Hartz IV: Das Jobcenter mit Tausenden Verfahren überzogen

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SG Stuttgart: Kläger kann nicht auf Fristeinhaltung pochen

Überzieht ein Hartz-IV-Bezieher das Jobcenter mit Hunderten oder gar über 1.000 Anträgen, Beschwerden und Klagen, darf die Behörde auch mal gesetzliche Fristen für die Entscheidung über einen Widerspruch überschreiten. Die Vielzahl der Verfahren sei ein „zureichend sachlicher Grund”, über den Widerspruch nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten zu entscheiden, so das Sozialgericht Stuttgart in einem kürzlich bekanntgegebenen Urteil vom 15. Mai 2019 (Az.: S 22 AS 3913/18).

Im konkreten Fall hatte der klagende Hartz-IV-Betroffene am 23. April 2018 Widerspruch gegen einen vom Jobcenter abgelehnten Bescheid eingelegt. Als nach über drei Monaten, am 27. Juli 2018, das Jobcenter noch nicht reagiert hatte, erhob der Mann Untätigkeitsklage und verlangte die Entscheidung über seinen Widerspruch.

Jobcenter habe sachliche Gründe

Das Sozialgericht wies die Untätigkeitsklage als unbegründet ab und entschied, dass der Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten habe. Zwar habe das Jobcenter nicht innerhalb der gesetzlichen Frist von drei Monaten über den Widerspruch entschieden. Hierfür habe die Behörde aber einen „zureichenden sachlichen Grund” gehabt.

Denn der Kläger habe es selbst zu verantworten, dass über seinen Widerspruch nicht fristgemäß entschieden wurde. Denn schon vorher habe er das Jobcenter mit einer Vielzahl an Anträgen, Widersprüchen, Klagen, Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, Berufungen und Beschwerden beschäftigt. Zum Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids habe das Jobcenter etwa hundert weitere Widersprüche und etwa 400 anhängige sozialgerichtliche Verfahren des Klägers, seiner drei Kinder und deren Mutter betreut.

Über 1000 Verfahren und Klagen

Allein beim Sozialgericht Stuttgart seien bislang bis Mai 2019 über 1.150 Verfahren des Klägers, noch einmal über tausend Verfahren der Mutter und weitere über 1.000 Verfahren der drei Kinder anhängig gemacht worden. Das Jobcenter sei nicht verpflichtet, seine Verwaltungstätigkeit zulasten der übrigen Leistungsempfänger in erster Linie nach denjenigen Antragstellern auszurichten, die eine Vielzahl von Verfahren betreiben, betonten die Stuttgarter Richter. fle/mwo

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