BSG: Antrag gilt dann rรผckwirkend zum Monatsersten
Erreicht ein per E-Mail versendeter Hartz-IV-Antrag noch am Monatsende und auรerhalb der รffnungszeiten des Jobcenters die Behรถrde, gilt er โ und zwar rรผckwirkend zum Monatsersten. Das Jobcenter darf die Arbeitslosengeld-II-Zahlung nicht mit dem Argument verweigern, dass den Mitarbeitern der Antrag wegen des Dienstendes am Monatsende nicht zugegangen ist, entschied das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel in einem am Freitag, 12. Juli 2019, bekanntgegebenen Urteil vom Vortag (Az.: B 14 AS 51/18 R).
Damit steht dem aus Bonn stammenden Klรคger fรผr den Monat Januar 2015 noch Hartz-IV-Leistungen zu. Als der Mann bemerkte, dass sein Arbeitgeber den Lohn nicht รผberwiesen hatte, stellte er beim Jobcenter einen Arbeitslosengeld-II-Antrag, um sein Existenzminimum zu sichern.
Den Antrag versandte er per E-Mail laut Sendebestรคtigung am Freitag, den 30. Januar 2015 um 20.00 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt und auch am darauffolgenden Wochenende war allerdings kein Jobcenter-Mitarbeiter mehr auf der Arbeit, um den E-Mail-Antrag zu bemerken. Erst ab dem 2. Februar 2015 war das Jobcenter wieder besetzt.
Der Mann bekam von seinem Arbeitgeber im Februar zwar seinen Lohn nachgezahlt, wurde dann ab Mรคrz 2015 aber arbeitslos.
Am 4. Mรคrz 2015 fragte er bei dem Jobcenter an, was denn bislang mit seinem Hartz-IV-Antrag passiert sei. Die Behรถrde bewilligte daraufhin Leistungen ab Mรคrz, ohne jedoch den Januar zu berรผcksichtigen. Der Antragsteller habe die Mail auรerhalb der รffnungszeiten an das Jobcenter verschickt, so dass diese erst frรผhestens im Folgemonat bemerkt werden kรถnne. Der Zugang des Antrags sei aber entscheidend, ab wann Arbeitslosengeld II bezahlt werden kรถnne.
Das BSG urteilte, dass dem Klรคger auch fรผr den Monat Januar 2015 Arbeitslosengeld II zustehr, da er zum Monatsende einen entsprechenden Antrag per E-Mail an das Jobcenter versandt habe.
Der Gesetzgeber habe festgelegt, dass ein Hartz-IV-Antrag rรผckwirkend zum Monatsersten und nicht erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gilt. So habe er sicherstellen wollen, dass zugeflossene Einnahmen des Hilfebedรผrftigen im Antragsmonat als anzurechnendes Einkommen und nicht als Vermรถgen mit entsprechenden Freibetrรคgen gewertet werden.
Dieser Rรผckgriff auf den Monatsersten mรผsse aber auch hier gelten, forderte das BSG. Damit sei ausgeschlossen, dass das Jobcenter den am Monatsende und auรerhalb der รffnungszeiten gestellten Antrag erst fรผr den Folgemonat berรผcksichtigt.
Hier habe der Klรคger eine Sendebestรคtigung fรผr den E-Mail-Versand am Monatsende vorgelegt. Damit sei die Mail in den “Macht- oder Willensbereich” des Jobcenters gelangt.
Das Jobcenter habe zwar darauf verwiesen, dass der Zugang der Mail nicht mehr belegt werden kรถnne. Denn die Mails wรผrden grundsรคtzlich nach sechs Monaten von den Servern wieder gelรถscht. Die Behรถrde habe aber Anfang Mรคrz noch die Erinnerungs-E-Mail des Klรคgers erhalten, in der er auf die Antragstellung im Januar verwiesen hatte. Dem hรคtte das Jobcenter nachgehen mรผssen. fle