Das Jobcenter erlässt vorläufige Bürgergeld-Bescheide, wenn Informationen fehlen oder die Höhe des Anspruchs unklar ist. Die vorläufige Bewilligung nach §41a SGB II hat Voraussetzungen und vielfältige Folgen. Hier ein Einblick.
Inhaltsverzeichnis
Voraussetzungen einer vorläufigen Entscheidung
Das Jobcenter muss nach §41a SGB II vorläufig entscheiden wenn:
1. Bei der Beantragung Unklarheiten bestehen, die nicht schnell zu klären sind.
Beispiele:
-
- fehlende Aufenthaltserlaubnis, wenn die Antragsstellung nachgewiesen wurde
- fehlender Nachweis über Nebenkosten
2. Wenn sich die Höhe des Anspruchs erst im Laufe des Bewilligungsabschnitts herausstellen wird.
Beispiele:
-
- bei schwankendes Einkommen
- temporäre Bedarfsgemeinschaft (Kinder haben Umgang)
- Selbstständigkeit
- Erwartetes Einmaleinkommen
Es soll aber nach §41a Abs1 S3 SGB II nicht vorläufig bewilligt werden, sondern “normal”, wenn Leistungsberechtigte die Umstände, die normalerweise eine vorläufige Bewilligung bedeuten würden, nicht beeinflussen können.
Folgen einer vorläufigen Bewilligung
1. Verkürzung des Bewilligungsabschnitts
Der Bewilligungszeitraum wird nach §41 Abs3 SGB II von 12 auf 6 Monate verkürzt.
Endet der Bewilligungsabschnitt, wird alles noch einmal überprüft und ein abschließender Bescheid erlassen.
Dies führt zu viel Papierkram.Beispiel: Chris hat einen schwankendem Lohn und daher Leistungen vorläufig bis 30.11. bewilligt bekommen.
Chris muss vor Ende des Bewilligungsabschnitts z.B. im Oktober den Weiterbewilligungsantrag stellen. Daraufhin wird im November ein vorläufiger Bewilligungsbescheid erlassen.
Kurz nach Ende des (vorherigen) Bewilligungsabschnitts, also im Dezember, muss Chris Angaben zum abgelaufenen Bewilligungsabschnitt zu machen. Daraufin rechnet das Jobcenter nach.
Gibt es eine Rückforderung, folgt ein Anhörungsschreiben, auf das Chris reagieren soll. Danach gibt es einen abschließenden Bescheid auf dem die Nachzahlung oder Rückforderung erklärt wird.
Bei Nachzahlung wird diese einfach ausgezahlt. Eine Überzahlung wird in den nächsten Monaten aufgerechnet, dafür werden die vorläufigen Bescheide des neuen Bewilligungsabschnitts korrigiert. Und das alles nicht jährlich, sondern alle 6 Monate.
2. Es gibt keinen Rechtsschutz
Das Jobcenter kann alle Fehler, auch die zugunsten des Leistungsberechtigten unabhängig vom Grund der Vorläufigkeit geschehen sind, beim abschließenden Bescheid korrigieren.
3. Sicherung des Existenzminimums
Die vorläufige Bewilligung muss jederzeit das Existenzminimum in Höhe der Regelbedarfe sichern (§41a Abs2 SGB II).
Beispiele für Folgen:-
- Bei stark schwankendem Einkommen muss vom niedrigsten zu erwartenden Einkommen ausgegangen werden.
- Erwartetes Einmaleinkommen wird erst im Monat des Zuflusses berücksichtigt.
- Es kann ohne Berücksichtigung der Erwerbstätigenfreibeträge (20% von 100-1000€,…) bewilligt werden , nur die Absetzbeträge nach §11b Abs1 SGB II müssen berücksichtigt werden.
Korrektur des Bescheids
Auch während der Laufzeit der vorläufigen Bewilligung kann der vorläufige Bescheid nach §48 SGB X angepasst werden. Das ist vor allem wichtig, wenn sich Einkommen verringert oder gar wegfällt oder Bedarfe steigen. Es ist aber auch sinnvoll höheres Einkommen zu melden.
Um Sicherheit über die Leistungsansprüche zu bekommen, ist eine endgültige Entscheidung nötig. Eine solche endgültige Bewilligung kann “entstehen” durch:
1. unveränderte Verhältnisse machen den vorläufigen Bescheid zum endgültigen Bescheid.
2. endgültiger Bewilligungsbescheid
Das Jobcenter muss endgültig bewilligen, wenn es Abweichungen gab oder wenn der Leistungsberechtigte es beantragt.
3. durch Zeitablauf.Bewilligt das Jobcenter innerhalb von einem Jahr ab Ende des Bewilligungsabschnitts nicht abschließend, wird der vorläufige zum abschließenden Bescheid.
Ausnahme: Der Alg2-Bezieher hat innerhalb des Jahres die abschließende Bewilligung beantragt.
Risiken im Verfahren zur endgültigen Bewilligung
Da das Amt klären muss, ob der vorläufige Bescheid den tatsächlichen Verhältnissen entspricht, muss das Jobcenter die tatsächlichen Verhältnisse klären.
Dies kann es nur, wenn der Leistungsberechtigte mitwirkt.Wirkt der Leistungsberechtigte nicht mit, wird nur Nachgewiesenes anerkannt. Es kann sogar angenommen werden, dass kein Anspruch besteht und der Antrag endgültig abgelehnt werden. Diese Handhabung ist viel härter als eine Sanktion wegen Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Wenn also beispielsweise für einen Monat keine Lohnabrechnung vorgelegt wird, wird die Leistung für diesen Monat voll zurückgefordert. Die Nachreichung im Widerspruchsverfahren ist aber möglich.
Fehler bei der abschließenden Bewilligung
Häufig aber geschehen bei der abschließenden Bewilligung Fehler – hier ein typischer:
Es können bei fehlenden Gehaltsnachweisen nicht die Leistungen für alle in der BG abgelehnt werden, sondern nur für den der seiner Pflicht nicht nachgekommen ist.Endabrechnung
Bei der abschließenden Bewilligung wird monatsweise der Leistungsanspruch berechnet, nicht mehr der Durchschnitt(bis 03/21).
Aber es werden an dieser Stelle Nachzahlungen und Rückforderungen verrechnet. Nur dieses Saldo wird dann nachgezahlt/zurückgefordert.
Beispiel
Jakob hat ein schwankendes Einkommen. Er bekommt daher einen vorläufigen Bescheid mit dem Bewilligungszeitraum: Jan-Juni. Er hat einen Bedarf von 1000€, sein geschätztes Einkommen beträgt 450€. Davon werden 280€ angerechnet. Er bekommt 720€ ausgezahlt.
Endgülte Bewilligung:
Januar-Mai: 300€ Einkommen
Juli: 3000€ Brutto
Für Jan-Mai werden je 160€ angerechnet➡️120€ Nachzahlung.
Juli ist der Bedarf gedeckt➡️720€ Rückforderung600€ Nachzahlung(5×120€)
– 720€ RüFo
——-
– 120€Jakob muss 120€ zurückzahlen.
Rechtliches Vorgehen gegen vorläufige Bescheide:
Während des Bewilligungszeitraums(BWZ) sind Widerspruch und Überprüfungsantrag möglich.
Nach Ablauf des BWZ ist kein Überprüfungsantrag mehr möglich, dann muss zunächst eine endgültige Festsetzung beantragt werden.
Gegen den abschließenden/endgültigen Bescheid sind Überprüfungsantrag und Widerspruch möglich.
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Simon alias “Sozi Simon” ist Sozialarbeiter aus Leidenschaft. Kämpfer für mehr Gerechtigkeit und gegen das Verschweigen/Verweigern von staatlicher Unterstützung. Er ist Mitautor des SGB II & SGB XII Leitfadens von A-Z. Simon ist insbesondere bei Twitter für seine Ratgeber-Tweets bekannt und seit 2022 freier Autor bei Gegen-Hartz.de