Landessozialgericht: Hartz IV Bezieherin muss Haus mit Verlusten verkaufen

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20 Prozent Verlust bei Hausverkauf sei nicht unwirtschaftlich: LSG Stuttgart: Hartz-IV-Bezieherin ist Verkauf zuzumuten

Einer Hartz-IV-Beziehern ist der Verkauf von nicht selbst genutzten Immobilien auch mit Verlust zuzumuten. Selbst wenn der erzielbare Verkaufspreis nur 80 Prozent des Sachwertes beträgt, ist der Verkauf damit noch nicht offensichtlich unwirtschaftlich, entschied das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg in Stuttgart in einem am Mittwoch, 24. April 2019, veröffentlichten Urteil (Az.: L 7 AS 2024/18).

Im konkreten Fall hatte die Klägerin 2001 ein Grundstück mitsamt dem Anbau eines alten Gutshofes in Mecklenburg-Vorpommern für 30.000 Mark (15.338 Euro) gekauft. In der Folgezeit steckte sie nach eigenen Angaben noch einmal rund 20.000 Euro für Instandhaltungen und Reparaturen hinein. Das Grundstück ist mittlerweile schuldenfrei.

Als die in Baden-Württemberg lebende Frau im Oktober 2016 auf Hartz-IV-Leistungen angewiesen war, bewilligte ihr das Jobcenter lediglich ein Darlehen. Die Behörde verwies auf ihr nicht selbst bewohntes Grundstück in Mecklenburg-Vorpommern. Nach einer Schätzung habe dieses einen Verkaufswert von etwa 25.000 Euro. Damit liege verwertbares Vermögen vor. Die Behörde verlangte von der Frau nun „Verkaufsbemühungen”.

Diese wollte jedoch ihre Immobilie nicht verkaufen und zog vor Gericht. Sie verlangte Hartz-IV-Leistungen als Zuschuss. Der Verkauf des Grundstücks und dem Haus aus den 1880er Jahren sei unwirtschaftlich. Der zu erwartende Verkaufspreis werde wohl nur 80 Prozent des tatsächlichen Sachwertes betragen. Die Immobilie sei zudem als Alterssicherung gedacht. Im Rentenalter wolle sie in das Haus in Mecklenburg-Vorpommern ziehen. Außerdem müssten ihre seitdem aufgebrachten Instandhaltungskosten mit berücksichtigt werden.

Das LSG stellte mit Urteil vom 9. April 2019 jedoch klar, dass die Klägerin keinen Anspruch auf Hartz-IV-Leistungen als Zuschuss hat. Sie sei nicht hilfebedürftig. Der Verkauf der Immobilie sei nicht „offensichtlich unwirtschaftlich” und ihr daher zuzumuten.

Nach den gesetzlichen Bestimmungen sei Vermögen beim Bezug von Arbeitslosengeld II nicht zu berücksichtigen, wenn dieses in angemessenem Umfang der Altersvorsorge dient und die leistungsberechtigten Personen gleichzeitig von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind. Auch selbst genutztes, angemessenes Wohneigentum sei danach vor einer Verwertung geschützt. Schließlich müssten „Sachen und Rechte” auch nicht verkauft werden, wenn der Verkauf „offensichtlich unwirtschaftlich” ist. Maßgeblich sei hier der erzielbare Verkaufspreis, also der Verkehrswert.

Leistungsberechtigten stehe zudem ein Vermögensfreibetrag abhängig von den Lebensjahren sowie ein Freibetrag für notwendige Anschaffungen von 750 Euro zu. Der Vermögensfreibetrag der Klägerin betrage damit 8.850 Euro. Da ihre Immobilie darüber liege, sei diese zu verwerten.

Weder bewohne die Klägerin das Haus, noch sei sie von der Rentenversicherungspflicht befreit, sodass das Haus auch nicht als Altersvorsorge berücksichtigt werden könne.

Der Verkauf sei nicht „offensichtlich unwirtschaftlich” oder stelle eine besondere Härte dar, nur weil der erzielbare Verkaufspreis 80 Prozent des Sachwerts beträgt. Gewisse Verluste, insbesondere unter dem Aspekt verändernder Marktpreise, können jedoch als zumutbar angesehen werden, so das LSG mit Verweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 24. Mai 2017, Az.: B 14 AS 16/16 R; JurAgentur-Meldung vom Urteilstag). Bei Immobilien seien „Verlustquoten” von 20 bis 30 Prozent nicht als offensichtlich unwirtschaftlich anzusehen.

Auch die bislang aufgebrachten Sanierungs- und Renovierungskosten führten zu kein anderes Ergebnis. Denn diese seien in dem geschätzten erzielbaren Verkaufspreis bereits berücksichtigt worden. fle

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