Das Bürgergeld versprach, im Unterschied zu Hartz-IV, eine wechselseitige Kooperation zwischen Jobcenter und Betroffenen, um diese nachhaltig und qualifiziert in den Arbeitsmarkt zu integrieren.
In der Realität kommt es jedoch immer wieder zu Konflikten zwischen Bürgergeld-Bezieher und den zuständigen Sachbearbeiter. Ist es möglich, wenn klärende Gespräche erfolglos sind, die Ansprechperson zu wechseln? Ja, aber nur, wenn ein triftiger Grund vorliegt.
Inhaltsverzeichnis
Wer darf den Sachbearbeiter wechseln?
Generell hat jeder und jede, der oder die Bürgergeld bezieht, ob wegen Erwerbslosigkeit oder zum Aufstocken eines geringen Gehalts, das Recht, den Sachbearbeiter zu wechseln, wenn sich triftige Gründe nachweisen lassen. Dabei dürfen Sie sich laut § 13 SGB X durch einen Beistand oder Bevollmächtigten vertreten lassen.
Wann kann der Sachbearbeiter gewechselt werden?
Die Eingliederungsvereinbarung ist ein rechtsgültiger Vertrag zwischen Jobcenter und Leistungsempfänger. Beide gehen damit Rechte und Pflichten ein.
Das Jobcenter und damit die jeweiligen Sachbearbeiter/innen verpflichten sich, die Arbeitssuchenden nach ihren Möglichkeiten in eine dem individuellen Profil entsprechende Arbeit zu vermitteln, sowie für eine mögliche Stelle zu qualifizieren.
Kommt das Jobcenter dieser Pflicht nicht nach, oder machen persönliche Differenzen zwischen beiden Beteiligten eine effektive Arbeitsvermittlung unmöglich, dann besteht das Recht, den Sachbearbeiter zu wechseln.
Was müssen Sie tun?
Wollen Sie den Sachbearbeiter wechseln und sind der Auffassung, dass dafür triftige Gründe vorliegen? Dann stellen Sie als erstes eine Dienstaufsichtsbeschwerde gegen den Mitarbeiter. Wenn diese nicht zum Wechsel führt, dann können Sie nach § 17 Abs.1 SGB X einen Befangenheitsantrag gegen den Sachbearbeiter stellen.
Was gilt als triftiger Grund?
Ein Befangenheitsantrag ist in folgenden Fällen gerechtfertigt. Erstens, wenn der oder die Betroffene vom Sachbearbeiter diskriminiert wird.
Dabei muss Sie der- oder diejenige nicht unbedingt offen beleidigen. Auch deutliche Voreingenommenheit kann als Befangenheit gelten, zum Beispiel, wenn Sie eine Frau sind und ihr Gegenüber deutlich macht, dass er Frauen als wenig leistungsfähig ansieht.
Zweitens, wenn eine persönliche Feindschaft, aber auch Freundschaft zum Leistungsbeziehenden besteht. Sind beide Beteiligten privat verfeindet, gilt Befangenheit, weil es kaum möglich ist, persönliche Animositäten von der individuellen Betreuung zu trennen. Aber auch bei Freundschaft ist Objektivität nicht immer gegeben.
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Auch unsachliche Äußerungen gegenüber dem Antragsteller können als Befangenheit gelten, ebenso ein persönliches wie berufliches Interesse. Das könnte zum Beispiel bedeuten, dass der oder die Sachbearbeiter nachweislich keine Kompetenz hat, Sie bei der Arbeitssuche in ihrem Bereich zu fördern. Bei erfolgreichem Antrag können Sie den oder die Sachbearbeiterin oder Sachbearbeiter wechseln.
Was gilt nicht als triftiger Grund?
Persönliche Differenzen allein sind noch kein triftiger Grund. Wenn Sie sich zum Beispiel von dem oder der Sachbearbeiter „genervt fühlen“, dann rechtfertigt dies keinen Wechsel.
Auch ein unterschiedlicher Stil, sich zu kleiden, ist kein triftiger Grund. Sie haben auch kein Recht, zu wechseln, weil ihnen Geschlecht, Herkunft oder Religion des Mitarbeiters bzw der Mitarbeiterin nicht passt. Auch wenn Ihnen ein anderer Mitarbeiter, eine andere Sachbearbeiterin besser gefällt, ist das allein kein triftiger Grund.
Wann sollten Sie nicht wechseln?
Einen Wechsel sollten Sie auch nicht anstreben, wenn es um Fehler des Jobcenters bei Bürgergeld-Bescheiden geht, Sie zum Beispiel weniger Geld bekommen, als Ihnen zusteht. Hier kommt es nicht in erster Linie auf einen Wechsel der Bezugsperson an. Vielmehr können Sie Widerspruch einlegen und, wenn nötig, Klage erheben.
Wechsel ohne den Dienstweg
Unstimmigkeiten mit Sachbearbeitern in den Jobcentern müssen nicht unbedingt Konfrontation bedeuten. Wenn Sie, und möglicherweise auch der Mitarbeiter / die Mitarbeiterin, feststellen, dass jemand anders in der Behörde besser für ihren Fall geeignet ist, dann lässt sich ein Wechsel bisweilen auch in persönlicher Absprache klären.
Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht, Sozialpolitik und Naturwissenschaften. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.