Bürgergeld-Aufstocker sind doppelt benachteiligt

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Viele Erwerbstätige müssen mit Bürgergeld aufstocken, um auf das Existenzminimum zu kommen. Das betrifft rund 750.000 Leistungsberechtigte.

Statt jetzt wenigstens bei der Arbeit gleichbehandelt zu werden, bekommen sie viel weniger Fahrgeld berechnet, als Kollegen, die nicht aufstocken.

Es gilt das Bürgergeld

Arbeitnehmer fallen unter die Bürgergeld-Verordnung, wenn Sie aufstockende Leistungen beziehen. Dadurch fällt das Fahrgeld wesentlich niedriger aus als im Einkommenssteuergesetz.

20 Cent pro Kilometer

In der Bürgergeld-V ist der Pauschalbetrag festgelegt, der für Fahrtkosten vom Einkommen abgesetzt werden darf. Das sind 20 Cent pro Kilometer für den Hin- und Rückweg von der Wohung zur Arbeitsstätte.

Mehr noch: Gelten öffentliche Verkehrsmittel als zumutbar und sind günstiger, dann werden nur die Kosten für diese bezahlt.

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“Zumutbar” ist elastisch

Der Begriff “zumutbar” ist sehr elastisch, besonders dann, wenn das Jobcenter ihn gezielt einsetzt, um keine Spritkosten zu zahlen, die über denen für öffentliche Verkehrsmittel liegen.

Ist es “zumutbar”, von der Straßenbahn in die Bahn wechseln und von dieser (nach dreißig Minuten warten), in den Bus, um so von einer Großstadt in die Kleinstadt und von dieser auf den Arbeitsplatz im Dorf zu wechseln? Ist es zumutbar, zum Arbeitsweg hin und zurück dreieinhalb Stunden zu brauchen – statt einer Stunde?

Zumindest wird das von keinem Nicht-Aufstocker verlangt, der viel mehr Fahrkosten erstattet bekommt und selbst aussucht, welche Verkehrsmittel er nutzt.

Nicht-Aufstocker bekommen fast doppelt so viel Kilometergeld

Wer seinen Lohn nicht mit Bürgergeld aufstocken muss, für den gelten ganz andere Regeln. Hier sind (laut Paragraf 9 Abs. 1 Satz 4 EStG) 30 Cent pro Kilometer für die ersten 20 Kilometer absetzbar, und sogar 38 für jeden Kilometer darüber hinaus.

Pro Jahr können so bis zu 4.500 Euro abgesetzt werden.

Beim eigenen Auto (oder einem zur Nutzung überlassenen PKW) lassen sich sogar noch mehr Fahrtkosten anrechnen, wenn dafür Belege eingereicht werden.

Eine Menge Geld für Menschen, die knapp bei Kasse sind

Gerade für Aufstocker, die laut Definition des Bürgergeldes am Existenzminimum schlittern, ist der finanzielle Verlust durch diese Ungleichbehandlung gewaltig.

18 Cent Unterschied zwischen 20 Cent pro Kilometer und 38 Cent pro Kilometer sind bei 5.000 Kilometern bereits 900 Euro – 900 Euro, die Menschen fehlen, die jeden Cent dreimal umdrehen müssen.

Absurde Berechnungen

Wie absurd diese Berechnungen für Leistungsberechtigte sind, weiß jeder, der darauf angewiesen ist, ein Auto zu betanken. Die bereits damals ausgesprochen mickrigen 20 Cent wurden 2008 festgelegt.

2008 kostete Benzin zwei Drittel vom heutigen Preis, wie auch “Bürgergeld.org” zutreffend berichtet.

Reale Kosten

Außerdem werden in “Fahrtkosten” ansonsten auch die Kosten für Verschleiß, Wartung und andere notwendige Ausgaben einbezogen. Der ADAC kommt hier bereits bei den kleinsten PKW-Modellen auf reale Fahrtkosten von mindestens 40 Cent pro Kilometer.

Mit anderen Worten: Die Normalpauschale von 38 Cent pro Kilometer ist zwar immer noch zu niedrig, nähert sich aber den Realkosten an.

Aufstocker bekommen die Hälfte der tatsächlichen Kosten

Wer aber seine Erwerbsarbeit mit Bürgergeld aufstocken muss, bekommt also höchstens die Hälfte von dem, was er ausgibt.

Besonders kritisch wird dies, da der ADAC sich an einem Neuwagen orientiert, der wenig Wartung erfordert und wenig Sprit verbraucht.

Bürgergeld-Aufstocker fahren jedoch logischerweise alte Gebrauchtwagen, die mehr Benzin schlucken und mehr Wartungskosten verursachen.

Doppelt benachteiligt

Diese makabre Situation wird sogar noch schlimmer, weil die Aufstocker durch ihre Ungleichbehandlung weniger Fahrtkosten vom Einkommen absetzen können. Statt 30 oder 38 Cent setzen sie nur 20 Cent pro Kilometer ab.

Dadurch wird am Ende mehr Einkommen mit dem Bürgergeld verrechnet. Die Aufstocker bekommen also nicht nur weniger Fahrtkosten bezahlt. Weil sie weniger Fahrtkosten absetzen können, erhalten sie außerdem noch weniger Bürgergeld.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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