Monatlich 367 Euro mehr Rente wenn der V0800 Antrag ausgefüllt wurde

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Viele Rentenversicherte kennen den Moment: Die jährliche Renteninformation liegt im Briefkasten, die Hochrechnung wirkt nüchtern, manchmal sogar enttäuschend. Wer Phasen mit Teilzeit, Erwerbsunterbrechungen oder geringerem Einkommen hatte, spürt die Lücken besonders. Gerade Eltern unterschätzen dabei häufig, dass die gesetzliche Rentenversicherung Kindererziehung ausdrücklich als rentenrechtliche Zeit behandelt.

Das ist keine symbolische Anerkennung, sondern kann sich messbar in Entgeltpunkten und damit in Euro ausdrücken. Bei drei Kindern kann das – je nach Konstellation – in der Größenordnung von rund 367 Euro zusätzlicher monatlicher Bruttorente liegen, ohne dass dafür nachträglich Beiträge eingezahlt werden müssten.

Kindererziehungszeit: Beitragszeit ohne eigenen Beitrag

Kindererziehungszeiten sind in der gesetzlichen Rentenversicherung Pflichtbeitragszeiten. Hinter diesem Begriff steckt ein politischer Ausgleich: Wer ein Kind erzieht, soll im Rentenkonto nicht so behandelt werden, als hätte er oder sie in dieser Phase „nichts“ getan. Rentenrechtlich wird die Erziehungszeit so bewertet, als wäre in dieser Zeit ein Einkommen in Höhe des Durchschnittsverdienstes aller Versicherten erzielt worden.

Das ist der entscheidende Punkt, weil Entgeltpunkte im Grundsatz genau daraus entstehen: aus dem Verhältnis des eigenen, beitragspflichtigen Einkommens zum Durchschnittseinkommen.

Für Kinder, die 1992 oder später geboren wurden, werden bis zu 36 Kalendermonate Kindererziehungszeit berücksichtigt. Die Zeit beginnt nicht am Geburtstag selbst, sondern nach Ablauf des Geburtsmonats. Für Kinder, die vor 1992 geboren wurden, fällt die anrechenbare Kindererziehungszeit geringer aus und beträgt bis zu 30 Monate.

Im Alltag wird dieser Bereich oft unter dem Schlagwort „Mütterrente“ verhandelt, tatsächlich geht es jedoch rentenrechtlich um die Bewertung von Kindererziehung in Entgeltpunkten und um die Frage, welchem Elternteil die Zeit zugeordnet wird.

Entgeltpunkte verständlich: Warum drei Jahre oft drei Punkte bedeuten

Ein Entgeltpunkt entspricht vereinfacht gesprochen dem Rentenanspruch, den man erhält, wenn man ein Jahr lang genau den durchschnittlichen Bruttolohn aller Versicherten erzielt und darauf Rentenbeiträge gezahlt hat. Weil Kindererziehungszeiten wie Pflichtbeiträge aus Durchschnittsverdienst bewertet werden, ergibt ein Jahr Kindererziehung rechnerisch nahezu einen Entgeltpunkt. Bei drei Jahren pro Kind läppert sich das zu einer spürbaren Summe.

Für drei Kinder, die alle 1992 oder später geboren wurden, ist die Rechnung in der Grundform schnell nachvollziehbar: Drei Jahre Kindererziehungszeit je Kind ergeben insgesamt neun Entgeltpunkte, sofern die Zeiten einer Person zugeordnet sind und vollständig im Versicherungskonto stehen.

Dieser Punkt „sofern“ ist in der Praxis wichtig, denn Anspruch, Zuordnung und korrekte Kontoführung entscheiden darüber, ob die rechnerische Maximalwirkung später auch tatsächlich in der Rentenzahlung ankommt.

„367 Euro mehr“: warum sie nicht für alle gleich ausfällt

Der Wert eines Entgeltpunkts hängt am sogenannten aktuellen Rentenwert. Dieser wird regelmäßig zum 1. Juli angepasst. Seit einigen Jahren gilt ein bundeseinheitlicher Rentenwert, wodurch die früheren Unterschiede zwischen alten und neuen Bundesländern entfallen.

Seit dem 1. Juli 2025 beträgt der aktuelle Rentenwert 40,79 Euro pro Entgeltpunkt. Setzt man die neun Entgeltpunkte aus drei Kindern dagegen, ergibt sich rechnerisch eine zusätzliche monatliche Bruttorente von 9 × 40,79 Euro, also 367,11 Euro. Über zwölf Monate betrachtet entspricht das einem Betrag von rund 4.405 Euro brutto.

Diese Zahl ist greifbar – sie sollte aber nicht als Garantiewert verstanden werden. Zum einen verändert sich der Rentenwert mit jeder Anpassung, zum anderen ist die spätere Auszahlung immer eine Bruttorente.

Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung der Rentner sowie eine mögliche Steuerpflicht hängen von der individuellen Situation ab. Außerdem können Abschläge bei einem vorgezogenen Rentenbeginn die Gesamtleistung mindern. Die Entgeltpunkte bleiben zwar bestehen, aber die Rentenformel berücksichtigt den Zeitpunkt und die Art der Rente.

Praxisbeispiel: So kann sich die Rente erhöhen

Nehmen wir an, eine Mutter in Hannover bekommt in ihrer Rentenauskunft eine voraussichtliche gesetzliche Bruttorente von 1.450 Euro pro Monat ausgewiesen. Sie hat drei Kinder, alle ab 1992 geboren, und stellt beim Prüfen ihres Rentenkontos fest, dass die Kindererziehungszeiten noch nicht vollständig gespeichert sind. Nach der Kontenklärung werden ihr die vollen Zeiten anerkannt.

Dadurch kommen drei Entgeltpunkte je Kind hinzu, zusammen also neun Entgeltpunkte. Beim aktuellen Rentenwert von 40,79 Euro ergibt das 9 × 40,79 Euro = 367,11 Euro zusätzliche Bruttorente pro Monat. Aus den ursprünglich 1.450 Euro werden damit rechnerisch 1.817,11 Euro brutto monatlich. Wie viel davon später netto ankommt, hängt dann von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen sowie der steuerlichen Situation ab, aber der Aufwuchs im Rentenanspruch ist durch die zusätzlichen Entgeltpunkte dauerhaft angelegt.

Wo in der Praxis Stolpersteine liegen: Zuordnung, parallele Erwerbsarbeit und Beitragsbemessungsgrenze

Der häufigste Irrtum ist die Annahme, Kindererziehungszeiten würden immer automatisch und vollständig „irgendwie“ eingetragen. Tatsächlich werden sie zwar grundsätzlich berücksichtigt, in der Praxis fehlen jedoch in vielen Rentenkonten Monate, weil Nachweise nicht vorlagen, Daten nicht sauber übernommen wurden oder eine Zuordnungsfrage offen blieb. Das kann sich Jahrzehnte später rächen, weil fehlende Monate nicht nur die Rentenhöhe beeinflussen können, sondern in bestimmten Fällen auch Wartezeiten für spezielle Rentenarten.

Auch die Zuordnung ist ein echter Knackpunkt. Rentenrechtlich kann zur selben Zeit immer nur eine Person von Kindererziehungszeiten profitieren.

Bei gemeinsamer Erziehung ordnet das System die Zeit ohne besondere Erklärung grundsätzlich der Mutter zu. Abweichungen sind möglich, aber sie müssen rechtlich sauber erklärt oder anhand der tatsächlichen überwiegenden Erziehung begründet werden.

Zudem ist zu beachten, dass eine solche Erklärung nach der Verwaltungspraxis nur für die Zukunft und lediglich begrenzt rückwirkend wirkt. Wer erst viele Jahre später feststellt, dass eine andere Zuordnung günstiger gewesen wäre, stößt deshalb schnell an Grenzen.

Ein weiterer Punkt, der oft falsch eingeschätzt wird, betrifft Eltern, die während der Kindererziehung weiterarbeiten. Wer erzieht und zugleich rentenversicherungspflichtig beschäftigt ist, verliert die Kindererziehungszeiten nicht.

Die Rentenversicherung bewertet die Kindererziehungszeit als Pflichtbeitrag, der zusätzlich zu eigenen Beiträgen wirken kann, allerdings nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze. Wer ohnehin sehr hohe beitragspflichtige Einkommen erzielt, kann durch die Kindererziehungszeit nicht unbegrenzt „oben drauf“ sammeln, weil das System eine Obergrenze für beitragspflichtige Entgeltpunkte pro Jahr kennt.

Der Antrag V0800: Warum Kontenklärung mehr ist als Bürokratie

In vielen Fällen entscheidet nicht die Rechtslage, sondern die Aktenlage. Kindererziehungszeiten werden im Rentenkonto nur dann sicher berücksichtigt, wenn sie dort korrekt vorgemerkt sind. Genau dafür ist der Antrag V0800 vorgesehen, der als Kontenklärungsinstrument für Kindererziehungszeiten und Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung dient. Der Antrag ist kostenlos und kann online oder in Papierform gestellt werden.

Wichtig ist der Zeitpunkt: Je früher die Kontenklärung erfolgt, desto eher lassen sich Unstimmigkeiten beheben, Unterlagen beschaffen und fehlerhafte Zuordnungen klären. Wer erst kurz vor Rentenbeginn beginnt, das Konto zu prüfen, gerät leicht unter Zeitdruck. Dabei geht es nicht nur um die Höhe der späteren Zahlung, sondern gelegentlich auch um die Frage, ob bestimmte rentenrechtliche Mindestzeiten überhaupt erfüllt sind.

„Mütterrente“ und Väter: Was möglich ist – und was nachgewiesen werden muss

Der umgangssprachliche Begriff „Mütterrente“ verstellt manchmal den Blick darauf, dass Kindererziehungszeiten nicht exklusiv an Mütter gebunden sind. Rechtlich ist die Zuordnung an den erziehenden Elternteil geknüpft.

Wenn ein Vater das Kind überwiegend erzieht, können ihm die Zeiten zugeordnet werden. Bei gemeinsamer Erziehung ist eine übereinstimmende Erklärung beider Eltern möglich, um die Zuordnung abweichend festzulegen. In der Praxis wird dieses Instrument genutzt, wenn es etwa wegen unterschiedlicher Versicherungsverläufe sinnvoll ist, die Entgeltpunkte dem Elternteil gutzuschreiben, dessen Rentenkonto dadurch stärker profitiert.

Gerade bei Paaren mit sehr unterschiedlichen Einkommen und Arbeitsbiografien kann die Zuordnung eine spürbare Langzeitwirkung haben. Allerdings ist die Entscheidung nicht frei gestaltbar wie ein privater Vertrag. Sie folgt Regeln, Fristen und der Logik, dass zur selben Zeit nur ein Elternteil Kindererziehungszeiten erhalten kann. Wer hier optimieren will, sollte nicht auf Hörensagen bauen, sondern die eigene Kontensituation prüfen lassen.

Berücksichtigungszeiten: Die zweite, oft übersehene Wirkung von Kindererziehung

Neben den eigentlichen Kindererziehungszeiten gibt es Berücksichtigungszeiten wegen Kindererziehung. Sie wirken anders: Sie erhöhen nicht automatisch im gleichen direkten Sinn die Entgeltpunkte wie die Kindererziehungszeit, können aber für Wartezeiten, Rentenarten und die Bewertung anderer Zeiten relevant sein. Die Rentenversicherung kann unabhängig vom Geburtsjahr des Kindes bis zu zehn Jahre Berücksichtigungszeiten anrechnen.

Diese Zeiten sind besonders interessant, wenn es darum geht, bestimmte Mindestversicherungszeiten zu erfüllen, etwa für Rentenarten, die an längere Versicherungsbiografien anknüpfen.

In der Öffentlichkeit bekommen Berücksichtigungszeiten deutlich weniger Aufmerksamkeit als die „Euro-pro-Rentenpunkt“-Rechnung. Dabei kann die Wirkung im Einzelfall erheblich sein, weil ein Rentenanspruch nicht nur eine Frage der Höhe ist, sondern manchmal auch eine Frage des Zugangs.

Wer die Wartezeitvoraussetzungen knapp verfehlt, kann trotz vieler Lebensleistung ohne passende Rentenart dastehen oder auf weniger günstige Varianten ausweichen.

Was Eltern jetzt tun sollten: Nicht schätzen, sondern ins Konto schauen

Die beste Nachricht an Eltern lautet: Ein großer Teil dessen, was Kindererziehung in der gesetzlichen Rente wert ist, hängt nicht von späteren Nachzahlungen ab, sondern von der korrekten Erfassung im Rentenkonto. Wer drei Kinder hat, sollte deshalb nicht bei der Schlagzeile „367 Euro mehr“ stehen bleiben, sondern die eigene Rentenbiografie konkret prüfen. Entscheidend ist, ob die Kindererziehungszeiten vollständig enthalten sind, ob die Zuordnung stimmt und ob zusätzliche Berücksichtigungszeiten erfasst wurden.

Wer dabei feststellt, dass Zeiten fehlen oder unklar sind, sollte die Kontenklärung nicht aufschieben.

Der Antrag V0800 ist dafür der reguläre Weg. In vielen Fällen reicht er aus, um Lücken zu schließen und spätere Überraschungen zu vermeiden. Wer komplexe Lebensläufe hat, etwa mit selbstständigen Phasen, Auslandszeiten oder wechselnder Familienkonstellation, profitiert besonders davon, die Unterlagen früh zu ordnen und die Bewertung verbindlich festhalten zu lassen.

Frage 1: Wie viele Rentenpunkte bringt ein Kind – und für wen gilt das?

Für Kinder, die ab 1992 geboren wurden, werden in der gesetzlichen Rentenversicherung bis zu drei Jahre Kindererziehungszeit angerechnet. Rentenrechtlich werden diese Jahre so bewertet, als hätte der erziehende Elternteil in dieser Zeit ein Durchschnittseinkommen erzielt. Das führt typischerweise zu drei Entgeltpunkten pro Kind, sofern die Zeiten vollständig im Rentenkonto stehen und korrekt zugeordnet sind.

Frage 2: Bekomme ich die zusätzliche Rente automatisch, oder muss ich aktiv werden?

In der Praxis sollte man nicht darauf vertrauen, dass alles automatisch und lückenlos erfasst ist. Kindererziehungszeiten können fehlen oder unvollständig vorgemerkt sein, etwa wenn Unterlagen nicht vorlagen oder die Zuordnung nicht eindeutig war. Deshalb ist es sinnvoll, das Rentenkonto zu prüfen und fehlende Zeiten über die Kontenklärung nachtragen zu lassen, häufig über den Antrag V0800 bei der Deutschen Rentenversicherung.

Frage 3: Können Väter die Kindererziehungszeiten erhalten?

Ja, das ist möglich. Grundsätzlich werden Kindererziehungszeiten ohne abweichende Erklärung meist der Mutter zugeordnet. Wenn der Vater überwiegend erzogen hat oder beide Eltern eine entsprechende Erklärung abgeben, kann die Zuordnung zugunsten des Vaters erfolgen. Entscheidend ist, dass die Zuordnung nach den rentenrechtlichen Regeln zulässig ist und rechtzeitig sauber dokumentiert wird.

Frage 4: Welche Unterlagen sind typisch, wenn ich Kindererziehungszeiten nachtragen lassen will?

Üblich sind Nachweise, die Kind und Elternteil eindeutig zuordnen und den Zeitraum plausibel machen, etwa Geburtsdaten, Angaben zur Elternschaft und zur Erziehungssituation.

Welche Dokumente im Einzelfall nötig sind, hängt davon ab, was im Versicherungskonto bereits gespeichert ist und wo genau die Lücke liegt. Sinnvoll ist immer, die eigene Rentenversicherungskontonummer bereitzuhalten und die Kinder mit ihren Daten vollständig anzugeben.

Frage 5: Sind die „367 Euro mehr“ netto garantiert?

Nein. Die Rechnung bezieht sich auf die monatliche Bruttorente und setzt voraus, dass bei drei Kindern (Geburt ab 1992) insgesamt neun Entgeltpunkte tatsächlich im Konto landen. Von der Bruttorente gehen in der Regel Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung ab, außerdem kann je nach Gesamteinkommen eine Steuerpflicht bestehen. Die Entgeltpunkte bleiben zwar dauerhaft, aber die Nettoauszahlung ist individuell.

Drei Kinder können die Rente deutlich erhöhen – wenn die Zeiten richtig erfasst sind

Kindererziehung ist in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht bloß ein moralischer Bonus, sondern eine rentenrechtliche Größe mit messbarem Geldwert. Seit dem 1. Juli 2025 entspricht ein Entgeltpunkt 40,79 Euro monatlicher Bruttorente.

Wer für drei nach 1991 geborene Kinder jeweils die vollen Kindererziehungszeiten zugesprochen bekommt, kann damit rechnerisch auf neun Entgeltpunkte kommen, was rund 367 Euro monatlich ausmacht. Ob dieser Betrag am Ende tatsächlich im Rentenbescheid steht, entscheidet sich jedoch an der Kontenklärung, an der Zuordnung der Zeiten und an der Frage, ob das Rentenkonto vollständig und korrekt geführt ist. Genau deshalb ist der Blick ins eigene Rentenkonto keine Formalität, sondern ein Schritt, der im Alter mehrere tausend Euro pro Jahr ausmachen kann.

Quellen

Deutsche Rentenversicherung: „Kindererziehung: Ihr Plus für die Rente“, Deutsche Rentenversicherung: Pressemitteilung „Rentenanpassung 2025“ (aktueller Rentenwert 40,79 Euro ab 1. Juli 2025)