Schwerbehinderung: Mit GdB den Steuervorteil für 2025 nutzen: Warum sich ein Antrag oft rechnet

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Viele Menschen verbinden steuerliche Nachteilsausgleiche mit schweren, sichtbaren Behinderungen. In der Praxis ist das Bild deutlich breiter. Chronische Erkrankungen und langanhaltende Funktionsbeeinträchtigungen können den Alltag spürbar einschränken, ohne dass Betroffene sich selbst als „behindert“ einordnen würden.

Genau hier liegt ein häufiges Versäumnis: Wer gesundheitlich über Monate belastet ist, kann Anspruch auf steuerliche Entlastungen haben – und zwar schon ab einem relativ niedrigen Grad der Behinderung, kurz GdB.

Der Zeitpunkt spielt dabei eine größere Rolle, als vielen bewusst ist. Für das Steuerjahr 2025 kann die Behinderten-Pauschale nur dann unkompliziert wirken, wenn die Voraussetzungen im Veranlagungszeitraum vorliegen und der Nachweis gegenüber dem Finanzamt gelingt.

Wer erst spät handelt, riskiert, dass die Anerkennung formal erst 2026 greift oder dass es Diskussionen über den Beginn der Feststellung gibt. Das ist kein Grund für Hektik, aber ein Anlass, den eigenen Status nüchtern zu prüfen – gerade dann, wenn die Belastung seit Längerem besteht.

Was der GdB ausdrückt – und warum Diagnosen allein nicht entscheiden

Der Grad der Behinderung ist keine Bewertung einer Diagnose, sondern eine Einschätzung der Auswirkungen auf die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Entscheidend ist, wie stark Funktionsbeeinträchtigungen den Alltag beeinflussen und wie dauerhaft sie sind.

Wer etwa mit Asthma, Diabetes, starkem Bluthochdruck, Migräne oder Adipositas lebt, kann – je nach Schweregrad, Verlauf und Begleitfolgen – erheblich eingeschränkt sein. Ob daraus ein GdB folgt, wird jedoch nicht nach dem Etikett der Krankheit entschieden, sondern nach dem Ausmaß der Beeinträchtigung.

Hinzu kommt: Wenn mehrere gesundheitliche Einschränkungen parallel bestehen, wird nicht einfach „zusammengerechnet“. Die Behörde ermittelt einen Gesamtwert, der das Zusammenspiel der Belastungen abbilden soll. Das macht die Beantragung zugleich anspruchsvoller und fairer: Ein „kleines“ Problem allein kann wenig zählen, mehrere Probleme zusammen können aber eine deutlich stärkere Alltagswirkung entfalten.

Behinderten-Pauschbetrag: Entlastung ohne Belegsammlung

Steuerlich ist der Behinderten-Pauschbetrag vor allem deshalb attraktiv, weil er ohne Einzelnachweis typischer, regelmäßig wiederkehrender behinderungsbedingter Kosten wirkt. Statt Quittungen, Zuzahlungen, Pflege- oder Wäschekosten über Monate zu sammeln und in der Steuererklärung aufzubereiten, wird ein pauschaler Betrag berücksichtigt – vorausgesetzt, der GdB ist festgestellt und der erforderliche Nachweis liegt vor.

Wichtig ist dabei die steuerliche Mechanik: Der Pauschbetrag senkt nicht „eins zu eins“ die Steuer, sondern das zu versteuernde Einkommen. Wie groß die Entlastung am Ende tatsächlich ausfällt, hängt deshalb vom individuellen Steuersatz ab.

Wer einen höheren Grenzsteuersatz hat, spürt die Pauschale in Euro meist stärker als jemand mit niedrigem Einkommen. Trotzdem kann die Pauschale auch bei kleineren Beträgen sinnvoll sein, weil sie ohne bürokratischen Aufwand greift und Planungssicherheit bringt.

Welche Pauschalen 2025 gelten – und wie sie sich staffeln

Für 2025 sind die Pauschbeträge gesetzlich festgelegt und an den Grad der Behinderung gekoppelt. Bereits ab einem GdB von 20 besteht ein Anspruch. Der Einstieg liegt bei 384 Euro jährlich und steigt stufenweise bis 2.840 Euro bei einem GdB von 100.

Für Menschen, die als hilflos gelten, sowie für Blinde und Taubblinde gibt es unabhängig vom GdB einen deutlich höheren Pauschbetrag von 7.400 Euro. In diesen Fällen wird die „normale“ Staffel nicht zusätzlich gewährt, sondern durch den höheren Betrag ersetzt.

In der Praxis ist diese Staffelung mehr als eine Zahlenspielerei. Sie ist ein Signal, dass der Gesetzgeber behinderungsbedingte Mehrkosten typisieren will. Wer seinen GdB bislang nicht feststellen ließ, verschenkt daher unter Umständen Jahr für Jahr eine Entlastung, die rechtlich vorgesehen ist – selbst dann, wenn die tatsächlichen Mehrkosten im Einzelfall schwer zu beziffern wären.

Zeitfaktor: Warum ein Bescheid bis zum Jahresende 2025 hilfreich ist

Rund um den Jahreswechsel entsteht häufig die gleiche Situation: Betroffene sind gesundheitlich seit Monaten oder Jahren eingeschränkt, haben aber keinen offiziellen Bescheid. Steuerlich wird das erst dann greifbar, wenn der Nachweis existiert. Sozialverbände und Lohnsteuerhilfevereine weisen deshalb seit Jahren darauf hin, dass eine Feststellung im laufenden Jahr vorteilhaft sein kann, weil sie die steuerliche Berücksichtigung für das gesamte Jahr erleichtert. Gleichzeitig dauert das Verfahren nicht selten mehrere Wochen, manchmal länger.

Wer erst sehr spät startet, erhöht das Risiko, dass der Bescheid erst nach dem 31. Dezember 2025 vorliegt.

Kommt der Bescheid erst 2026, hängt die steuerliche Wirkung für 2025 häufig daran, ab welchem Datum die Behinderung im Bescheid festgestellt wird. Genau deshalb wird immer wieder geraten, im Antrag – sofern medizinisch begründbar – auch eine rückwirkende Feststellung zu beantragen. Das ist kein Trick, sondern eine formale Bitte an die Behörde, den Beginn anhand der Aktenlage zu prüfen. Ob dem entsprochen wird, entscheidet jedoch nicht das Finanzamt, sondern die zuständige Stelle im Feststellungsverfahren, und es braucht dafür nachvollziehbare Unterlagen.

Wie das Feststellungsverfahren abläuft – und welche Unterlagen zählen

Die Feststellung des GdB erfolgt auf Antrag. Zuständig sind die Behörden, die in den Ländern für die Durchführung des einschlägigen Sozialrechts verantwortlich sind; je nach Bundesland heißen sie Versorgungsamt, Landesamt, Amt für Soziales oder ähnlich. Der Antrag selbst ist grundsätzlich kostenfrei. Inhaltlich geht es darum, die gesundheitlichen Beeinträchtigungen so zu dokumentieren, dass die Behörde deren Dauer und Auswirkungen beurteilen kann.

In der Praxis entscheidet die Qualität der medizinischen Unterlagen oft stärker über die Verfahrensdauer als der Antragstext. Ärztliche Befunde, Facharztberichte, Entlassungsberichte, Gutachten oder Therapie- und Verlaufsschilderungen helfen der Behörde, ohne Rückfragen zu einem belastbaren Bild zu kommen.

Wer mehrere Diagnosen hat, sollte nicht nur sämtliche Erkrankungen nennen, sondern deutlich machen, welche konkreten Einschränkungen daraus im Alltag folgen. Das klingt banal, ist aber häufig der Unterschied zwischen einer schnellen Aktenentscheidung und einem langwierigen Nachforderungsprozess.

Viele Betroffene unterschätzen zudem, dass auch „unsichtbare“ Einschränkungen relevant sein können, etwa bei chronischen Schmerzen, psychischen Belastungen oder neurologischen Erkrankungen. Entscheidend bleibt jedoch, ob die Funktionsbeeinträchtigung über längere Zeit besteht und die Teilhabe merklich beeinträchtigt.

Nachweis gegenüber dem Finanzamt: Ausweis, Bescheinigung und Merkzeichen

Steuerlich genügt nicht das subjektive Erleben einer Einschränkung, sondern ein formaler Nachweis. Wer einen GdB von mindestens 50 hat, kann dies in der Regel mit einem Schwerbehindertenausweis oder dem entsprechenden Bescheid nachweisen. Bei einem GdB zwischen 20 und 40 – also genau in dem Bereich, den viele als „zu gering“ abtun – ist meist keine Ausweiskarte im Spiel. Dann kommt es umso mehr auf die Bescheinigung oder den Feststellungsbescheid der zuständigen Behörde an.

Auch Merkzeichen sind steuerlich relevant, weil sie bestimmte Pauschalen auslösen. Das gilt insbesondere für „H“ (hilflos) sowie „Bl“ und „TBl“. Wer solche Merkmale zuerkannt bekommt, profitiert beim Behinderten-Pauschbetrag von der höheren Pauschale.

Zudem existiert im Einkommensteuerrecht eine behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale, die an bestimmte Voraussetzungen geknüpft ist und ebenfalls über die Steuererklärung geltend gemacht werden kann. Hier entscheidet nicht nur der GdB, sondern teils auch das Merkzeichen oder eine bestimmte Kombination aus GdB und Merkzeichen.

Wenn die Pauschale nicht reicht: Alternative über außergewöhnliche Belastungen und Fahrtkostenpauschale

Der Behinderten-Pauschbetrag ist nicht in jedem Fall die beste Lösung. Er deckt typische, regelmäßig wiederkehrende Aufwendungen pauschal ab. Wer außergewöhnlich hohe Kosten hat, kann unter Umständen besser fahren, indem er statt der Pauschale konkrete Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen geltend macht.

Das ist jedoch deutlich aufwendiger und hängt außerdem von der zumutbaren Eigenbelastung ab, die steuerlich gegengerechnet wird. Der Gesetzgeber lässt hier ein Wahlrecht zu, verlangt aber, dass innerhalb eines Veranlagungszeitraums nicht beliebig gemischt wird, soweit es um dieselben typischen Aufwendungen geht.

Neben der Behinderten-Pauschale ist die behinderungsbedingte Fahrtkostenpauschale ein weiterer Baustein, der häufig übersehen wird. Sie ist im Gesetz verankert und wirkt pauschal, ohne dass jede einzelne Fahrt belegt werden muss. Auch hier gilt: Die Anspruchsvoraussetzungen sind eng definiert. Wer sie erfüllt, kann jedoch spürbar profitieren – gerade dann, wenn Mobilität im Alltag nur mit zusätzlichem Aufwand möglich ist.

Steuern sparen mit Grad der Behinderung 2025

GdB / Merkzeichen Behinderten-Pauschbetrag 2025 und geschätzte Steuerersparnis
GdB 20 384 € → ca. 77–161 € Steuerersparnis
GdB 30 620 € → ca. 124–260 € Steuerersparnis
GdB 40 860 € → ca. 172–361 € Steuerersparnis
GdB 50 1.140 € → ca. 228–479 € Steuerersparnis
GdB 60 1.440 € → ca. 288–605 € Steuerersparnis
GdB 70 1.780 € → ca. 356–748 € Steuerersparnis
GdB 80 2.120 € → ca. 424–890 € Steuerersparnis
GdB 90 2.460 € → ca. 492–1.033 € Steuerersparnis
GdB 100 2.840 € → ca. 568–1.193 € Steuerersparnis
Merkzeichen H / Bl / TBl 7.400 € → ca. 1.480–3.108 € Steuerersparnis

 

Mehr als Steuern: Nachteilsausgleiche, Vergünstigungen – und die Vorsicht vor einer Neufeststellung

Ein anerkannter GdB kann über die Steuer hinaus Folgen haben. Je nach Höhe des GdB und je nach Merkzeichen kommen Vergünstigungen in Betracht, etwa in Bereichen wie Mobilität oder Zugang zu bestimmten Leistungen. Ab einem GdB von 50 liegt eine Schwerbehinderung vor, die weitere Schutzrechte im Arbeitsleben auslösen kann. Gleichzeitig ist ein einmal festgestellter GdB nicht in Stein gemeißelt.

Bei einer Neufeststellung kann er steigen, aber auch sinken. Sozialverbände warnen deshalb davor, Anträge ohne strategische Abwägung zu stellen, wenn bereits ein höherer Status besteht und konkrete Rechte daran hängen.

Gerade bei Menschen, die sich in Richtung Altersrente bewegen oder arbeitsrechtliche Schutzrechte nutzen, kann eine Herabstufung praktische Nachteile haben. Umgekehrt gilt: Wer bislang gar nichts hat, sollte die Chancen auf eine erstmalige Feststellung prüfen, weil damit überhaupt erst Nachteilsausgleiche eröffnet werden.

Blick auf ein unterschätztes Recht

Die steuerlichen Regelungen rund um den GdB sind keine Sonderbehandlung aus Kulanz, sondern ein gesetzlich verankerter Ausgleich für typisierte Mehrbelastungen. Wer dauerhaft gesundheitlich eingeschränkt ist, sollte daher nicht erst dann an das Thema denken, wenn die Steuererklärung ansteht oder wenn finanzielle Engpässe akut werden. Sinnvoller ist es, den eigenen Status rechtzeitig zu ordnen: medizinisch dokumentieren, formal feststellen lassen und den Nachweis sauber ablegen.

Für das Steuerjahr 2025 bedeutet das ganz konkret: Wer einen GdB wahrscheinlich erfüllt und den Antrag noch 2025 stellt, verbessert die Ausgangslage, dass die Entlastung für 2025 ohne Streitfragen greift. Und selbst wenn der Bescheid nicht mehr rechtzeitig kommt, kann eine rückwirkende Feststellung – sofern medizinisch belegbar – helfen, dass das Jahr 2025 steuerlich nicht verloren ist. Entscheidend ist dabei weniger Tempo als Substanz: Je besser die Unterlagen und je klarer der Verlauf dokumentiert ist, desto geringer ist die Gefahr, dass ein berechtigter Anspruch an Formalien scheitert.

Quellen: Lohnsteuerliche Hinweise 2025, § 33b EStG (Behinderten-Pauschbetrag), einschließlich Staffelung der Pauschbeträge, Sonderpauschbetrag 7.400 Euro sowie Übertragung auf Eltern und Auszug zu § 65 EStDV (Nachweis), Sozialgesetzbuch IX, § 152 (Feststellung der Behinderung auf Antrag und Zuständigkeit der Behörden), Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV), Definition und Einordnung des GdB als Maß der Teilhabebeeinträchtigung.