Der Anspruch auf eine Erstausstattung ist im Bürgergeld-Recht verankert: § 24 Absatz 3 SGB II zählt einmalige Bedarfe auf, die nicht vom monatlichen Regelbedarf gedeckt sind und deshalb gesondert beantragt werden können.
Dazu gehört die „Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten“, aber auch Kleidung oder Bedarfe bei Schwangerschaft und Geburt. Die Leistung kann als Geld- oder Sachleistung und auch pauschaliert erbracht werden, wie der Gesetzestext ausdrücklich erlaubt.
Wann entsteht überhaupt ein Anspruch auf Erstausstattung?
Eine Erstausstattung setzt keine bestimmte Dauer des Bürgergeld-Bezugs voraus, sondern einen konkreten, „erstmaligen“ Bedarf.
Das kann die allererste eigene Wohnung nach dem Auszug aus dem Elternhaus sein, ebenso aber eine neue Wohnung nach Trennung, Wohnungslosigkeit, Inhaftierung oder einem Wohnungsbrand.
Entscheidend ist, dass die benötigten Gegenstände bislang nicht vorhanden sind – gewöhnlicher Verschleiß fällt nicht darunter und muss aus dem Regelbedarf finanziert werden.
Die Fachanweisung des Jobcenters Kreis Warendorf fasst das als „Starterpaket“ zusammen: Nur der Grundbedarf, nicht die optimale Ausstattung ist gedeckt.
Wie legen Jobcenter die Höhe der Pauschalen fest?
In der Praxis arbeiten Jobcenter mit Pauschalbeträgen, die sie aus lokalen Marktanalysen ableiten.
Der Kreis Warendorf etwa bewilligt seit 1. Juli 2024 für eine alleinstehende Person 812 Euro für Möbel (einschließlich Küchenschränke und Spüle), 180 Euro für Haushaltsgeräte und 200 Euro für Hausrat; jede weitere erwachsene Person erhöht die Möbelpauschale um 231 Euro. Diese Summen sollen es erlauben, einfache gebrauchte Einrichtungsgegenstände zu beschaffen.
Im Beratungsfall ergaben vergleichbare Pauschalen einen Gesamtbetrag von 2 010 Euro, der vorab auf das Konto überwiesen wurde – unter der Auflage, dass die Mittel ausschließlich für den genannten Zweck eingesetzt werden.
Das zeigt, wie unterschiedliche Bedarfe von den Jobcenter berechnet werden.
Tabelle: Was kann als Erstausstattung in welcher Höhe beim Jobcenter beantragt werden?
Gegenstand / Kategorie | Pauschale bzw. Einzelbetrag in € |
Mobiliar inkl. Küchenschränke & Spüle (Einzelperson) | 812 |
Mobiliar ohne Küchenschränke & Spüle (Einzelperson) | 642 |
Mobiliar je weitere erwachsene Person | 231 |
Mobiliar je Kind ab 7 Jahren | 301 |
Mobiliar je Kind bis 6 Jahren | 181 |
Haushaltsgeräte (Einzelperson) | 180 |
Haushaltsgeräte-Zuschlag bei 2 – 3 Personen (4-Platten-Herd) | + 20 |
Haushaltsgeräte-Zuschlag ab 4 Personen (Neu- statt Gebrauchtgeräte) | + 70 |
Hausrat (Starterpaket, Einzelperson) | 200 |
Hausrat je weitere Person | 30 |
Erstausstattung Bekleidung bis 15 Jahre | 270 |
Erstausstattung Bekleidung ab 16 Jahre (männlich) | 320 |
Erstausstattung Bekleidung ab 16 Jahre (weiblich) | 355 |
Schwangerschaftsbekleidung | 170 |
Säuglingserstausstattung | 300 |
Couch | 100 |
Bettgestell Einzelbett | 70 |
Matratze | 60 |
Tisch (Wohn- oder Küche) | 30 |
Schrank/Anrichte (Wohnzimmer) | 100 |
Kühlschrank gebraucht (1 – 3 Personen) | 60 |
Herd gebraucht (2 – 3 Personen) | 80 |
Waschmaschine gebraucht (1 – 3 Personen) | 100 |
Doppelkochplatte (Einzelperson) | 20 |
Anmerkung: Die aufgeführten Beträge stammen aus den aktuell gültigen Richtlinien des Jobcenters Kreis Warendorf und können je nach Kommune oder Landkreis abweichen; sie geben jedoch einen realistischen Rahmen dafür, welche Summen deutschlandweit typischerweise anerkannt werden.
Welche Gegenstände zählt die Rechtsprechung zur Erstausstattung – und welche nicht?
Zu einer menschenwürdigen Wohnung gehören Schlaf-, Aufbewahrungs- und Sitzmöbel, ein Tisch, Beleuchtung, einfache Bodenbeläge sowie unentbehrliche Haushaltsgeräte wie Herd und Kühlschrank, sofern sie nicht bereits mietvertraglich gestellt werden.
Ein Fernseher dagegen gilt nicht als grundlegendes Bedürfnis; das Bundessozialgericht hat dies 2011 endgültig entschieden (Az. B 14 AS 75/10 R). Auch Computer, Wasserkocher oder Garderobenleisten werden von vielen Jobcentern abgelehnt, weil sie nach ihrer Auslegung nicht dem elementaren Bedarf „Essen, Schlafen, Aufenthalt“ dienen.
Für derartige Posten kann allenfalls ein Darlehen beantragt werden; ein Rechtsanspruch auf Zuschuss besteht nicht.
Warum kürzen oder verweigern Jobcenter häufig die beantragte Summe?
Die Jobcenter haben bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs „Erstausstattung“ über Ermessensspielraum.
Gleichzeitig unterscheiden sich die Pauschalen regional deutlich, weil sie an lokale Gebrauchtwarenpreise anknüpfen.
In der Folge fällt die Bewilligungspraxis nicht nur zwischen Bundesländern, sondern sogar zwischen Landkreisen unterschiedlich aus. Hinzu kommt, dass Sachbearbeiter prüfen müssen, ob einzelne Gegenstände bereits vorhanden sind, was naturgemäß Anknüpfungspunkte für Zweifel bietet.
Welche Rechte haben Leistungsberechtigte, wenn ihr Antrag gekürzt wird?
Gegen einen ablehnenden oder teilweise ablehnenden Bescheid kann innerhalb von einem Monat Widerspruch erhoben werden; wird diesem nicht abgeholfen, folgt die Klage beim zuständigen Sozialgericht. Der Rechtsschutz ist kostenfrei.
Die Erfahrung vieler Beratungsstellen zeigt: Hartnäckigkeit lohnt sich. Ein Betroffener aus der Beratungspraxis erhielt nach Widerspruch und Klage nicht nur einen neuen Bescheid, sondern auch die volle Pauschale für zwei Erwachsene und ein Kind zugesprochen – ein Ergebnis, das ohne Beharrlichkeit kaum erreichbar gewesen wäre.
Müssen Quittungen eigentlich vorgelegt werden?
Rechtlich darf das Jobcenter den Nachweis verlangen, dass die Mittel zweckentsprechend verwandt wurden; die Fachanweisungen sehen als ultima ratio sogar die Rückforderung nicht genutzter Beträge vor.
In der Praxis fordern manche Dienststellen Kaufbelege an, andere begnügen sich mit stichprobenartigen Kontrollen oder einer eidesstattlichen Erklärung. Wer auf Nummer sicher gehen will, sammelt Quittungen mindestens sechs Monate lang.
Antrag rechtzeitig stellen
Erstens: Den Antrag frühzeitig, formlos und nachweisbar stellen – per Fax oder gegen Empfangsbestätigung.
Zweitens: Ablehnungen nicht hinnehmen.
Drittens: Im Verfahren transparent bleiben, realistische Kostenvoranschläge vorlegen und gebrauchte Möbel einkalkulieren.
Und schließlich: Sich nicht entmutigen lassen, wenn die Behörde mit pauschalen Formulierungen wie „kein Gegenstand der Erstausstattung“ argumentiert.
Ohne aktives Einfordern bleibt das Recht auf dem Papier; mit einem sachlich begründeten Widerspruch und, wenn nötig, einer Klage steigen die Erfolgschancen spürbar.
Was sollten Betroffene jetzt tun?
Wer eine Wohnung neu ausstattet, sollte umgehend einen Antrag nach § 24 Abs. 3 SGB II stellen, sich vorab bei Beratungsstellen erkundigen, regionale Pauschalen vergleichen und alle Schriftstücke gut archivieren.
Sollten Positionen fehlen oder Beträge offenkundig zu niedrig sein, empfiehlt sich der Widerspruch innerhalb der Frist.
Die Sozialgerichte urteilen regelmäßig zugunsten der Leistungsberechtigten, wenn Jobcenter ihre Ablehnungen nicht nachvollziehbar begründen.
Muster‑Antrag auf Erstausstattung nach § 24 Abs. 3 SGB II
Ersetzen Sie alle kursiv gesetzten Platzhalter durch Ihre persönlichen Daten.
Vor‑ und Nachname
Straße Hausnummer
PLZ Ort
Jobcenter <Name des Jobcenters>
<Abteilung>
<Anschrift des Jobcenters>
Ort, <Datum>
Betreff: Antrag auf Gewährung einer Erstausstattung für die Wohnung
gemäß § 24 Abs. 3 SGB II
Sehr geehrte Damen und Herren,
hiermit beantrage ich die Bewilligung einer Erstausstattung für meine neue Wohnung.
Ich beziehe Bürgergeld unter der Bedarfsgemeinschafts‑Nr. <BG‑Nummer> und werde am
<Einzugsdatum> in die Wohnung <Straße, Hausnummer, PLZ, Ort> einziehen.
1. Anlass des Antrags
Bislang verfüge ich über kein eigenes Mobiliar oder Hausrat. Die neue Wohnung stellt
meine erste eigene Unterkunft nach <Begründung, z. B. Auszug / Trennung / Brand> dar.
Der Bedarf ist daher „erstmalig“ im Sinne des § 24 Abs. 3 SGB II.
2. Erforderliche Gegenstände und beantragte Pauschalen
Auf Grundlage der aktuell gültigen Richtlinien des Jobcenters <Name> bitte ich um
Anerkennung folgender Pauschalen (Stand: <Monat Jahr>):
Kategorie Pauschale in €
Mobiliar (1 Person) 812
Haushaltsgeräte 180
Hausrat 200
Gesamtbetrag 1 192
Sollten inzwischen andere Pauschalbeträge gelten, bitte ich um deren Berücksichtigung.
3. Zahlungsmodalitäten
Ich beantrage die Auszahlung als Geldleistung im Voraus auf folgendes Konto:
Kontoinhaber: <Name>
IBAN: <IBAN>
BIC: <BIC>
4. Nachweise/Anlagen
• Mietvertrag (Kopie)
• Meldebestätigung (sofern vorhanden)
• Kontoauszug (IBAN‑Nachweis)
Selbstverständlich werde ich die bewilligten Mittel ausschließlich zweckentsprechend
verwenden und auf Anforderung Belege vorlegen.
Ich bitte um eine schriftliche Entscheidung innerhalb der gesetzlichen Frist
und stehe für Rückfragen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
(Unterschrift)
<Name>
Telefon: <Nummer> E‑Mail: <Adresse>
Hinweis: Dieses Muster erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit
oder Rechtsverbindlichkeit im Einzelfall.
Und danach?
Ist die Erstausstattung bewilligt, lohnt ein prüfender Blick auf den Bescheid. Stimmen die Personenzahl und die Pauschalen? Sind Auflagen verständlich formuliert? Dann heißt es, günstig einkaufen, Quittungen sichern – und sich in der neuen Wohnung endlich einrichten. Damit wäre erreicht, was das Gesetz eigentlich will: ein menschenwürdiges Wohnen von Anfang an.