Arbeitsmarkt: Vier von zehn Neueinstellungen sind befristet

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Wer einen neuen Job antritt, muss auch in Corona-Zeiten oft mit einem befristeten Arbeitsvertrag vorliebnehmen. Besonders stark betroffen sind junge Beschäftigte und Hochschulabsolventen. Das ergab eine Auswertung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. Zudem werden sehr viel weniger Neueinstellungen vorgenommen, als noch vor der Pandemie.

Viel weniger Neueinstellungen durch Corona-Krise

Unternehmen und öffentliche Arbeitgeber haben ihre Neueinstellungen im Zuge der Corona-Krise dramatisch zurückgefahren. So lag die Zahl der Menschen, die eine neue Beschäftigung aufnahmen, im zweiten Quartal 2020 um 29 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor.

Hoher Anteil von Befristungen

Obwohl sich Arbeitgeber bei Einstellungen also offensichtlich auf das „Nötigste“ beschränken, ist der Anteil der Befristungen weiterhin hoch: 39,4 Prozent der neu Eingestellten erhielten im Frühjahr 2020 einen befristeten Arbeitsvertrag. Gegenüber dem Vergleichszeitraum 2019 ging diese Quote aber moderat um 2,5 Prozentpunkte zurück.

An den langjährigen Mustern bei befristeten Einstellungen hat sich in der Corona-Pandemie ebenfalls wenig geändert, macht die Analyse der WSI-Experten Dr. Eric Seils und Dr. Helge Emmler deutlich: “Überdurchschnittlich stark von Befristungen betroffen sind weiterhin junge Beschäftigte sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit ausländischer Staatsangehörigkeit. So bekamen von den neu Eingestellten unter 25 Jahren 50,8 Prozent nur einen befristeten Arbeitsvertrag, während das in der Altersgruppe zwischen 25 und 54 für 37,1 Prozent galt.”

Besonders betroffen: Beschäftigte ohne Ausbildungsabschluss

Schaut man auf die Qualifikation, müssen sowohl Beschäftigte ohne Ausbildungsabschluss (51,7 Prozent) als auch Hochschulabsolventen (44,6) in einem neuen Job überdurchschnittlich häufig mit einem befristeten Vertrag Vorlieb nehmen.

Besonders weit verbreitet sind befristete Neueinstellungen in den Wirtschaftszweigen Erziehung und Unterricht sowie Information und Kommunikation. Dementsprechend weisen oft Regionen sehr hohe Befristungsquoten auf, deren Arbeitsmarkt von der Kreativ- und Medienbranche oder von Hochschulen geprägt sind. Das gilt nach der neuen Studie etwa für Köln (61,4 Prozent Befristungsquote bei Neueinstellungen), Potsdam (59,7 Prozent) oder Berlin (52,8 Prozent).

Für ihre Untersuchung werteten Seils und Emmler die neuesten verfügbaren Prozessdaten der Bundesagentur für Arbeit zu Einstellungen aus, die sich auf das 2. Quartal 2020 beziehen. Die Prozessdaten sind deutlich aktueller als andere Datenquellen, und sie lassen sich detailliert regional auswerten. Dagegen ist es auf dieser Basis nicht möglich, zwischen Befristungen mit Sachgrund (z.B. Elternzeitvertretung) und ohne zu differenzieren.

Dazu Inge Hannemann bei Twitter: “Ich finde diese Entwicklung und die Stagnation der hohen Befristungen, unabhängig der Art der Befristungen, mehr als bedenklich. Jede Befristung stoppt die persönliche Lebensplanung jeglicher Art. Und die Arbeitgeber entziehen sich jeder Verantwortung. Politische Phrase: Ende Befristung.”