Absurde Hartz IV Sanktionen bei unter 25-Jährigen

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Völlig absurd und untauglich: Die Sanktionspraxis gegen junge Menschen im Arbeitslosengeld II Bezug

Die Macher von Hartz IV müssen ein negatives Zerrbild von Arbeitslosen vor Augen gehabt haben. Diesem "faulen, arbeitsunwilligen und unordentlichem" Menschen, der selbst die "Schuld an seiner Misere" trägt, war nicht zu trauen. Er konnte nur mit harten Sanktionen diszipliniert werden. In der Folge wurde das Sanktionsarsenal des SGB II mit dem völligen ALG II Leistungsentzug ausgerüstet. Die Tatsache, dass der Staat seinen arbeitslosen Bürgerinnen und Bürgern die materielle Existenzgrundlage völlig entziehen kann, mutet befremdlich und erschreckend an.

Überzogen harte Hartz IV Strafen
Besonders misstrauisch ist Hartz IV gegenüber jungen Erwachsenen. Hier kann die Leistung bereits nach zwei Obliegenheitsverletzungen völlig entzogen werden, bei über 25-jährigen Arbeitslosen immerhin erst nach drei. Die archaische
Logik der Straf- und Disziplinierungspolitik ist hier: „Jung – besonders schlecht zu kontrollieren – besonders schnell harte
Strafen“. Dies ist Pseudopädagogik mit Vorurteilen und Überzeugungen aus vergangenen Jahrhunderten.

Wer tatsächlich mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu tun hat, weiß, dass überzogen harte Strafen nicht erfolgreich
sind. Die Ankündigung von Sanktionen kann auch nur dann eine verhaltenssteuernde Wirkung entfalten, wenn Einsicht, Umsicht und eine rationale Verhaltenskontrolle bereits vorhanden sind. Der besonders schnelle Einsatz existenzvernichtender
Sanktionen bei jungen Arbeitslosen fordert von diesen einen noch höheren Grad an Einsicht und strategischem Verhalten als von Älteren. Dies ist absurd angesichts der Tatsache, dass gerade junge Menschen in Bezug auf ihre Lebens- und Berufsplanung und das Vermeiden von Nachteilen meist weniger strategisch und umsichtig sind als Ältere.

Neue Eingliederungshemmnisse entstehen
In der Praxis führen Leistungskürzungen bei Jugendlichen kaum zu größerer Arbeitsmarktnähe und haben selten eine positive Funktion. Meist sind sie sogar kontraproduktiv, indem sie zusätzliche Eingliederungshemmnisse schaffen anstatt diese zu beseitigen. Durch den Entzug der Leistung können u. a. folgende Schwierigkeiten entstehen: Gesundheitliche Probleme und unzureichende medizinische Versorgung, Verschlechterung des psychischen und physischen Wohlbefindens, Verlust der Wohnung, eines beständigen Umfelds und damit einhergehend der Verlust persönlicher Stabilität sowie das Entstehen von Schulden. Konkret kann sich für den Sanktionierten die Frage stellen, wo und bei wem er nachts schlafen soll, wo er etwas zu essen her bekommt oder wie er sich saubere Kleidung beschafft. Die Rückkehr in den Kreis der Herkunftsfamilie wird regelmäßig unmöglich sein.

Stabile Verhältnisse notwendig
Nicht jeder wird gleich zum Instrument des Mundraubs oder anderen illegalen Maßnahmen greifen, um sich die Mittel für das Überleben zu sichern. Nicht immer bewegt sich das notgedrungene Übernachten einer jungen Frau ohne finanzielle Mittel bei einem Bekannten am Rande der Prostitution. Nicht immer bedeutet der Entzug der Leistung auch Obdachlosigkeit. Dennoch: Mit stabilen Verhältnissen, die junge Menschen brauchen, um sich persönlich entwickeln zu können und sich auf ein geordnetes Berufsleben hin zu orientieren, hat dies nichts zu tun. Auch ein mögliches Vertrauen in staatliche Institutionen und ein förderliches Vertrauensverhältnis zwischen Fallmanager/in und jungem Arbeitslosen wird so nachhaltig verhindert.

Folgekosten trägt Allgemeinheit
Unkalkulierbar sind die Folgekosten, die durch mangelnde soziale Integration und abweichendes Verhalten von jungen Menschen entstehen können. Bisweilen landen Jugendliche, die infolge von Sanktionen mittel- oder obdachlos sind, auch in Auffangeinrichtungen der Wohlfahrtspflege. Aufnahmeheime und andere vergleichbare Einrichtungen haben Kostensätze, die in etwa der dreifachen Leistung an Hartz-IV Beziehende entsprechen. Diese Mehrkosten der verfehlten Sanktionspolitik müssen dann direkt von der Allgemeinheit getragen werden. (Mike Botzet)

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