Die Teuerung macht sich vor allem bei den Stromanbietern bemerkbar. Geringverdiener oder Bezieher von Sozialhilfe sind die Leidtragenden. Viele denken deshalb über einen Anbieterwechsel nach. Das kann Abhilfe schaffen, birgt aber viele Gefahren, die später teuer zu stehen kommen können.
Die Strompreise steigen und erste Discountanbieter kündigen die Verträge. Wer aktiv wird, kann trotzdem viel Geld sparen. Eigentlich ist der Wechsel einfach und dauert keine 5 Minuten. Doch wer sich darauf einlässt, sollte vorher genau prüfen.
Denn viele Lockangebote entpuppen sich später als Kostenfalle. Denn wie alle Verträge, die man abschließt, unterliegt auch der Vertrag mit einem Stromanbieter einer Kündigungsfrist.
Inhaltsverzeichnis
Grundversorger sind immer die teuersten
Wer noch nicht gewechselt hat, wird einen Grundversorgungsvertrag mit einem regionalen Versorger abgeschlossen haben. Diese sind in der Regel deutlich teurer und oft der teuerste Vertrag, den man nutzen kann.
Einen Vorteil hat man, wenn man bisher den örtlichen Grundversorger genutzt hat. Denn dieser kann innerhalb von 14 Tagen gekündigt werden. Die meisten neuen Stromanbieter übernehmen auf Wunsch sogar die Kündigung beim alten Versorger. Das spart Zeit und Mühe.
Der Tarif beim Grundversorger ist auch der Tarif, der immer eine Stromversorgung garantiert, selbst wenn der neue Anbieter kündigt oder selbst Insolvenz anmeldet. Man steht also nicht ohne Strom da.
Auch der Netzbetreiber bleibt immer derselbe. Er ist für die Versorgung des Netzes und für Störungen zuständig. Denn die alternativen Stromanbieter nutzen das Netz der Grundversorger.
Wer zu einem neuen Anbieter wechselt oder beim Grundversorger einen anderen Tarif wählt, ist an eine Vertragslaufzeit gebunden.
Wichtig zu wissen: Bereits sechs Monate, bevor die Vertragslaufzeit endet, kann ein neuer Anbieter mit dem Wechsel beauftragt werden.
Neukunden-Bonus kann sich als Falle herausstellen
Um einen Wechsel attraktiv zu machen, bieten die Stromversorger einen Neukundenbonus an. Meist werden mehrere hundert Euro Ersparnis versprochen. Die meisten Wechselwilligen achten jedoch nicht auf das Kleingedruckte.
Das Geld gibt es zum Beispiel nur als Gutschrift auf der Rechnung. Und das auch nur, wenn man mindestens ein Jahr Strom vom Anbieter bezogen hat.
Wer also zu früh kündigt, erhält auch keine Gutschrift auf das Rechnungskonto.
Das Ärgerliche: Erhöht der Stromanbieter seine Preise und besteht ein Sonderkündigungsrecht, dann ist allerdings der Bonus verloren, wenn man kündigt. Am Ende hat der Kunde dann nichts mehr gespart.
Ein weiteres Problem: Nicht selten gehen die Anbieter insolvent, da ihre Kalkulationen nicht stimmten. Auch dann ist der Bonus verloren.
Was auch oft passiert: Der neue Anbieter “vergisst” dann den Bonus. Der Kunde muss sich dann aktiv darum kümmern, dass der Bonus als Gutschrift auf der Rechnung erscheint. Das Kalkül liegt auf der Hand: Ein nicht unerheblicher Prozentsatz der Kunden achtet im weiteren Verlauf nicht mehr so sehr auf die Rechnungen. Der Anbieter spart sich dann den versprochenen Bonus.
Einige Anbieter sind noch schlauer. Sie legen in ihren Vertragsbedingungen fest, dass der Bonus erst nach Ablauf von 1 Jahr und 1 Tag Vertragslaufzeit gutgeschrieben wird. Ein Wechsel ist dann nicht mehr möglich. Wer trotzdem vorher wechselt, verliert seinen Bonus.
Wenn dann auch noch der Tarif erhöht wird, zahlt man wahrscheinlich genauso viel wie vorher oder hat eigentlich nichts gewonnen, da der Preis der gleiche ist wie vorher beim anderen Anbieter.
Die Lösung ist: Bei einem Wechsel ist darauf zu achten, dass der Anbieter einen Sofortbonus für Neukunden gewährt. Das Geld wird dann innerhalb weniger Wochen sofort auf das Konto des Neukunden überwiesen oder als Gutschrift mit der Rechnung verrechnet.
Bei allen Boni ist jedoch zu beachten, dass sie in den Stromkosten enthalten sind. Es kann daher günstiger sein, den Stromanbieter zu wechseln und einen Anbieter ohne Bonus, aber mit günstigeren Preisen zu wählen.
Wichtig: Manche Anbieter verlangen eine Vorrauszahlung, der mehr als ein Monatsentgelt beträgt. Davon sollte man lieber die Finger lassen.
Bei Wechsel einen realen Verbrauch angeben
Wer wechselt, sollte genau abschätzen können, wie viel er in der Vergangenheit tatsächlich verbraucht hat. Das ist natürlich schwieriger, wenn man umzieht und andere Geräte installiert hat, z.B. in der Küche. Der Verbrauch kann sich also im Laufe der Zeit ändern.
Es ist daher besser, dem neuen Stromversorger einen etwas höheren Verbrauch anzugeben als einen zu niedrigen. Manche Anbieter bieten bei einem höheren Verbrauch sogar bessere Konditionen an.
Wer am Ende weniger verbraucht, bekommt die zu viel geleisteten Vorauszahlungen zurück. Geht der Anbieter jedoch in Konkurs, sind die zu viel gezahlten Gebühren leider auch weg. Der Stromlieferant sollte also schon länger stabil am Markt sein.
Keine Paket-Angebote nutzen
Von Paketangeboten mit mehreren tausend Kilowattstunden raten wir dringend ab. Denn entweder erreicht man die veranschlagten Kilowattstunden nicht und erhält keine Rückerstattung oder man verbraucht mehr und muss jede darüber hinausgehende Kilowattstunde teuer bezahlen. Am Ende hat man nichts gespart und zahlt sogar mehr als vorher.
Doch wie hoch soll der Verbrauch angegeben werden? Wir haben eine Durchschnittsrechnung erstellt, an der man sich orientieren kann:
- ein Singelhaushalt verbraucht durchschnittlich 2.000 Kilowattstunden im Jahr
- ein Paar verbraucht durchschnittlich 3.000 Kilowattstunden im Jahr
- eine Familie mit 1 oder 2 Kindern mindestens 4000 Kilowattstunden pro Jahr
Zu beachten gilt, dass wer viel Zeit Zuhause verbringt, immer etwas mehr verbraucht, als jemand, der täglich zur Arbeit geht und erst am Abend zuhause ist. Auch zusätzliche Geräte wie ein Wäschetrockner treiben den Verbrauch nach oben.
Die Vertragslaufzeit kann zur Kostenfalle werden
Wie bei allen Verträgen ist es wichtig, auf die Laufzeit zu achten. Es gibt Verträge, die nach 4 Wochen gekündigt werden können und solche, an die man sich für 2 Jahre binden muss.
In der Regel ist es sinnvoll, einen Anbieter mit einer maximalen Laufzeit von einem Jahr zu wählen. Denn wenn man einen Bonus wählt, gilt dieser auch für das Vertragsjahr. Das zweite Jahr ist in der Regel deutlich teurer. Dann muss man aber nicht im Vertrag bleiben, sondern kann wieder wechseln.
Vorsicht bei automatischer Vertragsverlängerung
Zu beachten ist auch, dass sich der Vertrag nicht automatisch um ein weiteres Jahr verlängert. Wer den Stichtag für den Wechsel verpasst, bleibt im alten und meist teureren Vertrag hängen.
Besser ist es, wenn sich der Vertrag nur um maximal 3 Monate automatisch verlängert. Die Kündigungsfrist vor dem Stichtag beträgt in der Regel sechs Wochen. Diese sollte man einhalten, um nicht automatisch in die Kostenfalle zu tappen.
Daher unser Rat: Eine Kündigung kann fristgerecht schon ein halbes Jahr vor Vertragsende schriftlich versendet werden. Dann hat man noch genügend Zeit einen neuen Anbieter mit besseren Konditionen für den Wechsel zu finden.
Kürzere Laufzeiten können von Vorteil sein
In Zeiten steigender Strompreise kann es sinnvoll sein, nur eine kurze Laufzeit zu wählen. Dann kann man schnell auf steigende Preise reagieren und einen günstigeren Vertrag wählen. Aber Vorsicht: Bei steigenden Preisen kann der Anbieter den Tarif auch bei kurzen Laufzeiten kündigen.
Der Trick mit der Preisgarantie
Einige Stromversorger bieten eine Preisgarantie an. Diese bezieht sich jedoch nur auf den Arbeitspreis. Damit sichern sich die Anbieter ab und sprechen in diesem Zusammenhang im Kleingedruckten von einer “eingeschränkten Preisgarantie”.
Die Garantie gilt nämlich nicht, wenn sich die Mehrwertsteuer, die EEG-Umlage oder die Netzentgelte des örtlichen Versorgers erhöhen. Allerdings besteht dann die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung.
Wer alles beachtet, kann viel Geld sparen
Wer die beschriebenen Fallstricke beachtet, kann dennoch viel Geld sparen. Auf Wechselportalen wie “Verivox” kann man die Anbieter vergleichen. Aber: Immer auf die Vertragsbedingungen und das Kleingedruckte achten!
- Über den Autor
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.