Schulden: Auto kann bei wichtigen Gründen unpfändbar sein

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Aus gesundheitlichen Gründen kann ein Auto bei einer Pfändung wegen Schulden unpfändbar sein, wie der Bundesgerichtshof entschieden hat. Das Auto unterliegt dann dem Pfändungsschutz.

Wenn psychisch Kranke aufgrund ihrer Erkrankung nicht in der Lage sind, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, kann ihr Auto aus „gesundheitlichen Gründen“ und zur Eingliederung in die Gesellschaft unpfändbar sein.

Dies gilt erst recht, wenn der Betroffene das Auto für Fahrten zum Arzt benötigt, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe in einem am Mittwoch, 12. Oktober 2022, veröffentlichten Beschluss (Az.: VII ZB 5/22). Der Pfändung stehe nicht entgegen, dass das Auto mit Zuschüssen aus einem Entschädigungsfonds finanziert wurde.

Kläger kaufte Auto aus Mitteln eines staatlichen Fonds

Damit kann ein überschuldeter, an paranoider Schizophrenie und Epilepsie leidender Mann aus Erfurt hoffen, sein Auto behalten zu dürfen. Er hatte das Fahrzeug 2017 gekauft und überwiegend aus Mitteln des staatlichen Fonds Heimerziehung in der DDR in den Jahren 1949 bis 1990″ finanziert.

Der Fonds wurde eingerichtet, um Leid und Unrecht ehemaliger Heimkinder in der DDR zu mildern. Wegen bestehender Schulden wollte die Gerichtsvollzieherin das Auto des Betreuten pfänden.

Dieser vertrat die Auffassung, sein Auto sei unpfändbar. Das Auto sei aus Mitteln des Fonds finanziert worden, für die ein Pfändungsschutz bestehe.

Verweis auf ähnliches Urteil

Er verwies auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22. Mai 2014, in der das Gericht ebenfalls Leistungen der katholischen Kirche an Opfer sexuellen Missbrauchs für unpfändbar erklärt hatte (Az.: IX ZB 72/12;).

Eine Auszahlung an die Gläubiger würde die Entschädigung „als sonstige Leistung erscheinen lassen“, so die Karlsruher Richter damals. Die katholische Kirche hätte die Entschädigung dann wohl gar nicht gewährt.

Im aktuellen Fall meinte der Kläger, die BGH-Entscheidung zum Pfändungsschutz sei auf ihn übertragbar. Außerdem sei er aus „gesundheitlichen Gründen“ auf das Auto angewiesen.

Kläger kann aus gesundheitlichen Gründen keine öffentlichen Verkehrsmittel nutzen

In akuten Krankheitsphasen müsse er zweimal wöchentlich zu seiner ärztlichen Therapeutin fahren, deren Praxis 90 Kilometer entfernt sei. Öffentliche Verkehrsmittel könne er nicht benutzen, da er sich bedroht fühle und aggressiv reagiere.

Das Landgericht Erfurt billigte jedoch die Pfändung des Autos. Die Entscheidung des BGH zu Entschädigungszahlungen an Missbrauchsopfer der katholischen Kirche sei hier nicht vergleichbar. Denn hier gehe es nicht um einen ausgezahlten Betrag, sondern um ein bereits vorhandenes Auto, das aus Fondsmitteln finanziert worden sei.

Angesichts der Häufigkeit der Arztbesuche und der großen Entfernung zu seiner Ärztin sei es dem Mann auch zumutbar, zum Sitz der Praxis umzuziehen.

BGH: Auch psychisch Kranke können auf Pkw angewiesen sein

Der BGH hob diese Entscheidung mit Beschluss vom 10. August 2022 auf und verwies das Verfahren an das Landgericht zurück. Einer möglichen Pfändung stehe zwar nicht entgegen, dass das Auto aus Mitteln des Fonds finanziert worden sei.

Das Landgericht habe aber nicht berücksichtigt, dass nach dem Gesetz Gegenstände „aus gesundheitlichen Gründen“ unpfändbar sein können.

Dies sei dann der Fall, wenn die Nutzung des Pkw wesentlich zur Eingliederung in die Gesellschaft beitrage und bestehende krankheitsbedingte Nachteile ausgleichen könne. Die angeführten Arztbesuche allein könnten dies nicht begründen.

„Die Unpfändbarkeit des Pkw kann sich aber daraus ergeben, dass der Schuldner auf ihn angewiesen ist, um die aus seiner psychischen Erkrankung resultierenden Nachteile teilweise auszugleichen und seine Eingliederung in das gesellschaftliche Leben wesentlich zu erleichtern“, heißt es in der Entscheidung.

Gericht muss prüfen, ob Schuldner fahrtauglich ist

Wenn der Schuldner krankheitsbedingt nicht in der Lage sei, öffentliche Verkehrsmittel zu benutzen, könne dies eine Unpfändbarkeit begründen. Dies alles müsse das Landgericht erneut aufklären und auch prüfen, ob der Mann in der akuten Krankheitsphase überhaupt fahrtüchtig gewesen sei, so der BGH. fle/mwo

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