Diese letzten Jahrgänge können noch mit 63 in Rente gehen

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Der Wunsch, sich bereits mit 63 Jahren aus dem aktiven Berufsleben zu verabschieden, ist in Deutschland ungebrochen. Doch die gesetzlichen Regeln haben sich in den vergangenen zehn Jahren mehrfach verschoben. Was im Volksmund weiter „Rente mit 63“ heißt, ist sozialrechtlich längst zweigeteilt:

  1. Die abschlagsfreie Altersrente für besonders langjährig Versicherte nach 45 Beitragsjahren und
  2. die Altersrente für langjährig Versicherte nach 35 Beitragsjahren mit lebenslangen Abzügen.

Ein Blick auf die aktuelle Rechtslage zeigt, wer heute noch wann ohne oder mit Abschlägen gehen kann – und welche Stolpersteine bei der Planung lauern.

Von der Reform 2014 bis heute: Wie aus 63 schrittweise 65 wurde

Als die damalige Große Koalition 2014 die abschlagsfreie Rente nach 45 Versicherungsjahren einführte, konnten alle bis 1952 Geborenen tatsächlich mit 63 Jahren ohne Einbußen in den Ruhestand.

Seither wandert die Altersgrenze Jahrgang für Jahrgang um jeweils zwei Monate nach oben. Für Versicherte des Geburtsjahrgangs 1961 liegt sie schon bei 64 Jahren und 6 Monaten, und ab Jahrgang 1964 gilt durchgängig das 65. Lebensjahr als erstes abschlagsfreies Eintrittsalter. Damit existiert die sprichwörtliche „Rente mit 63“ ohne Abzüge heute nur noch in der Erinnerung.

Abschlagsfrei nur mit 45 Jahren: Wer zählt überhaupt mit?

Entscheidend sind die sogenannten Versicherungsjahre, nicht reine Arbeitsjahre. Neben Pflichtbeiträgen aus Beschäftigung fließen anteilig Minijobzeiten, bis zu zehn Jahre Kindererziehung pro Kind, Wehr- oder Zivildienst, Pflege von Angehörigen, Zeiten mit Lohnersatzleistungen wie Arbeitslosengeld I oder Krankengeld sowie Ersatzzeiten – etwa für politische Haft in der DDR – in die 45‑Jahres‑Wartezeit ein.

Freiwillige Beiträge und bestimmte Zeiten niedriger Beschäftigung ergänzen das Konto. Wer die Marke erreicht, darf grundsätzlich zwei Jahre vor der persönlichen Regelaltersgrenze ohne Rentenabschlag gehen – für die 1964 Geborenen also regulär mit 65.

Tabelle: Diese Jahrgänge können noch die Rente 63 nutzen

Geburts­jahrgang Möglichkeit, die „Rente 63“ zu nutzen
bis 1952 Ja – abschlagsfrei, wenn mindestens 45 Versicherungs­jahre vorliegen
1953 – 1963 Ja – aber nur mit lebenslangen Abschlägen von bis zu 14,4 %; ohne Abschläge verschiebt sich der früheste Renten­beginn stufenweise über 63 hinaus
ab 1964 Ja – ebenfalls nur mit Abschlägen von bis zu 14,4 %; eine abschlagsfreie Rente ist hier erst ab 65 Jahren möglich, sofern 45 Versicherungs­jahre erreicht werden

Die Einteilung folgt der gesetzlichen Altersgrenzen für die Altersrente für besonders langjährig Versicherte (45 Jahre) und der vorgezogenen Altersrente für langjährig Versicherte (35 Jahre).

Frühestens 63 mit 35 Jahren: Das teuer erkaufte Privileg

Wesentlich leichter zu erfüllen ist die Hürde von 35 Versicherungsjahren. Sie öffnet die Tür zur Altersrente für langjährig Versicherte, die frühestens mit 63 Jahren beginnt – für alle Geburtsjahrgänge gleichermaßen. Der Preis ist hoch: Für jeden Monat, den die neue Rente vor dem persönlichen Regelalter startet, sinkt sie dauerhaft um 0,3 Prozent.

Wer bei einer Regelaltersgrenze von 67 also mit 63 geht, akzeptiert einen lebenslangen Abzug von 14,4 Prozent. Bereits ein Jahr vorgezogener Ruhestand mindert die Monatszahlung um 3,6 Prozent, zwei Jahre kosten 7,2 Prozent.

Eine dritte Option: Die Altersrente für schwerbehinderte Menschen

Schwerbehinderte Versicherte mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 können ebenfalls vorzeitig in den Ruhestand. Erreichen sie 35 Versicherungsjahre, dürfen sie bis zu drei Jahre vor ihrem Regelalter starten; bei 45 Jahren sogar zwei Jahre früher ganz ohne Abschläge.

Der offizielle Rentenzugang verschiebt sich auch hier schrittweise, doch der Nachteilsausgleich mildert viele Kürzungen. Für Betroffene lohnt sich die zeitnahe Feststellung des Schwerbehindertenstatus – er kann mehrere Tausend Euro Lebenszeitrente sichern.

Konto klären statt rätseln: Warum die Rentenauskunft entscheidend ist

Wer 55 ist, erhält automatisch eine ausführliche Rentenauskunft. Sie zeigt nicht nur die bisher erreichten Versicherungszeiten, sondern weist auch eventuelle Lücken aus. Gerade Kindererziehungszeiten, Pflegephasen oder kurze Beschäftigungen im Ausland fehlen häufig.

Eine frühzeitige Kontenklärung mit der Deutschen Rentenversicherung ist deshalb unverzichtbar. Fehlende Nachweise lassen sich oft noch beibringen – und können über den Sprung auf 35 oder 45 Jahre entscheiden.

Gegenwind und demografischer Druck

Die Zahl der Versicherten, die das abschlagsfreie Modell nutzen, steigt stetig. 2024 nutzten rund 270 000 Menschen die Möglichkeit, vorzeitig ohne Einbußen zu gehen – ein neuer Höchststand. In der gleichen Zeit traten knapp 937 000 Versicherte insgesamt in den Ruhestand ein. Experten warnen vor wachsenden Belastungen: Der Beitragssatz könnte bis 2038 auf mehr als 21 Prozent steigen, wenn nichts geschieht.

Die Bundesregierung hat deshalb eine neue Rentenkommission eingesetzt, die noch in dieser Legislatur Empfehlungen für eine generationengerechte Finanzierung vorlegen soll.

Fazit: Jeder kann noch mit 63 gehen, aber nicht jeder sollte

Die Headline „Rente mit 63“ bleibt ein Schlagwort, das mehr verspricht, als das Gesetz heute hergibt. Wer 45 Versicherungsjahre zusammenbringt, darf zwei Jahre vor seinem Regelalter ohne Abschläge aufhören, aber eben nicht zwingend mit 63. Alle anderen können zwar weiterhin mit 63 in den Ruhestand wechseln, müssen dafür jedoch dauerhaft auf einen zweistelligen Prozentsatz ihres Anspruchs verzichten.

Wer gesund ist und es sich leisten kann, fährt besser, das Ende der Treppe abzuwarten oder zumindest Teile der Kürzungen durch freiwillige Einzahlungen auszugleichen. Frühestens aber sollte jede Entscheidung auf einer aktuellen Rentenauskunft und einer realistischen Haushaltsrechnung fußen – denn die „Rente mit 63“ ist längst zu einem persönlichen Rechenexempel geworden.