Bedarfsgemeinschaft im Bürgergeld – Darauf sollte geachtet werden

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Eine Bedarfsgemeinschaft (BG) bilden alle Personen in einem Haushalt in dem mindestens eine Person Bürgergeld bezieht. Die Bedarfsgemeinschaft dient unter anderem zur Bemessung der Höhe der Bürgergeld-Leistungen.

Wer bildet eine Bedarfsgemeinschaft?

Wer Leistungen nach dem zweiten Sozialgesetzbuch (SGB II) bezieht, bildet automatisch eine Bedarfsgemeinschaft. Trotz des darin enthaltenen Wortes „Gemeinschaft“ bildet auch ein einzelner erwerbsfähiger Leistungsbezieher mit einem Single-Haushalt eine Bedarfsgemeinschaft. Einzelpersonen erhalten daher beim Jobcenter ebenfalls eine sogenannte BG-Nummer (Bedarfsgemeinschaftsnummer).

Innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft werden alle Einkommen und Vermögen der Mitglieder auf den Bürgergeld-Anspruch angerechnet. Dabei basiert die Bedarfsgemeinschaft auf der Annahme, dass Personen, die besondere persönliche oder verwandtschaftliche Beziehungen zueinander pflegen, und in einem gemeinsamen Haushalt leben, sich im Fall der Hilfebedürftigkeit gegenseitig materiell unterstützen und ihren Lebensunterhaltsbedarf gemeinsam decken.

Wer gehört zu einer Bürgergeld-Bedarfsgemeinschaft?

Zur Bedarfsgemeinschaft gehören alle Personen eines Haushalts, die gemeinsam wirtschaften oder versorgt werden. Dazu zählen:

  • Erwerbsfähige Leistungsberechtigte (Antragsteller)
  • Nicht dauerhaft getrennt lebende Ehepartner und eingetragene Lebenspartner der hilfebedürftigen Person
  • Partnerinnen und Partner in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, sofern diese im selben Haushalt leben und einen gegenseitigen Verantwortungswillen haben. Häufig wird dieser Wille automatisch angenommen, beispielsweise wenn Partner bereits ein Jahr zusammenleben oder gemeinsame Kinder haben.
  • Unverheiratete Kinder unter 25 Jahren, die zum Haushalt gehören, es sei denn, sie haben ausreichendes eigenes Einkommen oder Vermögen.
  • Eltern oder ein Elternteil im Haushalt eines unverheirateten, erwerbsfähigen Kindes, das noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat. Dazu zählt auch der Partner des Elternteils, sofern beide im Haushalt des Kindes leben.

Eine Bedarfsgemeinschaft liegt immer dann vor, wenn die genannten Personen einen gemeinsamen Haushalt führen.

Bei unverheirateten Paaren, die mindestens seit einem Jahr zusammenleben oder mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, geht das Jobcenter automatisch von der Annahme aus, dass diese auch eine Bedarfsgemeinschaft bilden. Grundsätzlich sind Unverheiratete aber rechtlich gesehen nicht gegenseitig unterhaltspflichtig, so dass diese Annahme rein spekulativ ist.

Auch der Zeitraum von einem Jahr des Zusammenlebens ist nicht repräsentativ. Liegt in der Realität keine Bedarfsgemeinschaft vor, sollten die Betroffenen Widerspruch gegen die vorschnelle Annahme des Jobcenters einlegen. Der Widerspruch sollte in schriftlicher Form erfolgen.

WICHTIG: Grundsätzlich liegt die Nachweispflicht dabei aber beim Leistungsbezieher, nicht beim Jobcenter!

Wer zählt nicht zur Bürgergeld-Bedarfsgemeinschaft?

In bestimmten Wohnkonstellationen bilden nicht alle Personen, die in einer Wohnung oder einem Haus gemeinsam leben, eine Bedarfsgemeinschaft. Folgende Personen werden nicht zur Bedarfsgemeinschaft gezählt:

  • Kinder, die über 25 Jahre alt sind.
  • Kinder, die eigene Kinder versorgen, verheiratet sind oder in einer Verantwortungsgemeinschaft leben
  • Kinder, die keine Leistungen nach SGB II beziehen (z.B. wegen Einkommen oder Vermögen)
  • Pflegekinder und Pflegeeltern
  • Großeltern, Enkel, Geschwister, sofern diese ohne Eltern zusammen leben
  • Tanten und Onkel, Nichten und Neffen
  • Sonstige verwandte Personen, die in einer Wohngemeinschaft zusammen leben

Was ist eine Haushaltsgemeinschaft?

Da die genannten Personen nicht Teil der Bedarfsgemeinschaft sind, bilden sie eine sogenannte Haushaltsgemeinschaft. Im Fall von Bedürftigkeit können daraus aber wiederum Bedarfsgemeinschaften gebildet werden, so dass innerhalb einer Haushaltsgemeinschaft mehrere Bedarfsgemeinschaften existieren können.

Ein Beispiel hierfür wäre eine 22-jährige alleinerziehende Mutter, die mit ihrem einjährigen Sohn im Haushalt der Eltern lebt. Mutter und Kind bilden in dem Fall eine eigene Bedarfsgemeinschaft, selbst wenn die Eltern der Mutter ebenfalls Bürgergeld beziehen.

Eine Bedarfsgemeinschaft liegt grundsätzlich nicht vor, wenn trotz gemeinsamer Wohnung eine getrennte Haushaltsführung erfolgt. Dies ist der Fall, wenn getrennt eingekauft, Wäsche gewaschen und gekocht wird. Auch Hausrat und Möbel dürfen dann nicht gemeinsam angeschafft worden sein.

Achtung: Unter bestimmten Umständen können jedoch auch Personen, die nicht direkt zu einer Bedarfsgemeinschaft zählen, für die Berechnung der Leistung berücksichtigt werden.

Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn Verwandte oder Verschwägerte mit hohem Einkommen oder Vermögen in der gleichen Haushaltsgemeinschaft leben und die Vermutung besteht, dass „aus einem Topf gewirtschaftet“ wird.

Die temporäre Bedarfsgemeinschaft

Teilen sich Bürgergeld-Beziehende aufgrund einer Trennung das Sorgerecht für das gemeinsame Kind, dann liegt eine temporäre Bedarfsgemeinschaft vor. Für das Kind erhalten die Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld dann anteilig die Regelleistung. Die Höhe der Leistung ist von der jeweiligen Aufenthaltszeit des Kindes abhängig. Dem Kind steht in diesem Fall ein tageweiser Anspruch für die Dauer des Aufenthalts im Haushalt des leistungsempfangenden Elternteils zu.

Die Wohngemeinschaft ist keine Bedarfsgemeinschaft

Eine besondere Form des Zusammenlebens, die fälschlicherweise häufig vom Jobcenter als Bedarfsgemeinschaft angenommen wird, ist die Wohngemeinschaft.

Eine klassische WG hat jedoch nichts mit einer Haushalts- oder Bedarfsgemeinschaft gemein, da die Bewohner in der Regel nicht gemeinsam wirtschaften. Folglich stehen sie auch nicht finanziell für einander ein. Klassische WGs dienen vielmehr dem Zwecke einer günstigen Unterkunft.

Unterstellt das Jobcenter dennoch eine Bedarfsgemeinschaft, muss vom Hilfebedürftigen nachgewiesen werden, dass die WG-Mitglieder weder über ein gemeinsames Konto, noch über Kontovollmachten des oder der anderen verfügen.

Zudem muss belegt werden, dass die Beteiligten kein gemeinsames Kind haben und keine Kinder oder Angehörigen des Mitbewohners gemeinsam im Haushalt versorgt oder betreut werden.

arüber hinaus wendet das Jobcenter häufig die Ein-Jahres-Regel an, die besagt, dass Menschen, die mindestens ein Jahr lang zusammen leben, automatisch finanziell füreinander einstehen. Diese Annahme ist zwar realitätsfern, jedoch müssen Leistungsbeziehende auch hier das Gegenteil beweisen.

Die Bedarfsgemeinschaft muss einstehen

Das Jobcenter berücksichtigt innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft alle Einkommen, also nicht nur das Einkommen des Antragstellers. Das kann erhebliche Leistungskürzungen zur Folge haben, denn der Gesetzgeber geht davon aus, dass die Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft untereinander Unterhalt leisten.

Zudem ist der Regelsatz in der Bedarfsgemeinschaft geringer als bei allein lebenden Bürgergeld-Beziehenden. So erhalten Partnerinnen oder Partner bei zwei Anspruchsberechtigten in der Bedarfsgemeinschaft seit dem 1. Januar 2023 nur 451 EUR Regelleistung pro Monat statt 502 EUR für einen Singlehaushalt.

Das entspricht circa 90 % des Regelsatzes für Alleinlebende. Zudem besteht Anspruch auf die Übernahme der Kosten für Miete und Heizung. Wird innerhalb der Bedarfsgemeinschaft Einkommen erzielt, wird dieses vom Regelsatz (zusammen 902 EUR) abgezogen.

Darüber hinaus haben die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft Anspruch auf sämtliche Bürgergeld-Mehrbedarfe, sofern sie die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen. Dazu zählen beispielsweise die Mehrbedarfe für Schwangere, Alleinerziehende, Behinderte sowie für eine kostenaufwendige Ernährung bei (chronischer) Krankheit und die dezentrale Warmwassererzeugung.

Was ist die BG-Nummer?

Die BG-Nummer (Bedarfsgemeinschafts-Nummer) ist die wichtigste Information, die Sie bei der Kommunikation mit dem Jobcenter benötigen. Ohne diese Nummer geht gar nichts. Alle Unterlagen, die man einreicht, alle Vorgänge innerhalb des Jobcenters werden mit der BG-Nummer versehen, um sie zuordnen zu können. Die BG-Nummer ist das erste, wonach Sie am Empfang des Jobcenters gefragt werden. Sie ist sozusagen die Identifikationsnummer beim Jobcenter, vergleichbar mit dem Aktenzeichen bei anderen Behörden.

Sie wird aber nicht persönliche Identifikationsnummer genannt, weil sie sich auf mehrere Personen beziehen kann. Personen, die beim Jobcenter zusammen geführt werden, erhalten jeweils eine BG-Nummer zusammen. Damit soll sichergestellt werden, dass das Jobcenter immer alle Informationen innerhalb einer Bedarfsgemeinschaft richtig zuordnen kann.

Wenn zum Beispiel das 21-jährige Kind eines Antragstellers, das einen anderen Nachnamen hat als die anderen Personen im Haushalt, eine Lohnabrechnung beim Jobcenter abgibt, kann das Jobcenter diese Information anhand der BG-Nummer der richtigen Akte zuordnen. Nach welchen Regeln Personen eine Bedarfsgemeinschaft bilden, haben wir weiter unten für Sie zusammengefasst.

BG-Nummer oder Kundennummer?

usätzlich zu Ihrer Bedarfsgemeinschaftsnummer haben Sie immer auch eine Kundennummer. Das ist Ihre individuelle Identifikationsnummer, mit der das Jobcenter Sie als Person identifiziert.

Zusätzlich werden Sie und alle anderen Mitglieder Ihres Haushalts mit der Bedarfsgemeinschaftsnummer zusammengefasst. Um es grob zu formulieren: Ihre Kundennummer haben nur Sie, Ihre BG-Nummer teilen Sie mit Ihrer ganzen Familie, beziehungsweise Gemeinschaft. Auch Singles haben eine Kundennummer und eine BG-Nummer, nur dass sie eben die einzige Person in ihrer Bedarfsgemeinschaft sind.

Wo und wann bekommt man eine BG Nummer?

Ihre BG-Nummer bekommen Sie manchmal schon bei der Antragstellung mitgeteilt. Doch auch wenn es noch einen Moment dauert, bis Sie Ihre BG-Nummer bekommen, die Kundennummer wird Ihnen schon bei der Antragstellung zugewiesen. Spätestens in Ihrem ersten Bescheid finden Sie sowohl die Kundennummer als auch die BG-Nummer. Auch in jedem weiteren Brief, den Sie vom Jobcenter bekommen, werden beide Nummern aufgeführt.

Sie finden sowohl BG-Nummer als auch Kundennummer in der Regel oben rechts im Briefkopf. Sie sind manchmal in dem Wust von Informationen zur Sachbearbeitung, der Jobcenter-Hotline und E-Mail-Adressen schwer auszumachen. Meistens steht die wichtige BG-Nummer dort auch als BG-Nummer, manchmal aber auch als “mein Zeichen.”

Aufbau von BG-Nummer und Kundennummer

BG-Nummern sind nicht immer gleich aufgebaut. Manchmal sind die Buchstaben BG enthalten, manchmal nicht. In der Regel aber finden Sie eine Kennzahl für Ihr Jobcenter gefolgt von zwei Schrägstrichen (//) und dann einer fortlaufenden Nummer.
Das gleiche gilt für Kundennummern. Meistens bestehen sie aus einer Kennzahl für Ihr Jobcenter, dem Buchstaben D und dann einer fortlaufenden Nummer.

FAQ zur Bedarfsgemeinschaft: Alles Wichtige im Überblick

Zum Abschluss haben wir die wichtigsten Punkte zu Bedarfsgemeinschaften kurz zusammengefasst.

Wann besteht eine Bedarfsgemeinschaft?

Eine Bedarfsgemeinschaft liegt vor, wenn mehrere Personen mit mindestens einer erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem Haushalt zusammenleben und den Haushalt wirtschaftlich gemeinsam führen. Das Einkommen und Vermögen aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft wird bei der Berechnung des Bürgergeldes berücksichtigt und entsprechend angerechnet.

Wer ist Teil der Bedarfsgemeinschaft?

Eine Bedarfsgemeinschaft kann aus einer alleinstehenden Person oder aus mehreren Personen in einem Haushalt gebildet werden. Zur Bedarfsgemeinschaft gehören zum Beispiel Ehegatten/Lebenspartner oder Kinder, die im selben Haushalt leben.

Wer ist nicht Teil der Bedarfsgemeinschaft?

Kinder ab 25 Jahren, oder Kinder, die bereits selbst Kinder haben oder verheiratet sind, Großeltern, Onkel, Tanten, Nichten, Neffen und Mitglieder von Wohngemeinschaften (WGs) gehören unter anderem nicht zur Bedarfsgemeinschaft.

Wie hoch sind die Bürgergeld-Regelsätze innerhalb der Bedarfsgemeinschaft?

Ab dem 1. Januar 2023 beträgt der Regelsatz in einer Bedarfsgemeinschaft für zwei volljährige Partner 451 Euro. Alleinstehende erhalten 502 Euro. Für Kinder, die zu einer Bedarfsgemeinschaft gehören wird von 0 bis 6 Jahren ein Regelsatz von 318 Euro, von 6 bis 13 Jahren 348 Euro, von 14 bis 18 Jahren 420 Euro und von 19 bis 24 Jahren ein Regelsatz von 402 Euro angesetzt.

Wie hoch darf das Einkommen der Bedarfsgemeinschaft sein?

Um Anspruch auf die vollen Bürgergeld-Leistungen zu haben, darf das Gesamteinkommen der Bedarfsgemeinschaft nicht ausreichen, um den Bedarf aller Mitglieder zu decken. Daher muss das gesamte Einkommen der Bedarfsgemeinschaft unter Berücksichtigung von Freibeträgen unterhalb des Existenzminimums zuzüglich Mehrbedarfen, Kosten der Unterkunft und Heizung liegen. Seit dem 1. Januar 2023 wurde dieses Minimum auf 451 Euro pro Person festgelegt.

Quellen: