Späte Vergütung kann eine Schenkung sein

Lesedauer 2 Minuten

FG Hannover: Keine Einkommensteuer bei Hilfe für alte Nachbarin

Wird die Unterstützung für eine alte Nachbarin nach Jahren mit einer „Vergütung” honoriert, so kann dies als Schenkung zu werten sein, die nicht der Einkommensteuer unterliegt. Das hat das Niedersächsische Finanzgericht (FG) in Hannover in einem am Mittwoch, 18. September 2019, bekanntgegebenen Urteil entschieden (Az.: 9 K 101/18). Dies gilt danach aber nicht für richtige Pflege, weil diese üblich nur gegen Entgelt erbracht wird.

Der Kläger war 2006 von seiner damals 81-jährigen Nachbarin gebeten worden, bei Bedarf deren Betreuung zu übernehmen. Beide kannten sich bereits seit 34 Jahren. Die eigene Verwandtschaft erschien der Witwe nicht ausreichend vertrauenswürdig. In einer Betreuungsverfügung bestimmte die Frau, dass wenn erforderlich ihr Nachbar ihre Betreuung übernehmen solle. Zudem erteilte sie ihm eine Vorsorgevollmacht, unter anderem für Vermögensangelegenheiten.

Notwendig wurde eine Betreuung der weiterhin rüstigen Frau nicht. Auch nach ihrem Umzug in ein Wohnheim besuchte der Ex-Nachbar sie aber regelmäßig und half ihr in Geld- und Behördenfragen oder auch bei Einkäufen.

Rückwirkende Vergütung vereinbart

Erst 2014 vereinbarten die Ex-Nachbarn eine auch rückwirkende Vergütung von 50 Euro pro Monat. Mit Zustimmung der Witwe und unter Nutzung seiner Vollmachten überwies der Kläger sich 2016 selbst die vereinbarten 5.000 Euro für die ersten 100 Monate. 2017 kam es zu einem Zerwürfnis, weshalb der Kläger selbst die Betreuungsvereinbarung und die Vorsorgevollmacht aufgekündigt hat.

Für die in 2016 ausbezahlten 5.000 Euro berücksichtigte das Finanzamt nur die in demselben Jahr angefallenen Kosten des Klägers von 384 Euro. Die restlichen 4.616 Euro behandelte es als steuerpflichtig. Nach eigener Berechnung waren dem Mann von 2006 bis 2016 insgesamt Kosten – überwiegend Fahrtkosten – in Höhe von 5.300 Euro entstanden.

Zu Unrecht als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit gewertet

Nach dem auch bereits schriftlich veröffentlichten Urteil des FG Hannover vom 26. Juni 2019 kommt es darauf gar nicht an. Das Finanzamt habe die 5.000 Euro insgesamt zu Unrecht als Einkünfte aus selbstständiger Tätigkeit gewertet. „Der Senat konnte im Streitfall ein individuelles Erwerbsstreben des Klägers durch Nutzung einer den Zugang zum Markt verschaffenden Erwerbsgrundlage nicht feststellen.” Insbesondere sei er nicht als Berufsbetreuer tätig, sondern seine Hilfe für die Witwe sei privat motiviert gewesen.

Solch eine nicht steuerbare private Hilfe sei nicht nur unter Angehörigen, sondern auch im Rahmen nachbarschaftlicher Hilfeleistungen möglich, betonte das FG. Hier habe es zunächst keine Vereinbarung über eine Vergütung gegeben. Pflege, die üblich gegen Entgelt erbracht werde, habe der Kläger nicht geleistet. Die Hilfen seien nicht über das hinausgegangen, „was üblicherweise im Rahmen einer guten nachbarschaftlichen Beziehung unentgeltlich erbracht wird”.

Die „Vergütung” sei hier daher nicht im Sinne einer steuerpflichtigen Bezahlung zu verstehen, sondern „im Sinne von ‚wiedergutmachen’, mit anderen Worten im Sinne einer freigebigen Geldzuwendung” und damit als Schenkung, folgerten die Hannoveraner Richter. Für Nicht-Verwandte gilt hier ein Steuerfreibetrag von 20.000 Euro. mwo/fle

Ist das Bürgergeld besser als Hartz IV?

Wird geladen ... Wird geladen ...