Der Regelsatz des ALG II soll das soziokulturelle Existenzminimum sichern, zu welchem die BRD lt. Grundgesetz Art. 1 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 1 verpflichtet ist. (Siehe dazu auch Rechtsgutachten von Prof. Dr. Wolfgang Däubler: "Die Regelleistung des § 20 Abs. 2 SGB II – ein Verfassungsverstoß? ".) Die Höhe des ALG II wurde auf der Basis der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) von 2003 berechnet, d.h. es wurde Einkommen und Verbrauch der unteren 20% der Bevölkerung (ohne
Sozialhilfeempfänger) zugrunde gelegt. Ob dies wirklich zutrifft, wird vielfach angezweifelt, da der Regelsatz im Vergleich zur früheren
Sozialhilfe unbegründet deutlich geringer wurde.
Der Anteil für Strom in der alten Sozialhilfe im Jahr 2003 betrug 24,40 Euro/Monat, im ALG II sind 20,74 Euro/Monat enthalten = Kürzung um 15%; im Jahr 2003 für Nahrung in der alten Sozialhilfe waren 5,31 Euro/Tag enthalten, im ALG II sind es 4,23 Euro/Tag = Kürzung um 21%. (Quelle)
Offensichtlich wurde die Berechnung im Jahr 2003 nicht nach dem tatsächlichen Bedarf sondern der Methode: "Sagen sie mir, was sie raus haben wollen, ich rechne es ihnen hin." ermittelt. Denn unstrittig sollte Hartz IV nicht der Verringerung der Arbeitslosen sondern
lediglich der Verringerung der Kosten für Arbeitslose dienen. Das ist in verschiedenen Arbeitspapieren der Hartz-Kommission und der CDU zu lesen, in denen u.a. auch spekuliert wird, wie viele Arbeitslose gegen welche Auflagen verstoßen werden, dann sanktioniert werden und wie viel Geld sich damit sparen lässt.
Selbst wenn man das alles ignoriert und von einer im Jahr 2003 korrekt berechneten Regelsatzhöhe ausgeht, war diese trotzdem mit Einführung des ALG II im Jahr 2005 aufgrund der zwischenzeitlichen Preiserhöhungen bereits zu gering, um das soziokulturelle Existenzminimum im Jahr 2005 zu decken. Die Inflationsraten in Deutschland waren: 2003 = 1,1%; 2004 = 1,6%; 2005
= 2,0%; 2006 = 1,7%; 06/2007 = 1,9%; Quelle: Statistisches Bundesamt
Darauf aufbauend hätte die Regelsatzhöhe 2005 bereits 356 Euro betragen müssen. Statt der Erhöhung im Juli 2007 auf 347 Euro, hätte der Regelsatz auf 376 Euro angehoben werden müssen – allein aufgrund der Inflationsraten seit 2003 – und da sind die Preiserhöhungen seit Juli 2007 noch nicht berücksichtigt, welche die Inflationsrate für 2007 weiter wachsen lässt.
Wenn man die willkürlichen und realitätswidrigen Kürzungen bei Nahrung, Strom usw. gegenüber der alten Sozialhilfe berücksichtigt, hätte die Regelsatzhöhe, aufbauend auf der Sozialhilfe von 2003, bereits bei der Berechnung im Jahr 2003 mit 414 Euro angesetzt werden müssen und müsste, der allgemeinen Preisentwicklung (Inflationsrate) folgend, heute 452 Euro betragen.
Nur mit der Berücksichtigung und Anpassung des ALG II an die Inflationsrate kann der Staat seiner Pflicht zur Sicherung des soziokulturellen Existenzminimums nachkommen. Das Bundesverfassungsgericht hat für die nicht hinreichende Existenzsicherung im Steuerrecht ausgeführt, dass die Dringlichkeit einer Haushaltssanierung als Rechtfertigung nicht in Betracht komme (Beschluss vom 29. Mai 1990 – Az.: 1 BvL 20/86 u.a. = BVerfGE 82, 60, 89). Dies lässt sich analog auch auf das soziokulturelle Existenzminimum
des SGB II anwenden. Daraus folgt, dass die gegenwärtige Höhe des Regelsatzes nicht nur zu deutlich zu gering sondern auch
verfassungswidrig ist. (gegen-hartz.de, 25.08.07)
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