Studie: 100 Euro mehr Hartz IV um Teuerungsrate auszugleichen

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Haushalte mit einem geringen Einkommen leiden überproportional stark an der hohen Teuerungsrate. Das führt zu regelrechten Krisen, die existenzbedrohend sind. Eine aktuelle Studie berechnete einen Mindestsofortzuschlag von 100 Euro je Monat für Menschen, die Wohngeld, Kinderzuschlag oder Hartz IV beziehen.

Einmalzuschläge reichen nicht aus

An der derzeitigen Krise leiden vor allem einkommensschwache Haushalte. In vielen Fällen führt die aktuelle Teuerungsrate zu existenzbedrohenden Situationen.

Die Entlastungspakete der Bundesregierung reichen jedoch nicht aus, um vor regelrechter Armut zu schützen. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der Beratungstochter des DIW Berlin, DIW Econ, die im Auftrag der Diakonie Deutschland durchgeführt wurde.

Die Forschenden ermittelten die tatsächliche „Belastung einkommensschwacher Haushalte durch die steigende Inflation“. Ein von der Diakonie vorgeschlagener Krisenmechanismus für soziale Notlagen könnte allerdings für tatsächliche Entlastung sorgen.

Einkommensschwache vor allem von Teuerungsrate betroffen

Laut der Studie geben die einkommensschwächsten 20 Prozent der Haushalte nahezu zwei Drittel (62,1 Prozent) ihres Konsums für die Preistreiber Nahrungsmittel, Wohnen und Haushaltsenergie aus.

Zum Vergleich: Bei den einkommensstärksten 20 Prozent sind es nur 44,1 Prozent. Weil es sich dabei um Waren des Grundbedarfs handelt, können die ärmsten Haushalte die Mehrausgaben kaum kompensieren.

Zwar zeigt auch die Studie, dass die Entlastungspakete ebenfalls ihre Wirkung entfalten, allerdings kann existenzbedrohende Situation dadurch nicht entschärft werden.

Die Diakonie schlägt daher vor, einen sogenannten Notfallmechanismus einzuführen. Stellt der Bundestag eine soziale Notlage für Deutschland fest, sollen Haushalte, die Wohngeld, Kinderzuschlag, Grundsicherung für Arbeitssuchende, Sozialgeld nach dem SGB II (Hartz IV) oder Grundsicherung im Alter oder bei Erwerbsunfähigkeit beziehen, einen Zuschlag erhalten.

Zuschlag in Höhe von 100 Euro je Person

Die Forschenden stellten fest, dass dieser derzeit 100 Euro je Person betragen müsste. Konzeptionell sollte dieser zunächst für sechs Monate gezahlt werden. Hierzu müsste der Deutsche Bundestag eine Gesetzesänderung beschließen.

„Rund acht Millionen Menschen in Deutschland leben von existenzsichernden Leistungen. Hinzu kommen die vielen Familien sowie Rentnerinnen und Rentner, deren Einkommen knapp über den Anspruchsgrenzen für Unterstützungsleistungen liegt und die nun wegen der Inflation in Armut rutschen” berichtet Diakonie-Präsident Ulrich Lilie.

Vor allem in Notlagen müssten vor allem diejenigen entlastet werden, die von einer Krise am härtesten betroffen sind, mahnt der Diakonie-Präsident. “Denn anders als Gutverdiener können sie die Preissteigerungen für lebensnotwendige Güter nicht durch Einsparungen oder Rücklagen ausgleichen.”

Wie das Gutachten zeigte, reichen die Einmalzahlungen der Bundesregierung nicht aus. “Der Vorschlag der Diakonie ist pragmatisch, zeitlich begrenzt und wäre mit Kosten von etwa 5,4 Mrd. Euro auch bezahlbar. Der Tankrabatt, der ohne nennenswerte Entlastung verpufft, schlägt allein mit drei Mrd. Euro zu Buche. Damit wäre unser Vorschlag schon zur Hälfte finanziert“, erläuterte Lilie.

Unsoziale Inflation

„Wir sehen derzeit eine höchst unsoziale Inflation. Bei einer Jahresteuerung von 7,1 Prozent, von der die Deutsche Bundesbank ausgeht, liegt die relative Belastung der untersten zehn Prozent der Haushalte nahezu fünf Mal höher als die der einkommensstärksten zehn Prozent”, berichtet der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin), Marcel Fratzscher.

Seiner Ansicht nach müsse die Politik einen Weg finden, “die Härten insbesondere für einkommensschwache Haushalte abzufedern”. Von Armut gefährdete Menschen können ihr Kaufverhalten nicht anpassen, da ein Großteil ihres Einkommens für das tägliche Leben verwendet wird.

“Einmalzahlungen stellen nur eine temporäre, aber keine dauerhafte Lösung dar. Wir brauchen permanent höhere Löhne und Sozialleistungen”, so die Forderung des DIW-Präsidenten.

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