AfD, CDU und FDP sind gegen die „Erhöhung des Bürgergeldes“ und auch gegen das Bürgergeld selbst – also dagegen, Menschen ein Existenzminimum zu ermöglichen. Dabei ist die Erhöhung nicht nur gesetzlich vorgeschrieben, es handelt sich auch um eine Fortschreibung.
Warum heißt es Fortschreibung?
Rechtlich handelt es sich um eine Fortschreibung der Regelsätze. Auch wenn das eine Erhöhung bedeutet, ist es keinesfalls ein Geschenk, das Bedürftigen gemacht wird oder ein Bonus, damit die Betroffenen sich „etwas Schönes leisten können“.
Vielmehr handelt es sich um eine Anpassung an Preiserhöhungen, Inflation und generell veränderte Kosten. Es geht also schlicht darum, das definierte Existenzminimum zu erhalten und die Betroffenen nicht in absolute Armut zu drücken.
Wie hoch steigen die Regelsätze?
Ab dem 1. Januar 2024 bekommt ein Alleinstehender 563 Euro Bürgergeld. Bisher waren es 502 Euro. Der oder die Betroffene erhält also 61 Euro mehr oder 12, 2 Prozent mehr. Das sieht viel aus, ist indessen lediglich eine Anpassung der Regelsätze an die bestehende Inflation.
Die Regelsätze sind zu niedrig
Während sich Rechtspopulisten darin überbieten, gegen den „Rekordanstieg“ des Bürgergeldes zu wettern, kommen die Sachverständigen der Sozialverbände zum gegenteiligen Ergebnis.
Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisiert nach genauen Berechnungen, dass die festgelegten Regelsätze viel zu niedrig seien. Sie würden faktisch nicht das Existenzminimum sichern, eine vollwertige Ernährung kaum möglich machen, und diverse Faktoren wie zum Beispiel die Aufwendungen für Schule und Bildung seien jenseits der Wirklichkeit definiert.
Der Paritätische forderte Regelsätze von 725 Euro plus Strom. Heute wäre der entsprechende Betrag 813 Euro.
Klage vor dem Verfassungsgericht
Der Sozialverband Deutschland und der Sozialverband VdK zogen 2022 sogar vor Gericht und klagten für eine Erhöhung der Regelsätze. Ihr Argument lautete, die steigenden Preise führten dazu, dass die Grundsicherung kein Existenzminimum garantiere.
Das Verfassungsgericht hatte klargestellt: „Ist eine existenzgefährdende Unterdeckung durch unvermittelt auftretende, extreme Preissteigerungen nicht auszuschließen, darf der Gesetzgeber dabei nicht auf die reguläre Fortschreibung der Regelbedarfsstufen warten.“ (BVerfG 23.7.2014 – 1 BvL 10/12 ua, Rn. 144).
Nur geringfügige Verbesserungen
Beim Bürgergeld wurde dann die Inflation mit gedacht und die Fortschreibung in zwei Schritten als Basis-Fortschreibung und erweiterte Fortschreibung trat in Kraft.
Bei der Basisfortschreibung werden die zwölf Monate vom 1. Juli des vorletzten bis zum 30. Juni des letzten Jahres eingerechnet – im Vergleich zu den Jahren zuvor. Der Regelsatz wird mit den Differenzen angeglichen. Die ergänzende Fortschreibung vergleicht darüber hinaus das zweite Quartal des vorletzten Jahres mit dem zweiten Quartal des letzten Jahres, dabei aber nur die Preisentwicklung bei den Produkten und Dienstleistungen, die unter Regelbedarf fallen.
Das bedeutet jetzt, dass es 2024 etwas mehr Geld für die Betroffenen gibt, aber nach wie vor weit weniger als die Sozialverbände durch Expert/innen berechnet haben, um das sozioökonomische Existenzminimum zu sichern.
- Über den Autor
- Letzte Beiträge des Autors
Dr. Utz Anhalt ist Buchautor, Publizist, Sozialrechtsexperte und Historiker. 2000 schloss er ein Magister Artium (M.A.) in Geschichte und Politik an der Universität Hannover ab. Seine Schwerpunkte liegen im Sozialrecht und Sozialpolitik. Er war wissenschaftlicher Mitarbeiter bei Dokumentationen für ZDF , History Channel, Pro7, NTV, MTV, Sat1.