Hohes Armutsrisiko im Osten

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In Ostdeutschland sind die Menschen häufiger von Armut betroffen

22.09.2011

Nach Angaben des statistischen Bundesamtes in Wiesbaden ist das Armutsrisiko im Osten Deutschlands deutlich höher, als im Westen. In Ostdeutschland waren 2010 etwa 19 Prozent der Einwohner akut von Armut bedroht, während in den alten Bundesländern zusammengefasst 13,3 Prozent der Menschen armutsgefährdet galten. Dramatisch zeigt sich nach wie vor die Situation in Mecklenburg-Vorpommern. Hier lag die Armutsquote bei 22,9 Prozent (im Vergleich 2005: 24,1 Prozent), gefolgt von Sachsen-Anhalt mit 19,8 Prozent.

Laut Auswertungen des statistischen Bundesamtes sind die Menschen in Ostdeutschland nach vor stärker von Armut betroffen, als im Westen. In der Gesamterfassung waren die Einwohner im Osten zu 19 Prozent armutsgefährdet. Im Westen lag die Quote hingegen bei 13,3 Prozent.

Das Statistische Bundesamt (Destatis) hat heute die im Rahmen des Projekts „Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik“ auf Basis des Mikrozensus für das Jahr 2010 berechneten Armutsgefährdungsquoten veröffentlicht. „Gemäß der Definition der Europäischen Union gelten Menschen als armutsgefährdet, die mit weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens (Median) der Gesamtbevölkerung auskommen müssen. Nach den Ergebnissen des Mikrozensus 2010 galten demnach im Jahr 2010 Einpersonen-Haushalte mit einem monatlichen Einkommen von weniger als 826 Euro als armutsgefährdet.“

Bayern erstmals auf Rang 1 der Positiv-Liste
In der anhängenden BIAJ-Tabelle ist die Entwicklung der Armutsgefährdung von 2005 bis 2010 in der Bundesrepublik Deutschland, in West- und Ostdeutschland und den 16 Ländern differenziert nach Geschlecht dargestellt. Im Positiv-Ranking reichen die Armutsgefährdungsquoten der Bevölkerung insgesamt von 10,8 Prozent in Bayern und 11,0 Prozent in Baden-Württemberg bis 21,1 Prozent in Bremen (Rang 15) und 22,4 Prozent in Mecklenburg-Vorpommern (Rang 16,
wie in allen Jahren des Beobachtungszeitraums).

Armutsgefährdung der weiblichen Bevölkerung:
Nur noch in Berlin lag 2010 nach den Berechnungen der Statistischen Ämter des Bundes und der
Länder die Armutsgefährdungsquote der weiblichen Bevölkerung unter der Armutsgefährdungsquote der männlichen Bevölkerung. (Frauen: 18,2%; Männer: 20,3%)
Das Land Bremen war bis 2009 das einzige westdeutsche Land, in dem die Armutsgefährdungsquote der weiblichen Bevölkerung im Beobachtungszeitraum immer unter der Armutsgefährdungsquote der männlichen Bevölkerung lag. Im Jahr 2010 wurde auch hier für die weibliche Bevölkerung (21,5%) eine höhere Armutsgefährdungsquote ermittelt als für die männliche Bevölkerung (20,6%).

Hamburg von Rang 9 (2005) auf Rang 4 (2010)
Während sich die Armutsgefährdungsquote in Brandenburg im Vergleich 2005-2010 absolut am deutlichsten positiv verändert hat (um 2,9 Prozentpunkte von 19,2% auf 16,3%) ist dies im Positiv-Ranking der Länder die Freie und Hansestadt Hamburg. Sie stieg von Rang 9 (2005) auf Rang 4 (2010).

Hartz IV Bezieher und Alleinerziehende am häufigsten von Armut betroffen
Das höchste Risiko von Armut betroffen zu sein – wer hätte es auch anders gedacht – hatten Hartz IV Bezieher gefolgt von Alleinerziehenden und deren Kindern. Seit Jahren kritisieren Erwerbslosenverbände und Sozialinitiativen den nicht armutsfesten Hartz IV Regelsatz.

Insgesamt betrachtet lag die Armutsgefährdungsquote in Deutschland im vergangenen Jahr bei 14,5 Prozent. Das Armutsrisiko in Ostdeutschland sank im Vergleich zu 2005 um etwa ein Prozent. In Westdeutschland blieben die Werte hingegen unverändert. Am stärksten sank die Quote im Verglich in Brandenburg auf derzeit 16,3 Prozent. Zuvor war die Armutsquote 2005 um drei Prozent höher.

Im Zuge der Berichterstattung kritisierte der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB), dass viele Menschen trotz Erwerbstätigkeit „arm sind“. Der Hauptgrund für diese Tatsache bestehe in der Ausweitung des Niedriglohnsektors. Das sei „politisch gewollt“ wie DGB-Vorstandsmitglied Claus Matecki gegenüber der Nachrichtenagentur „dapd“ sagte. Der Gewerkschafter wies darauf hin, dass Arbeitnehmer im Osten nur über einen Effektivlohn von 83 Prozent gegenüber dem Westen erhielten. Um die Binnennachfrage zu stärken, müssten unweigerlich die Einkommen erhöht werden. Ferner sind weitere öffentliche Investitionen in Bildung und Infrastruktur notwendig, um das Ungleichgewicht zwischen Ost und West aufzuheben. Roland Claus (Die Linke) sprach von einem „gesellschaftlichen Skandal“. Die neuerlichen Zahlen zeigen, wie verfehlt die Lohn- und Sozialpolitik der schwarz-gelben Koalition ist. (sb, Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung und Jugendberufshilfe)

Bild: Gerd Altmann/ AllSilhouettes.com / pixelio.de