Bürgergeld: Kann der Kooperationsplan im Jobcenter abgelehnt werden?

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Mit dem Bürgergeld wurde der Kooperationsplan eingeführt und damit die (alte) Eingliederungsvereinbarung abgeschafft. Der Kooperationsplan soll “eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Jobcentern und den Leistungsberechtigten fördern”. Doch wie vertrauensvoll und effektiv ist dieses neue Instrument wirklich?

Statt Eingliederungsvereinbarung der neue Kooperationsplan

Der in § 15 SGB II verankerte Kooperationsplan löst die bisherige Eingliederungsvereinbarung ab und soll ein “partnerschaftliches Verhältnis zwischen Jobcenter und Leistungsberechtigten” herstellen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger wird der Kooperationsplan jedoch nicht unterschrieben und ist damit rechtlich unverbindlich.

Diese scheinbare Unverbindlichkeit wirft jedoch Fragen auf, zumal der Plan dennoch später mit Rechtsfolgenbelehrungen verbunden sein kann. Diese Ambivalenz zwischen Partnerschaftlichkeit und dennoch bestehenden Rechtsfolgen führt zu einer grundsätzlichen Verunsicherung bei Leistungsbeziehern.

Kooperationsplan kann nicht angefochten werden

Die rechtliche Unverbindlichkeit des Kooperationsplans hat zur Folge, dass er nicht angefochten werden kann. Dies schränkt die Möglichkeiten der Leistungsberechtigten ein, sich gegen möglicherweise nachteilige Inhalte zu wehren.

Die einzige Option bei Unstimmigkeiten ist ein Schlichtungsverfahren nach § 15a SGB II, dessen Unparteilichkeit allerdings noch nachgewiesen werden muss. Die Tatsache, dass der Plan mittelbar doch mit rechtlichen Konsequenzen verbunden sein kann, stellt die proklamierte Vertrauensbasis in Frage.

Kaum praktische Erfahrungen

Es ist durchaus sinnvoll, mit dem Sachbearbeiter “kooperativ” zu sprechen. Dies sollte freundlich, aber bestimmt geschehen. Wenn die Kooperation keinen Sinn macht, sollte dies auch im Gespräch im Jobcenter benannt werden.

Die Erfahrung zeigt, dass auf diese Weise das Thema erst einmal “auf Eis gelegt” werden kann, ohne dass es zu unnötigen Konflikten kommt. Das Gespräch im Jobcenter sollte daher immer der erste Schritt sein.

War das Gespräch nicht erfolgreich und besteht die “andere Seite” auf bestimmten Förderinstrumenten, die für einen selbst keinen Sinn machen, so bietet das Schlichtungsverfahren theoretisch eine Möglichkeit, Meinungsverschiedenheiten über den Kooperationsplan zu klären.

Die Wirksamkeit dieses Verfahrens ist jedoch noch unklar, insbesondere im Hinblick auf die Neutralität der beteiligten Personen. Die Erfahrungen der Betroffenen könnten hier wertvolle Hinweise geben, sind aber bislang rar. Zudem besteht die Sorge, dass das Verfahren missbraucht werden könnte, um Entscheidungsprozesse unnötig in die Länge zu ziehen.

Die Bundesagentur für Arbeit (BA) betont jedoch, wie wichtig es ist, die Bürgergeldbeziehenden frühzeitig und umfassend über die Möglichkeit eines Ombudsverfahrens zu informieren. Hier wird eine proaktive Kommunikationsstrategie verfolgt, die bereits beim ersten Beratungsgespräch ansetzen soll.

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Ablehnung des Kooperationsplans erfolgt durch rechtsmittelfähigen Verwaltungsakt

Nach den Dienstanweisungen der BA kann ein Schlichtungsverfahren jedoch abgelehnt werden, wenn der Eindruck entsteht, dass es lediglich zur Verzögerung des Verfahrens missbraucht wird. Eine solche Ablehnung erfolgt durch rechtsmittelfähigen Verwaltungsakt und ist damit gerichtlich überprüfbar und anfechtbar.

Interessant ist die klare Vorgabe, dass unabhängig von der initiierenden Partei keine Nachteile für die Leistungsberechtigten entstehen dürfen.

Wichtig: Zudem wird in § 15a Abs. 3 SGB II ausdrücklich darauf hingewiesen, dass während des Schlichtungsverfahrens keine Leistungskürzungen vorgenommen werden dürfen. Dieser gesetzliche Schutzrahmen soll in der Theorie die Angst vor möglichen Repressalien minimieren.

Ablauf des Schlichtungsverfahrens

Das Verfahren zur Schilchtung ist möglichst unbürokratisch und niederschwellig gestaltet. Durch die Fristsetzung von maximal vier Wochen wird sichergestellt, dass keine unnötigen Verzögerungen entstehen. Während des Verfahrens wird beiden Parteien rechtliches Gehör gewährt.

Wer darf schlichten?

Die Kriterien für Schlichter sind klar definiert. Neben Unparteilichkeit und Weisungsunabhängigkeit sind sozial-kommunikative Fähigkeiten, Konfliktmanagementkompetenzen sowie Kenntnisse der Integrationsarbeit und der relevanten Rechtsgrundlagen erforderlich. Diese Anforderungen stellen sicher, dass die Schlichtungsperson qualifiziert und neutral agieren kann.

Während des Schlichtungsverfahrens sollten die Beteiligten daher darauf achten, dass die Person, die das Schlichtungsverfahren durchführt, bisher unbeteiligt war und insofern eine weisungsfreie Person innerhalb oder außerhalb der Dienststelle ist.

Folgen des Scheiterns des Schlichtungsverfahrens

Für den Fall, dass kein Konsens erzielt werden kann, sind die Konsequenzen klar geregelt. Die Agentur für Arbeit hat die Möglichkeit, unter Rechtsfolgenbelehrung zur Mitwirkung aufzufordern.

Dies stellt eine Verschärfung der Situation dar, da nun Sanktionen im Raum stehen. Ein erneutes Vermittlungsverfahren ist nur möglich, wenn ein Mitwirkungsplan vorliegt bzw. fortgeschrieben wird.

Der nächste Schritt ist die Rechtsfolgenbelehrung und die Aufforderung zur Mitwirkung unter Androhung von Leistungskürzungen. Gegen diesen Bescheid kann dann ein begründeter Widerspruch gegen den Bescheid innerhalb von 4 Wochen eingelegt werden.

Ist das Schlichtungsverfahren bislang erfolgreich

Ob die Kooperationsvereinbarungen sowie die Schlichtungsverfahren tatsächlich zu einer kooperativen Atmosphäre führen, kann aufgrund der bereits erwähnten fehlenden Erfahrungen noch nicht abschließend beurteilt werden. Die Jobcenter haben nach wie vor das letzte Wort und können letztlich auch Sanktionen aussprechen. Dabei können, wie geplant, bei Verweigerungen auch Totalsanktionen folgen.

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