Verschiebebahnhof Bürgergeld: Ab 2024 sollen junge Menschen raus aus dem SGB II

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Die Finanzplanung des Bundes sieht bis 2027 Einsparungen des Bundeshaushalts vor. Im Zuge dessen sollen Berufsberatung und das Fördern von Menschen unter 25 Jahren, die Bürgergeld beziehen, ab dem 1. Januar 2025 aus dem SGB III erbracht werden – statt wie jetzt aus dem SGB II. Bereits ab 2024 soll der Eingliederungstitel im SGB II für die aktive Arbeitsmarktförderung gekürzt werden.

Ökonomisches Kalkül statt Betreuung

Laut dem Paritätischen Wohlfahrtsverband handelt es sich um haushaltspolitische Pläne. Die Bedürfnisse der 700.000 jungen Menschen, die von Grundsicherung betroffen sind, würden hingegen nicht im Fokus stehen.

Der Paritätische Gesamtverband warnt: „Eine Übertragung der Zuständigkeit geht (…) auf Kosten einer ganzheitlichen Beratung und Betreuung.“ Deshalb lehnt der Verband die Verlagerung der Zuständigkeit ab und begründet dies genauer.

Keine ganzheitliche Unterstützung

Laut dem Paritätischen Verband bietet das SGB II ganzheitlichere Unterstützungsansätze für junge Menschen in besonderen Lebenslagen. Es hätte spezifische Instrumente für den individuellen und besonderen Bedarf junger Menschen. Das gelte für das SGB III nicht.

Errungenschaften verschwinden

Das Bürgergeld (SGB II) war unter anderem gerade eingeführt worden, weil bei dem vorherigen Hartz IV ein Defizit an Um- und Weiterbildung sowie kooperativer Betreuung existierte.

Das Bürgergeld setzt deswegen mehr auf Weiterbildung als auf reine Vermittlung in jede Arbeit. Dazu gehört auch das Begleiten junger Menschen während einer Ausbildung und die ganzheitliche Betreuung, um sie an eine solche heranzuführen. Der Paritätische Verband sieht genau diese Errungenschaften jetzt verschwinden: „Das letztgenannte Instrument wurde erst mit der Bürgergeld-Reform eingeführt und soll eine auf die jeweilige Lebenssituation abgestimmte begleitende Unterstützung der Auszubildenden bieten. Diese Instrumente drohen nun ins Leere zu laufen.“

Der regionale Bezug fehlt

Dem Paritätischen Verband zufolge sind die Maßnahmen des SGB II oft viel stärker an die Gegebenheiten vor Ort angepasst, und das war ausdrücklich ein Aspekt der ganzheitlichen Betreuung, die schon bei Hartz IV fehlte.

Hingegen sei das Programm der Agentur für Arbeit, also SGB III, bundesweit einheitlich gestaltet. Gerade wenn junge Menschen schwer zu erreichen sind, brauchen sie jedoch Unterstützung darin, was sie mit ihren Fähigkeiten in einem Lebensumfeld anfangen können, das sie kennen – und das die Mitarbeiter:innen des Jobcenters kennen.

Keine Vernetzung

Zudem hätten sich, so der Paritätische Verband, innerhalb der Maßnahmen nach dem SGB II Netzwerke mit Partnern vor Ort gebildet. So arbeiteten Jobcenter mit Schuldnerberatung oder Suchtbetreuung ebenso zusammen wie mit der Jugendhilfe. Diese Kooperation helfe, Problemlagen zu bewältigen und fördere die Integration der jungen Menschen.

Fehlende Kompetenz der Arbeitsagenturen

Der Verband fragt zudem, wie denn die Kompetenz, die die Mitarbiter/innen der Jobcenter vor Ort haben, beim Übergang in die Arbeitsagenturen gesichert werden soll.

Kürzungen bei der Eingliederung

Problematisch seien auch die geplanten Einsparungen beim Eingliederungstitel im SGB II. Diese sollten 2024 um 200 Millionen Euro auf 4,2 Milliarden Euro gesenkt werden. Auch die Verwaltungskosten sollen um 200 Millionen Euro gekürzt werden.

Der Paritätische Verband befürchtet, dass hier erhebliche Umschichtungen zu Lasten der Eingliederung der jungen Menschen stattfinden werden. Die Handlungsfähigkeit der Jobcenter „bei der aktiven Arbeitsförderung ist aktiv bedroht“.

Der Paritätische Gesamtverband ist strikt dagegen, den Eingliederungstitel zu verringern und setzt sich im Gegenteil dafür ein, diesen deutlich zu erhöhen. Auch die Verwaltungstitel für die Jobcenter müssten den Bedarf decken können.

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

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