzzeitpflege bis zur Heimunterbringung aus Pflege- oder Krankheitsgründen. Immer sind Erstattungen der Pflege- oder Krankenkasse gegenzurechnen; nur der Nettoaufwand zählt, und erst oberhalb der individuell ermittelten „zumutbaren Belastung“ wirkt sich der Betrag steuermindernd aus.
Bei Heimunterbringung wegen Pflege- oder Krankheitsbedürftigkeit erkennt die Finanzverwaltung grundsätzlich alle Heimkosten als Krankheitskosten an – einschließlich Unterkunft und Verpflegung.
Allerdings wird eine „Haushaltsersparnis“ abgezogen, wenn der bisherige Haushalt aufgegeben wurde. Diese Ersparnis entspricht dem Unterhaltshöchstbetrag nach § 33a Abs. 1 EStG und wird tage- bzw. monatsgenau berücksichtigt.
Für 2025 beträgt sie 12.096 € pro Jahr (entspricht 1.008 € pro Monat bzw. 33,60 € pro Tag).
Zahlen Kinder die Heimkosten für ihre Eltern aus rechtlicher oder sittlicher Pflicht, sind diese regelmäßig als außergewöhnliche Belastungen nach § 33 abzugsfähig; eine künstliche Aufteilung in „Unterhalt“ und „Krankheitskosten“ ist unzulässig. Ein Wahlrecht zwischen § 33 und § 33a besteht nicht. Diese Linie hat u. a. das FG Köln 2017 bestätigt.
Wichtig ist die Abgrenzung zur reinen Altersunterbringung: Ziehen Menschen ohne Pflege- oder Krankheitsgrund in ein Senioren-/Altenheim, sind das regelmäßig nicht außergewöhnliche Belastungen.
Haushaltsnahe Pflege- und Betreuungsleistungen (§ 35a EStG): Was begünstigt ist – und wer geltend machen darf
Begünstigt sind personen- und haushaltsbezogene Pflege- und Betreuungsleistungen, die im Haushalt stattfinden. Seit der BFH-Rechtsprechung ist klargestellt: Bei ambulanten Leistungen kann die zahlende Person die Ermäßigung auch dann nutzen, wenn die Pflege im Haushalt der gepflegten Person erbracht wird – also z. B. die Tochter, die den Pflegedienst für die Mutter beauftragt und bezahlt.
Bei stationärer Unterbringung (Heim) steht die § 35a-Ermäßigung dagegen nur der untergebrachten Person selbst zu; Angehörige können stationäre Heimkosten nicht über § 35a geltend machen.
Seit 01.01.2025 gilt zudem zwingend: Rechnung und unbare Zahlung sind immer erforderlich – auch für Pflege- und Betreuungsleistungen. Vor 2025 war das umstritten; die Neuregelung im Jahressteuergesetz 2024 beseitigt diese Lücke ausdrücklich.
Keine Doppelbegünstigung: Sie müssen sich entscheiden
Aufwendungen dürfen nicht doppelt verwertet werden. Typische Kollisionen sind: Pflege-Pauschbetrag oder Abzug als außergewöhnliche Belastung; § 33 oder § 35a; außerdem schließen sich § 33 und der Behinderten-Pauschbetrag für dieselben Kosten aus.
Die Finanzverwaltung weist ausdrücklich darauf hin, dass Pflegekosten, die zugleich haushaltsnahe Dienstleistungen sind, nur einmal berücksichtigt werden dürfen – Sie wählen den günstigeren Weg.
Nachweise und Praxis
Für den Pflege-Pauschbetrag genügen der nachgewiesene Pflegegrad bzw. das Merkzeichen H, der Hinweis auf die unentgeltliche, persönliche Pflege und die Steuer-ID der gepflegten Person.
Für außergewöhnliche Belastungen sollten Sie Rechnungen, Zahlungsbelege, ggf. medizinische Nachweise sowie Bescheide der Pflegekasse bereithalten; Erstattungen sind gegenzurechnen. Für § 35a ist seit 2025 die Rechnung und unbare Zahlung zwingend; außerdem muss die Leistung im Haushalt (eigener oder des Pflegebedürftigen) erbracht werden.
Einordnung: Welcher Weg ist „am besten“?
Das hängt von Ihrer Situation ab. Der Pflege-Pauschbetrag lohnt sich, wenn Sie regelmäßig, unentgeltlich und persönlich pflegen und Ihre tatsächlichen Zusatzkosten eher unter den Pauschbeträgen liegen – oder wenn Sie den Nachweis einzelner Kosten vermeiden möchten.
§ 35a ist attraktiv bei ambulanten Leistungen mit Rechnung und Überweisung, weil die Steuerermäßigung direkt von der Steuerschuld abgezogen wird (20 % der Lohn-/Dienstleistungskosten bis 4.000 €). § 33 bringt in der Regel dann den größten Effekt, wenn hohe Netto-Pflegekosten anfallen (z. B. Heim), die zumutbare Belastung deutlich überschritten wird und nach Abzug der Haushaltsersparnis noch erhebliche Beträge verbleiben. Beachten Sie stets, dass eine Doppelberücksichtigung ausgeschlossen ist.
Wichtige Sonderpunkte im Überblick
Bei Pflege-Wohngemeinschaften gelten die Grundsätze der Heimunterbringung; auch hier ist ggf. eine Haushaltsersparnis zu berücksichtigen. Erstattungen aus Pflege-/Krankenversicherung mindern den § 33-Abzug.
Tabelle: Pflegekosten von der Steuer absetzen
| Kostenart | Wie absetzbar / Hinweise |
|---|---|
| Ambulante Pflege- und Betreuungsleistungen im Haushalt (Pflegedienst, Betreuung, Alltagsbegleiter, 24-Stunden-Betreuung im Haushalt) | Steuerermäßigung nach § 35a EStG: 20 % der Arbeits-/Fahrtkosten bis max. 4.000 € pro Jahr; nur mit Rechnung und unbarer Zahlung. Geltend machen kann die zahlende Person, auch wenn die Leistung im Haushalt der gepflegten Person erfolgt. |
| Haushaltsnahe Dienstleistungen im Pflegekontext (Reinigung, Wäsche, Kochen im Haushalt der pflegebedürftigen Person) | Ebenfalls § 35a EStG; begünstigt sind nur Arbeitsleistungen. Rechnung und Überweisung erforderlich; Materialanteile sind nicht begünstigt. |
| Unentgeltliche persönliche Pflege eines Angehörigen | Pflege-Pauschbetrag (§ 33b Abs. 6 EStG): 600 € (PG 2), 1.100 € (PG 3), 1.800 € (PG 4/5 oder Merkzeichen H) je Pflegeperson; Aufteilung bei mehreren Pflegepersonen; keine Vergütung für die Pflege zulässig. |
| Eigene ambulante Pflegekosten (z. B. Pflegedienst, Tages-/Kurzzeitpflege) nach Erstattungen | Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) mit Nachweisen; absetzbar, soweit die zumutbare Belastung überschritten ist. Erstattungen der Pflege-/Krankenkasse sind abzuziehen. |
| Heimunterbringung aus Pflege- oder Krankheitsgründen (inkl. Unterkunft & Verpflegung) | Als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG); Abzug einer Haushaltsersparnis, wenn der eigene Haushalt aufgegeben wurde. Erstattungen sind gegenzurechnen. |
| Von Kindern getragene Pflege-/Heimkosten für Eltern | Regelmäßig als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) abziehbar, wenn rechtliche oder sittliche Pflicht zur Kostentragung besteht; keine Aufteilung in Unterhalt und Krankheitskosten erforderlich. |
| Pflegehilfsmittel & medizinisch notwendige Hilfsmittel, soweit nicht erstattet | Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) bei medizinischer Notwendigkeit; Verordnungen/Belege aufbewahren. Zuzahlungen und Eigenanteile sind berücksichtigungsfähig. |
| Barrierefreie Umbaumaßnahmen (z. B. Badumbau, Treppenlift) aus gesundheitlichen Gründen | Außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG), wenn medizinisch notwendig; Kostennachweise, ggf. amts-/fachärztliche Bescheinigung. Zuschüsse mindern den Abzug. |
| Notwendige Transporte des Pflegebedürftigen zu Arzt, Therapie, Krankenhaus; Begleitfahrten | Als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG) mit Nachweisen; Ansatz nach tatsächlichen Kosten bzw. pauschalen Kilometersätzen, soweit medizinisch notwendig und nicht erstattet. |
| Mini-Job oder sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zur Pflege/Betreuung im Haushalt | § 35a EStG (haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse): 20 % der Aufwendungen; für Minijobs spezieller Höchstbetrag von 510 € pro Jahr, ansonsten Obergrenze 4.000 €; nur mit Anmeldung, Rechnung und unbarer Zahlung. |
Und: Bei rein altersbedingtem Einzug ins Heim sind die Kosten keine außergewöhnlichen Belastungen. Diese Leitplanken entstammen Verwaltungsanweisungen und Rechtsprechung der letzten Jahre.
Fazit: Ja – Pflegekosten lassen sich steuerlich geltend machen. Ob Pauschbetrag, außergewöhnliche Belastungen oder § 35a-Ermäßigung die beste Wahl ist, entscheidet der Einzelfall: Art der Pflege, Ort der Leistung, Höhe der Kosten, Erstattungen und seit 2025 auch die Formvorschriften (Rechnung/Überweisung) bei haushaltsnahen Pflege- und Betreuungsleistungen. Wer die Spielregeln kennt und sauber dokumentiert, vermeidet Doppelansprüche – und holt das Maximum an steuerlicher Entlastung heraus.




