BSG unterbindet Sparpraxis der Arbeitsverwaltung
Eine zum Ende des Arbeitsverhältnisses gezahlte Abfindung muss nicht zu einem langen Ruhen des Arbeitslosengeldes führen. Wenn der Arbeitgeber die reguläre Kündigungsfrist eingehalten hat, darf die Arbeitsagentur allenfalls eine Sperrzeit von zwölf Wochen verhängen, urteilte am Donnerstag, 21. Juni 2018, das Bundessozialgericht (BSG) in Kassel (Az.: B 11 AL 13/17 R).
Es gab damit einer früheren Mitarbeiterin der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Hessen recht. Die KV hatte 2009 Umstrukturierungen beschlossen, darunter die Schließung der Bezirksstellen in Limburg und Marburg. Soweit die KV keine andere Stelle anbieten konnte, erhielten die betroffenen Mitarbeiter eine mit dem Gesamtpersonalrat vereinbarte Abfindung.
Im November 2009 vereinbarte die KV mit der Klägerin eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2010. Sie erhielt eine Abfindung von 6.925 Euro.
Laut Gesetz kann die Arbeitsagentur eine sogenannte Sperrzeit beim Arbeitslosengeld von bis zu zwölf Wochen verhängen, wenn Arbeitnehmer selbst gekündigt haben oder aus anderen Gründen selbst für ihre Arbeitslosigkeit verantwortlich sind. Das wird meist auch angenommen, wenn – wie hier – Arbeitnehmern nicht formell gekündigt, sondern ein Aufhebungsvertrag vereinbart wurde.
Darüber hinaus kann das Arbeitslosengeld weiter ruhen, wenn Arbeitnehmer eine Entlassungsentschädigung erhalten haben. Die Ruhensdauer kann bis zu ein Jahr betragen und hängt im Einzelfall unter anderem vom Alter, Beschäftigungsdauer und Höhe der Abfindung ab. Allerdings schließt das Gesetz ein solches Ruhen aus, wenn das Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf der jeweils gültigen Kündigungsfrist beendet wird.
Im Streitfall war die Kündigungsfrist von drei Monaten eingehalten worden. Dennoch bewilligte die Arbeitsagentur Arbeitslosengeld erst ab dem 24. September 2010, was einer Sperrzeit von zwölf Wochen und einem Ruhen von weiteren drei Monaten entspricht.
Hintergrund sind immer wieder auftretende Versuche der Arbeitsverwaltung, statt der tatsächlichen Kündigungsfrist aus den Umständen des Einzelfalls eine längere, „fiktive Kündigungsfrist“ abzuleiten.
Dem schob das BSG nun einen Riegel vor. Eine solche Einzelfallprüfung mit abweichenden fiktiven Kündigungsfristen ist mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar, urteilten die Kasseler Richter. Das Gesetz knüpfe grundsätzlich an die rechtlichen Fristen für eine ordentliche Kündigung an. Ob, wie hier von der Arbeitsagentur angenommen, eine ordentliche Kündigung im Einzelfall möglicherweise erschwert gewesen wäre, sei „unerheblich“. mwo
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