Hohe Hรผrden fรผr unbefristeten Schwerbehindertenausweis: Ein Urteil des LSG Thรผringen
Das Thรผringer Landessozialgericht (LSG) hat in einem verรถffentlichten Urteil entschieden, dass kein Anspruch auf einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis besteht, selbst wenn ein Bescheid vorliegt, dass die Schwerbehinderung unbefristet besteht und keine Verbesserung des Gesundheitszustands zu erwarten ist.
Warum wurde der Antrag auf einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis abgelehnt?
Der Klรคger beantragte einen unbefristeten Schwerbehindertenausweis.
Der Antragsteller hatte bereits 1991 einen Antrag auf Feststellung einer Behinderung und des Grads der Behinderung (GdB) gestellt.
Ihm wurde ein GdB von 100 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen zur Befreiung von der Rundfunkgebรผhrenpflicht bestรคtigt. 2002 wurde zudem die Gehรถrlosigkeit festgestellt.
Im Jahr 2014 beantragte der Betroffene einen neuen Schwerbehindertenausweis im Scheckkartenformat, der den bisherigen Papierausweis ersetzen sollte. Dabei gab er an, dass sein alter Ausweis unbefristet gewesen sei.
Die Behรถrde lehnte jedoch einen unbefristeten Ausweis ab und stellte einen befristeten Ausweis fรผr fรผnf Jahre aus. Ein Widerspruch gegen diese Befristung blieb erfolglos.
Im Mรคrz 2019 stellte der schwerbehinderte Betroffene erneut einen Antrag auf einen unbefristeten Ausweis, welcher ebenfalls abgelehnt wurde.
Auch sein Widerspruch und die anschlieรende Klage vor dem Sozialgericht blieben ohne Erfolg.
Der Klรคger argumentierte, dass ihm ein unzumutbarer Mehraufwand entstรผnde, wenn er den Ausweis immer wieder neu beantragen mรผsse, da keine Verbesserung seines Gesundheitszustands zu erwarten sei.
Was sagt das Gesetz zur Befristung des Schwerbehindertenausweises?
Das Gericht wies die Klage ab und bestรคtigte die gesetzliche Regelung, die eine Befristung des Schwerbehindertenausweises vorsieht. Nach dem Gesetz soll die Gรผltigkeitsdauer des Ausweises im Regelfall befristet werden.
Ausnahmen davon sind mรถglich, aber nicht ausdrรผcklich im Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) normiert.
Das Wort “soll” im Gesetzestext wird dabei so interpretiert, dass die Behรถrde im Regelfall zur Befristung verpflichtet ist, jedoch in atypischen Fรคllen davon abweichen kann.
Ein atypischer Fall liegt dann vor, wenn der Aufwand fรผr den Antragsteller deutlich vom Normalfall abweicht und ihn stรคrker belastet als andere Schwerbehinderte, die ebenfalls regelmรครig neue Ausweise beantragen mรผssen.
Was bedeutet ein atypischer Fall bei einem Schwerbehindertenausweises?
Das LSG stellte klar, dass die Frage, ob ein atypischer Fall vorliegt, nicht im Ermessen der Behรถrde liegt, sondern von den Gerichten รผberprรผft werden muss.
Ein atypischer Fall erfordert, dass der Mehraufwand fรผr den Antragsteller signifikant hรถher ist als im Normalfall. In dem verhandelten Fall sah das Gericht keinen atypischen Umstand, der eine Ausnahme rechtfertigen wรผrde.
Der Umstand, dass keine รnderung seines Gesundheitszustands zu erwarten sei, habe mit dem Aufwand beim Antrag nichts zu tun.
Welche Rolle spielt der vorherige unbefristete Ausweis?
Der Betroffene argumentierte, dass er zuvor einen unbefristeten Ausweis besessen habe und deshalb ein Vertrauen auf den Fortbestand bestehe.
Das LSG wies jedoch darauf hin, dass dieser Umstand keine geeignete Grundlage fรผr einen Anspruch auf einen unbefristeten Ausweis darstelle.
Zudem seien seit der Ausstellung des letzten unbefristeten Ausweises sechs Jahre vergangen, was die Annahme eines fortbestehenden Vertrauens zusรคtzlich schwรคche.
Fazit: Hohe Hรผrden fรผr unbefristete Schwerbehindertenausweise
Das Urteil des LSG Thรผringen zeigt, dass die Hรผrden fรผr die Ausstellung eines unbefristeten Schwerbehindertenausweises hoch sind.
Selbst wenn eine unbefristete Schwerbehinderung vorliegt und keine gesundheitliche Verbesserung zu erwarten ist, besteht im Regelfall kein Anspruch auf einen unbefristeten Ausweis.
Ausnahmen sind nur in atypischen Fรคllen mรถglich, bei denen der Aufwand fรผr den Antragsteller deutlich hรถher ist als รผblich. Die Entscheidung verdeutlicht die strikte Handhabung der gesetzlichen Vorgaben und den begrenzten Spielraum fรผr Abweichungen im Einzelfall.
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Carolin-Jana Klose ist seit 2023 Autorin bei Gegen-Hartz.de. Carolin hat Pรคdagogik und Sportmedizin studiert und ist hauptberuflich in der Gesundheitsprรคvention und im Reha-Sport fรผr Menschen mit Schwerbehinderungen tรคtig. Ihre Expertise liegt im Sozialrecht und Gesundheitsprรคvention. Sie ist aktiv in der Erwerbslosenberatung und Behindertenberatung.