Eine Marokkanische Bedarfsgemeinschaft hat Anspruch auf Bürgergeld im Eilverfahren durchgesetzt. Wie kam es dazu, da doch Ausländer von Bürgergeld-Leistungen ausgeschlossen im Grundsatz ausgeschlossen sind.
Leistungen nach dem SGB II – Bürgergeld sind ausgenommen
Nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB 2 sind von Leistungen des SGB 2 Ausländer ausgeschlossen, die kein Aufenthaltsrecht haben. Diese Leistungsausschlüsse gelten auch für nichterwerbsfähige Angehörige einer Bedarfsgemeinschaft (BSG, Urteil vom 14. Juni 2018 – B 14 AS 28/17 R) und damit auch für Kinder von z.B. aufenthaltsberechtigten Elternteilen.
Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit erweist sich der Aufenthalt des Antragstellers/Kindes als rechtmäßig, sodass insbesondere der Leistungsausschluss Nr, 2 a) nicht greift; auch die weiteren Ausschlusstatbestände liegen nicht vor.
Aufenthaltsrecht des Antragstellers aus § 81 Abs. 3 AufenthG
Nach § 81 Abs. 3 AufenthG gilt der Aufenthalt eines Ausländers bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt, wenn sich dieser rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt, ohne einen so zu besitzen. Danach gilt der Aufenthalt eines Ausländers bis zur Entscheidung der Ausländerbehörde als erlaubt, wenn sich dieser rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält und die Erteilung eines Aufenthaltstitels beantragt, ohne einen solchen zu besitzen.
Ob die betroffene Person über eine Bescheinigung über die sich aus der genannten Norm ergebende Erlaubnisfiktion verfügt, ist nicht relevant, weil der Bescheinigung nur eine deklaratorische Wirkung zukommt (LSG NRW, Beschluss vom 19.10.2023 – L 6 AS 873/23 B ER – ; LSG Schleswig, Beschl. v. 05.04.2023 – L 9 AY 19/23 B ER – ).
Der fiktiv erlaubte Aufenthalt nach § 83 Abs. 3 und Abs. 5 AufenthG stellt ein Aufenthaltsrecht i.S.v. § 7 S. 2 Nr. 2 a SGB II dar
Liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 33 S. 1 AufenthG vor, so stellt der fiktiv erlaubte Aufenthalt nach § 83 Abs. 3 und Abs. 5 AufenthG ein Aufenthaltsrecht i. S. des § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2a SGB 2 dar.
Fazit
1. Liegen weitere Ausschlusstatbestände des § 7 Abs. 1 SGB 2 nicht vor, so sind dem Ausländer bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 86b Abs. 2 S. 2 SGG Leistungen der Grundsicherung/ Bürgergeld im Wege des einstweiligen Rechtschutzes vorläufig zu gewähren.
2. Marokkanischer Staatsangehöriger (Sohn) lebt mit seinem afghanischem Vater, einem erwerbsfähigen Leistungsberechtigten, in einer Bedarfsgemeinschaft und hat somit Anspruch auf Bürgergeld im Eilverfahren für nichterwerbsfähige Personen gemäß §§ 7 Abs. 1, 9 Abs. 1, 19 Abs. 1 S. 2 SGB II (früher Sozialgeld).
3. Der Aufenthalt des Kindes bzw. der seiner Eltern ergibt sich nicht allein aus dem Zweck der Arbeitssuche, der Ausbildungs- oder Studienplatzsuche oder einer Aufenthaltserlaubnis nach § 20a des Aufenthaltsgesetzes i.S.v. § 7 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 b) SGB II.
SG Hamburg äußert sich zum Mehrbedarf für Passbeschaffungskosten
Die Kosten für die Anschaffung sind sowohl von inländischen als auch von ausländischen Ausweisdokumenten in die Regelbedarfsermittlung eingeflossen (BSG, Urteil vom 12.09.2018 – B 4 AS 33/17 R -). Die Kosten werden damit durch die als Pauschale gewährten Regelbedarfssätze abgebildet.
Gesetzgeber bietet in solchen Lagen ein rückzahlbares Darlehen an
Wenn die ein Antragsteller nicht in der Lage ist, die bislang weder bezifferten noch glaubhaft gemachten Passbeschaffungskosten aufzubringen, wäre bei einer entsprechenden, vorliegend indes nicht erfolgten Antragstellung ein Darlehen nach § 24 Abs. 1 SGB II in Betracht gekommen.
Diese Vorschrift dient gerade der Schließung von Deckungslücken im Bereich einmaliger, nicht dauerhafter oder laufender Bedarf.
Kein Härtefallmehrbedarf für Passbeschaffungskosten § 21 Abs. 6 SGB 2
Die Anerkennung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 6 SGB II scheitert bereits daran, dass die Passbeschaffungskosten einen einmaligen Bedarf darstellen.
Bschluss: Zu den Voraussetzungen einer vorläufigen Bewilligung von Bürgergeld für einen Ausländer im Wege des einstweiligen Rechtschutzes (Sozialgericht Hamburg, Beschluss v. 11.11.2024 – S 62 AS 237624 ER – ).
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Detlef Brock ist Redakteur bei Gegen-Hartz.de und beim Sozialverein Tacheles e.V. Bekannt ist er aus dem Sozialticker und später aus dem Forum von Tacheles unter dem Namen “Willi2”. Er erstellt einmal wöchentlich den Rechtsticker bei Tacheles. Sein Wissen zum Sozialrecht hat er sich autodidaktisch seit nunmehr 17 Jahren angeeignet.