Keine Sperre beim Arbeitslosengeld nach Kündigung – Urteil

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Das Sozialgericht Dortmund gab einem Mann Recht, der gegen eine zwölfwöchige Sperrfrist beim Arbeitslosengeld geklagt hatte. Dem Betroffenen war außerordentlich gekündigt worden, da er während der Arbeitszeit Drogen konsumiert und weitergegeben haben sollte.

Das Gericht (Az: S 102 AL 339/21) urteilte, dass dem Kläger keine grobe Fahrlässigkeit unterstellt werden könne, da er aufgrund seiner Suchterkrankung keine Einsicht in die rechtlichen Folgen seines Handelns hätte haben können.

Worum ging es?

Der Betroffene arbeitete seit 1989 als Verwaltungsfachangestellter bei der Stadtverwaltung Siegen. 2020 kündigte ihm die Stadt außerordentlich die Beschäftigung. Er beantragte Arbeitslosengeld. Zudem erhob er Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht.

Sein ehemaliger Arbeitgeber teilte der Agentur für Arbeit mit, der Betroffene hätte während der Arbeitszeit in seinem Büro im Rathaus Drogen verkauft und an einen anderen Beschäftigten weitergegeben. Der Gekündigte bejahte, dass er während der Dienstzeit Amphetamine konsumiert und gegen die Allgemeine Geschäftsanweisung verstoßen habe.

Es sei jedoch für niemand ein Nachteil entstanden, und sein Handeln hätte weder seine Arbeitsleistung noch die Qualität der Arbeit beeinträchtigt.

Darüber hinaus warf er der Stadt vor, sie habe gegen ihre eigene Dienstanweisung zur Betreuung suchtgefährdeter und suchtkranker Mitarbeiter verstoßen. Die Agentur für Arbeit verhängte eine Sperrfrist für Leistungen des Arbeitslosengeldes von zwei Monaten.

Gemeinsamer Konsum

Der Betroffene gab zu, dass er mit immer demselben Kollegen im Dienstgebäude Drogen konsumiert hätte. Er stritt hingegen ab, Drogen an Dritte weitergegeben zu haben. Er hätte nicht realisiert, dass er seinen Arbeitsplatz gefährde, da er suchtkrank sei. Inzwischen wisse er um seine Erkrankung und habe die Diakonie kontaktiert, um sofort eine Therapie zu beginnen.

Von außerordentlich zu ordentlich gekündigt

Vor dem Arbeitsgericht einigten sich Stadt und Ex-Mitarbeiter gütlich, dass die Kündigung nicht fristlos festgelegt wurde, sondern zum Ende Juni 2021 – aus der außerordentlichen Kündigung wurde eine ordentliche Kündigung.

Der Agentur für Arbeit teilte der Betroffene mit, dass die Deutsche Rentenversicherung ihm stationäre medizinische Rehabilitation von 15 Wochen bewilligt habe. Die Stadt rückte allerdings nicht vom Kündigungsgrund ab. Deswegen blieb auch die Sperrzeit erhalten.

Klage des DGB erfolgreich

Der DGB Siegen erhob Klage für den Betroffenen beim Sozialgericht Dortmund. Dieses urteilte, die Arbeitsagentur habe zu Unrecht eine Sperrzeit erlassen. Zwar sei das Verhalten des Betroffenen objektiv vertragswidrig gewesen – was eine Sperrzeit rechtfertige.

Allerdings könne eine Sperrzeit unrechtmäßig sein, wenn der betroffene Arbeitnehmer subjektiv nicht mit der Kündigung rechnen musste.

Dem Kläger könne weder Vorsatz noch grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden (was beides eine Sperrfrist bei Kündigung zur Folge hätte).
Erstens hätte es keine Abmahnung wegen einer drohenden Kündigung aufgrund des Verhaltens des Betroffenen gegeben.

Diese müsse einer verhaltensbedingten Kündigung in der Regel aber vorausgehen. Gründe, warum die Stadt gegen diesen – im vorliegenden Fall zwingenden- Grundsatz verstoßen hatte, seien nicht ersichtlich.

Sucht ist als Krankheit zu beurteilen

Grobe Fahrlässigkeit könne außerdem nicht vorliegen, da der Betroffene so suchtabhängig gewesen sei, dass er keine Einsicht in die Rechtsfolgen seines Handelns gehabt hätte. Laut dem Bundessozialgericht liege keine grobe Fahrlässigkeit vor, wenn eine Sucht bereits als Krankheit zu beurteilen sei.

Dies sei in diesem Fall gegeben. Die würde auch belegt, weil der Betroffene bereits vor dem Verlust des Arbeitsplatzes einen Antrag bei der DRV auf medizinische Rehabilitation gestellt hätte, und dieser bewilligt worden sei.

Er sei also erstens suchtkrank gewesen und hätte sich zweitens aktiv damit auseinandergesetzt. Die Sanktionsentscheidung der Agentur für Arbeit sei aufzuheben.

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