Die Frage, wer die Kosten für Gutachten zu einer Schwerbehinderung übernimmt, erreicht uns immer wieder. Häufig kommt es nämlich vor, dass Betroffene ihren Grad der Behinderung (GdB) durch ein Gutachten nachweisen müssen, um ihre rechtlichen Ansprüche geltend zu machen.
Doch wer trägt die Kosten, wenn ein solches Gutachten im Zuge eines Gerichtsverfahrens zum Grad der Behinderung eingeholt wird? Diese Frage wollen wir hier einmal beantworten.
Inhaltsverzeichnis
Aufklärungspflicht des Sozialgerichts
Zunächst ist festzuhalten, dass das Sozialgericht in Deutschland von Amts wegen verpflichtet ist, den Sachverhalt vollständig aufzuklären. Dies bedeutet, dass das Gericht selbst alle notwendigen Ermittlungen anstellen muss, um die Ansprüche der Parteien zu prüfen. In vielen Fällen wird hierzu die Einholung eines Sachverständigengutachtens notwendig.
Wer übernimmt die Kosten des Gutachtens?
Wenn das Gericht ein Gutachten einholt, stellt sich die Frage, wer die Kosten dafür trägt. Grundsätzlich gilt, dass die Landeskasse die Kosten übernimmt, wenn das Gutachten neue Erkenntnisse bringt, die zur Sachaufklärung beitragen.
Diese Regelung gilt selbst dann, wenn der Kläger das Gutachten beantragt hat, ohne den Abschluss der gerichtlichen Ermittlungen abzuwarten.
Der Fall des Landessozialgerichts München
Ein konkretes Beispiel bietet die Entscheidung des Landessozialgerichts München (AZ: L 2 SB 109/17 B). In diesem Fall wollte ein Kläger einen höheren GdB als 30 feststellen lassen und bot in der Klagebegründung an, ein Sachverständigengutachten einholen zu lassen. Es wurden schließlich drei Gutachten eingeholt, die unterschiedliche Ergebnisse lieferten.
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Ergebnis der Gutachten
Ein psychiatrisches Gutachten stellte einen GdB von 40 allein im psychiatrischen Bereich fest. Berücksichtigte man weitere Einschränkungen wie Migräne und eine chronische Nebenhöhlenentzündung, ergab sich ein Gesamt-GdB von 50.
Ein weiteres Gutachten eines Facharztes kam jedoch nur zu einem Gesamt-GdB von 40, basierend auf den seelischen Störungen und anderen körperlichen Einschränkungen.
Vergleich und Entscheidung des Sozialgerichts
Im Laufe des Verfahrens einigten sich die Parteien auf einen Vergleich, der einen GdB von 40 festlegte. Das Sozialgericht entschied jedoch, dass die Kosten der Gutachten nicht von der Staatskasse übernommen würden, da der Kläger den Antrag gestellt hatte, bevor das Gericht in die Beweisaufnahme hätte eintreten können.
Änderung durch das Landessozialgericht
Das Landessozialgericht München änderte diese Entscheidung teilweise. Es befand, dass das neurologische und das orthopädische Gutachten keine neuen Erkenntnisse gebracht hätten und daher nicht von der Staatskasse übernommen werden müssten.
Das psychiatrische Gutachten hingegen habe wesentliche neue Anhaltspunkte geliefert, die für die Sachaufklärung entscheidend waren. Diese Ermittlungen hätte das Sozialgericht von Amts wegen durchführen müssen, weshalb die Kosten hierfür von der Landeskasse zu übernehmen seien.
Fazit: Landeskasse muss Gutachten zahlen
In der Praxis bedeutet dies, dass die Kosten für Gutachten in Verfahren zur Feststellung eines Behinderungsgrades von der Landeskasse übernommen werden müssen, wenn sie neue und wesentliche Erkenntnisse liefern.
Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pädagogik studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprävention tätig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht, Gesundheitsprävention sowie bei gesellschaftspolitischen Themen. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und engagiert sich politisch für Armutsbetroffene.