Hartz IV: Zuschläge sind nicht anrechenbar

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Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sind als zweckbestimmte Einnahmen nicht von Sozialleistungen nach dem SGB II abzuziehen.

Das Landessozialgericht Nordrhein- Westfalen (AZ: L 7 AS 81/09 , Revision zugelassen urteilte: Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sind als zweckbestimmte Einnahmen nicht von ALG II Sozialleistungen nach dem SGB II abzuziehen. Gemäß § 11 Abs. 1 SGB II sind Einnahmen in Geld oder Geldeswert grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen. Gemäß § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II sind Einnahmen nicht als Einkommen zu berücksichtigen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistungen nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht so günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach diesem Buch nicht gerechtfertigt wären.

Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze stellen die dem Kläger gewährten steuerfreien Nachtzuschläge zweckbestimmte Einnahmen im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1a SGB II dar (vgl. Hengelhaupt in Hauck/Noftz, Kommentar zum SGB II, § 11 Rn. 231; Brühl in LPK-SGB II, 3. Auflage 2009, § 11 Rn. 68; zweifelnd Mecke in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, 2. Auflage 2008, § 11 Rn. 39). Sie zählen nicht zum einzusetzenden Nettoeinkommen. Auch wenn der Nachtarbeitszuschlag die Arbeitsleistung des Arbeitnehmers verteuern und Nachtarbeit dadurch für den Arbeitgeber weniger attraktiv machen soll, mit dem Ziel, diese Form der Arbeit einzudämmen, deckt der Nachtarbeitszuschlag zur Überzeugung des Senats auch einen besonderen Aufwand (Verpflegungsmehraufwand) ab. Nachtarbeit beansprucht den Menschen physisch stärker als Arbeit, die am Tage geleistet wird, und erfordert deshalb zusätzliche Mahlzeiten und insoweit besondere Aufwendungen (vgl. BSGE 17, 242, 244 zu § 33 Bundesversorgungsgesetz – BVG -). Diese allgemeine Erfahrung findet im Wesentlichen Bestätigung in den bei dem Kläger bestehenden Verhältnissen. Er hat unter Darlegung seiner Nachtarbeitszeit von 03.10 Uhr bis maximal 04.30 Uhr verdeutlicht, dass er dazu um 02.30 Uhr aufstehen muss und erst gegen 05.00 Uhr wieder zu Hause ist, ohne erneut zum Nachtschlaf zu finden. Es liegt auf der Hand, dass diese Abweichung vom normalen Lebensrhythmus, wie der Kläger auf seine Situation bezogen geschildert hat, mit einem veränderten bzw. vermehrten Verpflegungsaufwand verbunden ist.

Von einer zweckgebundenen Leistung bei Zuschlägen für Nachtarbeit ging auch das Bundessozialgericht in seiner Rechtsprechung zu § 138 Abs. 3 Nr. 3 Arbeitsförderungsgesetz – AFG – aus (BSG, Urteil AZ 7 RAr 86/87 -, SozR 3-4100 § 138 Nr. 2)

Der Beurteilung des Senats steht nicht entgegen, dass Leistungen zur Verpflegung grundsätzlich in der Regelleistung enthalten und durch diese abgedeckt sind. Wie insbesondere der Regelung des § 21 SGB II (Leistungen für Mehrbedarfe beim Lebensunterhalt) entnommen werden kann, gilt diese Regel nur für den Grundbedarf; sie gilt gerade nicht für beschäftigungsbedingte Mehrbedarfe bzw. einen beschäftigungsbedingten Mehraufwand für besondere Verpflegung zu bestimmten Zeiten (vgl. Sächsisches Landessozialgericht, – L 2 AS 99/08 -, – L 2 AS 100/08 -, – L 2 AS 101/08 -). Die Zuschläge kompensieren nach Auffassung des Senats gerade Sonderbedarfe, die über dasjenige hinausgehen, welches durch die Leistungen nach dem SGB II gesichert werden soll. Würde eine Anrechnung erfolgen, ginge die beabsichtigte Kompensation verloren. Die nach § 3b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerrechtlich privilegierten Nachtzuschläge dienen damit einem anderen Zweck als die Regelleistungen nach dem SGB II (ebenso Sächsisches Landessozialgericht, a.a.O.; Thüringer Landessozialgericht, – L 7 AS 112/05 ER -; Sozialgericht Chemnitz, Urteil S 22 AS 4269/07 -). (aus Tacheles Rechtsdatenbank, 15.03.2010)

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