Kündigung: Darf der Arbeitgeber während einer Erkrankung kündigen?

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Wenn Arbeitnehmer häufiger oder über einen längeren Zeitraum am Stück krank sind, versuchen viele Arbeitgeber, den betroffenen Mitarbeiter zu kündigen. Da der Kündigungsschutz in Deutschland relativ arbeitnehmerfreundlich ist, werden alle möglichen Tricks angewandt, um den unliebsamen Mitarbeiter loszuwerden.

Im vorliegenden Fall war der Arbeitnehmer seiner Pflicht nicht nachgekommen, seine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig anzuzeigen. “Um gegen eine Kündigung vorzugehen, sollte immer das Instrument der Kündigungsschutzklage genutzt werden”, betont Rechtsanwalt Christian Lange.

Pflicht zur rechtzeitigen Krankmeldung missachtet

Im vorliegenden Fall war ein Arbeitnehmer seit Oktober 2007 bei einem Unternehmen beschäftigt. Seit Juli 2016 war der Arbeitnehmer krankheitsbedingt dauerhaft krankgeschrieben.

Der Arbeitgeber wies den Arbeitnehmer schriftlich an, seine Arbeitsunfähigkeit anzuzeigen. Diese Pflicht gelte auch bei einer Fortsetzungserkrankung, so der Arbeitgeber.

Zu Beginn des Jahres 2017 erhielt der betroffene Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber drei Abmahnungen. Zwei Abmahnungen bezogen sich auf die verspätete Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), die in der Folge ausgestellt wurde.

Im August 2017 reichte der Arbeitnehmer die AU-Folgebescheinigung erneut verspätet ein. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer fristgerecht.

Angestellter reichte Kündigungsschutzklage ein

Daraufhin erhob der Mann zusammen mit seinem Anwalt Kündigungsschutzklage (ArbG Ulm AZ: 8 Ca 375/17). Die Kündigung sei wegen Unverhältnismäßigkeit sozial ungerechtfertigt.

Da der Arbeitgeber Berufung einlegte, befasste sich auch das Landesarbeitsgericht mit dem Fall (LAG Baden-Württemberg AZ: 10 Sa 52/18).

Sowohl das Arbeitsgericht Ulm als auch das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg gaben dem Gekündigten Recht. Nach der Rechtsauffassung beider Gerichte war die Kündigung unwirksam. Die rechtzeitige Vorlage des “gelben Scheins” sei eine “vertragliche Nebenpflicht” des Arbeitnehmers.

Verletzt der Arbeitnehmer diese vertragliche Nebenpflicht zur rechtzeitigen Vorlage der AU-Bescheinigung nach vorheriger Abmahnung, kann dies grundsätzlich eine verhaltensbedingte Kündigung rechtfertigen.

Diese Pflicht besteht auch dann, wenn der Arbeitnehmer nicht mehr Entgeltfortzahlung vom Arbeitgeber, sondern Krankengeld von der Krankenkasse erhält.

Verspätete Folgebescheinigung einer Krankmeldung weniger gravierend

Dennoch entschieden die Arbeitsgerichte in diesem Fall zugunsten des Gekündigten. Nach Ansicht der Gerichte “wiegt der Verstoß gegen die Anzeigepflicht bei einer schon länger bestehenden Krankheit weniger schwer”.

Außerdem sei der Arbeitnehmer schon lange im Betrieb beschäftigt gewesen. Auch sei zu berücksichtigen, dass das Arbeitsverhältnis vor der Kündigung “störungsfrei”, d.h. ohne Abmahnungen, verlaufen sei. Die Kündigung sei daher unverhältnismäßig.

Das Gericht unterschied in seinem Urteil zwischen einer verspäteten Vorlage einer AU bei einer Ersterkrankung und einer verspäteten Vorlage bei einer Fortsetzungserkrankung. Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts wiegt die verspätete Vorlage einer Folgebescheinigung weniger schwer.

Abfindung aushandeln

Da nach einer Kündigung und einer sich anschließenden Kündigungsschutzklage das Arbeitsverhältnis “vergiftet” ist, ist das Aushandeln einer angemessenen Abfindung im Rahmen einer Klage ratsam.

Aber Achtung: Eine Kündigungsschutzklage muss immer rechtzeitig nach Erhalt der Kündigung eingereicht werden. Der Gesetzgeber hat dafür eine Frist von 3 Wochen vorgesehen. Danach ist es kaum noch möglich, erfolgreich gegen eine Kündigung vorzugehen.00

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