Erbschaft mindert grundsätzlich Hartz IV-Anspruch

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Noterielles Testament könnte Ausweg bedeuten

27.08.2012

Laut eines Urteils des Bundessozialgerichts in Kassel, ist eine Erbschaft im Grundsatz als Einkommen bei Hartz IV oder der Sozialhilfe anzurechnen (Aktenzeichen: B 14 AS 101/11 R), wenn sich Erbfall nach der Antragstellung auf das Arbeitslosengeld II ereignet. Das bedeutet, dass der Hartz IV Anspruch mit der Erbschaft grundsätzlich verrechnet wird. Daher empfiehlt der „Informationsdienst Recht und Notar“ mittels eines notariellen Testaments eine rechtzeitige Vorsorge zu treffen, wenn die Erben Hartz IV oder Sozialhilge Bezieher sind.

Eine besondere Gestaltung und juristische Beratung bei der Testamentserrichtung ist nach Meinung des Informationsdienstes angezeigt, wenn die Erben aufgrund von Alter, Krankheit, Behinderung oder – wie in dem der Entscheidung des Bundessozialgerichts zugrundeliegenden Fall – Arbeitslosigkeit auf Sozialleistungen angewiesen sind. „Zwar können auch diese Personen ohne Weiteres Erben werden“, sagt Daniel Wassmann, Geschäftsführer der Notarkammer Pfalz, „doch kommt dann der Nachlass nicht ihnen, sondern letztlich der Staatskasse zu Gute.“ Denn im Sozialrecht gilt der sog. Nachranggrundsatz. Wassmann: „Dieser bedeutet, dass Sozialleistungen nur dann gewährt werden, wenn der Anspruchsteller seinen Lebensunterhalt nicht aus eigener Kraft, also durch eigenes Vermögen oder Einkommen, bestreiten kann.“

Eigenes Einkommen ist dabei grundsätzlich in vollem Umfang auf die beantragten Sozialleistungen anzurechnen. Beim Vermögen wird hingegen zwischen sog. Schonvermögen, wie z.B. einer angemessenen, selbstgenutzten Immobilie oder Vermögen zum Aufbau einer angemessenen Alterssicherung, und dem sonstigen, anrechnungspflichtigen Vermögen unterschieden. „Die durch das Bundessozialgericht vorgenommene Einordnung einer Erbschaft als Einkommen führt also dazu, dass die Verschonungsvorschriften für bestimmte Vermögensarten keine Anwendung finden und die Erbschaft komplett auf die Sozialleistungen zu anzurechnen ist“, gibt Wassmann zu bedenken.

Eine Enterbung des Beziehers von Sozialleistungen ist hierbei auch keine geeignete Lösung. Denn diesem stehen, wenn es sich um ein Kind des Erblassers handelt, Pflichtteilsansprüche zu, die der Sozialleistungsträger auf sich überleiten und damit geltend machen kann. Zwar ist es auch möglich, einen notariellen Pflichtteilsverzichtsvertrag zu schließen. Doch ist noch nicht sicher abzusehen, ob ein solcher Vertrag in allen Fällen vor Gericht Bestand hätte oder als sittenwidrig verworfen würde. Hinzutritt, dass häufig die vollständige Enterbung und der Pflichtteilsverzicht des hilfebedürftigen Kindes weder dem Willen des Erblassers noch dem Wunsch des Kindes entsprechen dürften.

„Es gibt verschiedene Wege, die Ziele des Erblassers mit der sozialrechtlichen Problematik in Einklang zu bringen. Die in diesem Zusammenhang häufig erwähnte Anordnung einer Vor- und Nacherbschaft mit gleichzeitiger Testamentsvollstreckung ist nur eine dieser Möglichkeiten“, erläutert Wassmann. „Der mit der Testamentsgestaltung beauftragte Notar muss daher stets den konkreten Einzelfall mit allen seinen Facetten betrachten und im Gespräch mit den Beteiligten eine maßgeschneiderte Lösung erarbeiten.“ (pm)