Schwerbehinderung: Staat übernimmt auch unangemessene Wohnkosten

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Wer eine niedrige Rente bezieht und zudem noch eine Schwerbehinderung hat, ist oft froh, eine Wohnung zu haben, in der er oder sie in Rollator oder Rollstuhl zurechtkommt.

Die Betroffenen können in eine schwierige Lage geraten, wenn die Behörde, von der sie Sozialleistungen beziehen, jetzt fordert, in eine andere Wohnung umzuziehen.

Mit eingeschränkter Mobilität können die Betroffenen nur erschwert eine Wohnung suchen, und eine Unterkunft in einer Preisklasse, die die zuständige Behörde als “angemessen” betrachtet, ist fast wie ein Sechser im Lotto.

Gericht stellt sich hinter Rentnerin mit Schwerbehinderung

Das Sozialgericht Mannheim stärkte die Rechte von Rentnern und Rentnerinnen mit Schwerbehinderung: Wenn eine Kostensenkung unmöglich ist, kann die Grundsicherung auch Unterkunftskosten übernehmen, die objektiv unangemessen sind. So entschied das Gericht. (S 2 SO 184/18).

Verfügbarkeit günstigerer Wohnung zweifelhaft

Es begründete diese Entscheidung unter anderem damit, dass es zweifelhaft sei, ob die Betroffenen eine angemessene, günstigere Wohnung finden können.

Altersrente, Grundsicherung und Gehbehinderung

Ein Ehepaar, das 75 Jahre alt war, bezog eine niedrige Altersrente und erhielt ergänzend vom zuständigen Kreis Grundsicherung im Alter.

Die Frau ist gehbehindert, hat einen Grad der Behinderung von 100 mit dem Merkzeichen G (erhebliche Beeinträchtigung der Gehfähigkeit). Außerdem hat sie das Merkzeichen B (Berechtigung für ständige Begleitung). In der Wohnung benötigt sie einen Gehstock und einen Rollator, um sich zu bewegen. Während das Verfahren lief, bekam sie einen Rollstuhl verordnet.

Beide lebten in einer 62 Quadratmeter großen Wohnung und zahlten eine Kaltmiete von 580 Euro.

Ehepaar wurde aufgefordert günstigere Wohnung zu suchen

Das wirkt bei steigenden Mietpreisen nicht teuer, doch der Kreis behauptete, eine statistische Erhebung im Umfeld der Wohnung hätte ergeben, dass eine Bruttokaltmiete von 461 Euro angemessen sei. Das Ehepaar wurde aufgefordert, sich eine günstigere Wohnung zu suchen.

Allerdings übernahm der Kreis trotzdem erst einmal die tatsächlichen Kosten, ohne dass die Betroffenen umziehen mussten – für mehrere Jahre. Dann aber zahlte die Kommune nur noch den Betrag, den sie für angemessen hielt.

Die Begründung dafür lautete, das Ehepaar hätte keine ausreichenden Bemühungen nachgewiesen, die Kosten zu senken.

Keine behindertengerechte Wohnung verfügbar

Es ging vor Gericht, und die Eheleute argumentierten, dass sie sogar gerne in eine behindertengerechte Wohnung umziehen würden. Eine solche gebe es aber in ihrer Wohnung nicht zu dem von dem Kreis geforderten Mietpreis.

Aus ihrem Gebiet wegziehen könnten sie nicht, denn ihre Tochter sei bewusst zugezogen, um sich pflegerisch um ihre Eltern zu kümmern.

Das Sozialgericht gibt dem Ehepaar Recht

Das Sozialgericht Mannheim stimmte dem Rentnerpaar zu. Es verurteilte den Kreis, die Unterkunftskosten der bestehenden Wohnung weiterhin voll zu übernehmen.

Das Gericht stimmte zwar zu, dass die Wohnung laut der statistischen Erhebung zu teuer sei. Doch es sei für die Eheleute nicht möglich, ohne Hilfe eine passende Wohnung zu finden.

Der Beklagte (der Kreis) hätte aber keine solche Hilfe angeboten – zum Beispiel durch Übernahme von Maklerkosten.

Verfügbarkeit passender Wohnung zweifelhaft

Außerdem, so das Gericht, sei es zweifelhaft, ob eine entsprechende Wohnung überhaupt verfügbar sei. Das Sozialgericht verwies dabei auf die Gehbehinderung der Rentnerin und darauf, dass die Wohnung diesen speziellen Erfordernissen entsprechen müsse.