Verheiratet oder nicht macht im Bezug von Sozialleistungen finanziell schnell mehrere hundert Euro Unterschied. Ehepaare stehen bei gleichem Einkommen deutlich besser da – in diesem Fall um 431€.
Beispielfamilie
Paul und Jana haben 3 Kinder (7, 5, 4). Sie leben in Heilbronn und zahlen 830€ Kaltmiete, 88€ Neben- und 135€ Heizkosten für ihre Wohnung. Jana hat kein Einkommen.
Im Vergleich die finanzielle Situation mit steigendem Einkommen von Paul verheiratet und unverheiratet.
Wer Verheiratet ist
Für Jana und Paul als Ehepaar habe ich diese Tabelle erstellt. Abhängig vom Bruttolohn lässt sich in dieser Tabelle ablesen, welche ergänzenden Sozialleistungen der Familie zustehen und wie hoch das Haushaltseinkommen der Familie insgesamt würde.
Wer Unverheiratet ist
Die gleiche Tabelle habe ich für Jana und Paul als unverheiratetes Paar erstellt. Auch hier lassen sich die ergänzenden Sozialleistungen und das Haushaltseinkommen abhängig vom Brutto ablesen.
Vergleich
Das Haushaltseinkommen lässt sich am besten grafisch vergleichen. In dieser Grafik sind deutliche Unterschiede sichtbar, diese liegen bei Sozialleistungsbezug in beiden Fällen (5600€ Brutto) bei bis zu 236€. Am Ende des Bezugs ohne Ehe (6500€ Brutto) sogar bei 514€.
Die Differenz entsteht im Wohngeld. Im Bürgergeld und Kinderzuschlag wird das reale Netto verwendet.
Im Wohngeld wird ein eigenes “Wohngeldnetto” berechnet. Vom Brutto werden dafür zunächst 102,50€ Werbungskostenpauschale abgezogen. Danach werden pauschal je 10% für Kranken- und Rentenversicherung und Steuer abgezogen, wenn diese jeweils gezahlt werden. Dies geschieht unabhängig von der real gezahlten Summe. Dadurch weicht das Wohngeldnetto vom realen Netto ab.
Das reale Netto ist abhängig von der Steuerklasse. In Steuerklasse 1 (unverheiratet) ist die Steuer aufgrund geringerer Steuerfreibeträge viel höher als in Steuerklasse 3 (verheiratet).
Da das Wohngeldnetto aber unabhängig von der Steuerklasse ist, ergeben sich Differenzen.
Hinzu kommt, dass sich die Familie mit dem Thema Krankenversicherung auseinandersetzen muss. Im Bürgergeld spielt diese keine Rolle, da das Jobcenter die Beiträge zur Krankenversicherung zahlt. Im Wohngeld und Kinderzuschlagsbezug werden diese aber nicht übernommen.
Die Differenz zwischen verheiratet und unverheiratet steigt daher weiter, da Jana verheiratet über die Familienversicherung krankenversichert ist, sie unverheiratet aber ca. 220€ Beitrag zur “Freiwilligen Krankenversicherung” (die Pflicht ist) zahlen muss.
Mögliche Lösungsansätze
Um diese Ungleichbehandlung zu beenden, müsste die Familienversicherung in der Krankenkasse für alle Familien möglich sein und die Große Lösung: Steuerklassen 3/5 an Kinder hängen (Familiensplitting statt Ehegattensplitting) oder Kleine Lösung: Wohngeld rechnet mit Real-Netto.
Der Vorteil der “großen” Lösung mit Familiensplitting wäre, dass damit auch die Ungleichbehandlung von Familien außerhalb des Sozialleistungsbezugs beendet würde. Die kleine Lösung wäre zumindest eine Verbesserung für Familien im mittleren Einkommensbereich.
Simon alias “Sozi Simon” ist Sozialarbeiter aus Leidenschaft. Kämpfer für mehr Gerechtigkeit und gegen das Verschweigen/Verweigern von staatlicher Unterstützung. Er ist Mitautor des SGB II & SGB XII Leitfadens von A-Z. Simon ist insbesondere bei Twitter für seine Ratgeber-Tweets bekannt und seit 2022 freier Autor bei Gegen-Hartz.de