Hartz 4: Jobcenter kann zur Übernahme einer Doppelmiete verpflichtet sein

BSG: Aufwendungen müssen aber unvermeidbar und angemessen sein

Jobcenter dürfen Hartz-IV-Bezieher bei angefallenen Doppelmieten infolge eines Umzugs nicht im Regen stehenlassen. Ist die doppelte Mietzahlung „unvermeidbar und konkret angemessen”, muss die Behörde die Unterkunftskosten übernehmen, urteilte am Mittwoch, 30. Oktober 2019, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 14 AS 2/19 R). Das Jobcenter dürfe nicht pauschal darauf verweisen, dass hierfür immer ihre vorherige Zustimmung erforderlich sei.

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Mutter mit zwei Kindern zog in eine neue Wohnung musste Doppelmiete zahlen. Das Jobcenter wollte die Frau damit allein lassen.

Vor Gericht war eine Mutter von zwei Kindern aus Bonn gezogen. Die Familie wohnte zunächst in einer nur 54 Quadratmeter großen Wohnung. Das Jobcenter genehmigte ihr daher den Umzug in eine größere, nun rund 82 Quadratmeter große Unterkunft. Auch die Umzugskosten wurden finanziert.

Da die zum 1. Juli 2014 angemietete neue Wohnung noch renoviert werden musste, verzögerte sich der Umzug. Die Familie bezog erst ab den 19. Juli die neue Unterkunft und renovierte anschließend die alte Wohnung. Deren Mietvertrag dort lief am 31. Juli 2014 aus.

Jobcenter weigert sich 550 Euro für Doppelmiete zu zahlen

Das Jobcenter Bonn kam zwar für die höheren Unterkunftskosten für die neue Wohnung von Anfang an auf, wollte jedoch nicht die im Umzugsmonat zusätzlich angefallene Miete der alten Wohnung übernehmen, rund 550 Euro. Bei solch einer Doppelmiete handele es sich um „Wohnungsbeschaffungskosten”. Diese könnten grundsätzlich nur nach vorheriger Zusicherung des Jobcenters übernommen werden. Hier habe die Hartz-IV-Bezieherin dies aber vor ihrem Umzug gar nicht beantragt.

Die Hartz-IV-Bezieherin argumentierte, dass es sich bei der Doppelmiete nicht um „Wohnungsbeschaffungskosten”, sondern um tatsächlich angefallene Unterkunftskosten handele. In solch einem Fall müssten nach dem Gesetz die angemessenen Aufwendungen bezahlt werden. Eine vorherige Zustimmung des Jobcenters zur Übernahme der Doppelmiete sei nicht erforderlich.

Das BSG urteilte, dass auch ohne vorherige Zustimmung eine Doppelmiete vom Jobcenter übernommen werden könne. Voraussetzung hierfür sei, dass diese „unvermeidbar und konkret angemessen” sei. Ob dies hier der Fall war und warum etwa der Umzug oder die Renovierung nicht früher stattfinden konnte, muss nun noch das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen prüfen. fle/mwo

Hartz IV abschaffen?

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