Wohngeld: Sehr lange Wartezeiten bei der Beantragung – Vorübergehend Bürgergeld beantragen

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Durch die Wohngeld-Reform sind rund zwei Millionen Haushalte berechtigt, diese staaatliche Unterstützung der Wohnkosten zu erhalten. Doch die Bürokratie ist darauf nicht vorbereitet.

Die Anträge werden in der Regel nicht digital gestellt, und eine zeitnahe Bearbeitung ist kaum möglich. Genehmigungen sollen bis zu zwei Jahre dauern.

Wohngeld-Beziehende können allerdings auch einen vorübergehenden Antrag auf das Bürgergeld stellen.

“Vereinfachung und Entbürokratisierung”

Christian Bernreiter, der Vorsitzende der Bauministerkonferenz sagt: “Es braucht dringend Vereinfachungen und Entbürokratisierung beim Wohngeld, damit alle Bürgerinnen und Bürger die ihnen zustehende Leistung schnell erhalten”. Er hält die Reform für richtig, sagt aber, sie müsse praxistauglich umgesetzt werden.

Wohngeldberechtigte haben sich fast vervierfacht

Durch die Reform des Wohngeldes 2023 ist die Zahl der Haushalte, die berechtigt sind, es zu erhalten, von 595.000 2021 auf jetzt zwei Millionen gestiegen.

“Schnelle Vereinfachungen”

André Berghegger, der hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebundes, sieht es ähnlich wie Bernreiter und drängt auf schnelle Vereinfachungen. So müssten die Abläufe komplett digitalisiert und aufeinander abgestimmt werden.

Ein Zeichen dafür, dass hier ein erheblicher Mangel besteht, sieht er unter anderem in einer Flut von Papieranträgen.

Lückenzahlungen führen zu weiterem Arbeitsstau

Kommunen würden in dieser Notsituation aushelfen, indem sie für bedürftige Mieter Kurzbescheide für Vorschusszahlungen erließen. Dies führe dann zu einem zusätzlichen hohen Arbeitsaufwand, weil Nachprüfungen erforderlich seien.

Zeit bis zur endgültigen Genehmigung dauert fast zwei Jahre

In München ist, laut der Augsburger Allgemeinen, die Zeit gestiegen, bis die Wohngeldanträge endgültig genehmigt sind – auf fast zwei Jahre. Dabei seien hier, laut dem Münchener Sozialreferat, für das Wohngeld circa 60 neue Vollzeitstellen geschaffen worden.

Wer erhält Wohngeld?

Wohngeld ist für Menschen gedacht, deren Einkommen so gering ist, dass sie zwar ihren Lebensunterhalt bezahlen können, nicht aber ihre Mietkosten oder Kredite für ihre Eigentumswohnung. Es soll Geringverdiener davor schützen, von Bürgergeld abhängig zu werden.

Bürokratische Hürden schrecken Berechtigte ab

Während die zuständigen Behörden bereits mit den derzeitigen Anträgen überfordert sind, stellen viele Haushalt keinen Antrag, obwohl sie einen Anspruch auf diese Unterstützung haben.

Gerade das unnötig komplizierte Verfahren beim Antrag ist einer der Gründe, warum gerade Senioren diese Leistung nicht einfordern, obwohl es ihr Recht ist.

Chaos auf Kosten der Bedürftigen

Die Überforderung der Behörden beim Bearbeiten der Anträge trifft unmittelbar die Bedürftigen, die aus gutem Grund berechtigt sind, Wohngeld zu erhalten. Sie müssen bis zu zwei Jahre warten, um den Zuschuss zu bekommen, den sie benötigen.

Unerträgliche Warteschleife

Auch wer einen Vorschuss per Kurzbescheid erhält, ist arm dran. Diese Menschen sitzen in einer unerträglichen Warteschleife, ob ihr Anspruch endgültig anerkannt wird – wenn nicht, müssen sie den Vorschuss zurückzahlen, und das mit Geld, das sie in der Regel nicht haben.

Statt Bürgergeld: Wohngeld, Kinderzuschlag, Kindergeld und Heizkostenzuschlag

Grundsätzlich kann es besser sein, auf einen bestehenden Bürgergeldanspruch zu verzichten und stattdessen vom vorhandenen eigenen Einkommen plus Wohngeld bzw. Wohngeld, Kindergeld und Kinderzuschlag zu leben.

Dies ist vor allem für Bürgergeld-Aufstocker eine interessante Option, da man sich den Stress mit dem Jobcenter ersparen kann.

Im konkreten Fall kann eine unabhängige Beratungsstelle bei der Berechnung des Anspruchs helfen. Beispielberechnungen finden sich z.B. hier und hier. Problematisch ist derzeit allerdings die zu lange Bearbeitungszeit der Anträge.

Bürgergeld als Vorleistung in der Wartezeit

Die Leidtragenden sind die Antragstellenden. Was also tun, wenn die Bearbeitung des Antrags mehrere Monate dauert? Betroffene sollten einen Bürgergeldantrag auf ergänzende Leistungen stellen.

Das Jobcenter wird auf “vorrangige Leistungen” verweisen, da eigentlich ein Anspruch auf Wohngeld besteht. Das Jobcenter muss aber in Vorleistung gehen, d.h. die Leistungen nach dem SGB II müssen bis zur Zahlung des Wohngeldes erbracht werden.

Das Bürgergeld darf nicht wegen des fehlenden Zuflusses der anderen Sozialleistung versagt werden. Dies bestätigt auch die Bundesagentur für Arbeit und schreibt in ihrer Weisung an die Jobcenter (§ 67) vor, dass auch bei Anspruch auf Wohngeld + Kinderzuschlag in Vorleistung zu treten ist.

Doch die Ämter sträuben sich häufig, wie in diesem Artikel beschrieben. Wird der Antrag mit Hinweis auf vorrangige Leistungen abgelehnt, hilft nur ein Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid. Weitere Hilfen bieten auch unabhängige Beratungsstellen.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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